Mrs. Murphy 19: Mausetot
gehörte auf dem Gebiet der Tiermedizin zu den besten der Nation, hatte sich auf Fortpflanzung spezialisiert und Fair sehr viel beigebracht; seine Zusammenarbeit mit ihr hatte auch seinen eigenen Ruf gefördert. Inez ertrug keine Dummköpfe. Durch ihr auÃergewöhnliches Können hatte sie sich in einem einst ausschlieÃlich Männern vorbehaltenen Metier einen Namen gemacht. Junge Tierärztinnen verehrten Inez als Wegbereiterin. Während ihrer Berufslaufbahn hatte Inez immer wieder gerne jungen vielversprechenden und engagierten Tierärzten geholfen, egal ob männlich oder weiblich, aber sie wusste um die Hindernisse, denen Frauen sich gegenübersahen. Mit ihrer zurückhaltenden und sensiblen Art hatte sie so manchen Zusammenbruch verhindert.
Inez hatte dieses Jahr bei Fair und Harry wohnen wollen, weil sie an der Börse einen Haufen Geld verloren hatte. AuÃerdem verlangte das Alter seinen Tribut. Aber da war Tante Tally ausgerastet, und Inez war bei ihr eingezogen.
Im Wohnzimmer fragte Harry sie, wie es ihr gefiel, mit der superreichen Tally Urquhart zusammenzuwohnen. Inez antwortete: »Ich habe mich dem Luxus auf den Schoà gesetzt und mag nicht mehr aufstehen.«
Auch Franny Howard kam zu Harrys Ãberraschung vorbei. Susan hatte sie angerufen. Harry hatte am Tag nach der Diagnose einen Satz Reifen gekauft, BF Goodrich All-Terrain 10 PR. Sie hatte nichts gesagt, obwohl Franny ihr mit Sicherheit beigestanden hätte. Harry sprach kaum mit anderen über sich. Sie sprach über das Wetter, über Farmarbeit, Bücher, Pferde, Weltereignisse, aber über sich sprach sie nur mit Susan, Coop, BoomBoom und natürlich ihrem Mann.
Die vier Reifen hätten eigentlich 796 Dollar gekostet, aber Franny stand zu ihrem Wort. Sie machte ihr einen Vorzugspreis und überlieà sie ihr um 150 Dollar billiger. An diesem rauhen Abend auf der Farm versorgte Franny Harry mit allen Informationen, die sie brauchte, wenn sie ihrer Selbsthilfegruppe beitreten wollte. Sie erbot sich, sie abzuholen und hinzufahren, falls sie einen schlechten Tag haben sollte.
Harrys Trostmahl hatte sich zu einer lebhaften Party entwickelt. Tante Tally schmetterte alte Musicalmelodien, bei denen Tucker mitsang. Harry vergaà für eine Weile, dass sie am frühen Montagmorgen operiert werden würde.
Jetzt, nach ihrem Spaziergang, hatte sie sich am Sternenhimmel sattgesehen. Trotz des Pullovers spürte sie die kalte Nachtluft. »Gehen wir rein.«
Tomahawk zeigte seine Zähne und schmatzte. »Viel Glück. Wir haben dich lieb.«
Alle Tiere sprachen es nach: »Wir haben dich lieb.«
Als Harry das Gemurmel hörte, wenn auch nicht verstand, und dabei die Schönheit der Nacht in sich aufnahm, kamen ihr die Tränen. Sie wischte sie fort, doch sie kamen immer wieder. »Ich liebe dieses Leben so sehr, und ich liebe euch alle.«
15
A n demselben Freitagabend saà Al Vitebsk an seinem abgeräumten Esszimmertisch. Ihm gegenüber hatte sich Nita vor dem Computer niedergelassen. Al hatte einen linierten Notizblock vor sich. Zwei groÃe Stapel weiÃe Archivboxen standen auf dem Tisch. Die links von Al waren schon gesichtet. Die rechts von ihm würden noch Tage beanspruchen.
Big Al hatte seinen eigenen Rat befolgt und Kopien seiner Dokumente über Pinnacle Records in einem Lagerhaus in Waynesboro untergebracht. Die Originale waren wie so vieles bei Pinnacle vernichtet worden.
Er hatte mit Jojo und seinen Angestellten Stunden in dem Gebäude verbracht, um zu sichten, was überlebt hatte. Wunderbarerweise war vieles von dem Material in den Stahlkammern trotz der starken Hitzeentwicklung intakt geblieben, darunter alte handschriftliche Dokumente. Die auÃerhalb der Stahlkammern in schweren, mit feuerhemmendem Material ausgekleideten Schubkästen gelagerten Disketten waren geschmolzen. Die Schubkästen sahen jetzt aus wie mit einem eigenartigen Wachs gefüllte rechteckige Kerzenhalter. Alle nicht in der Stahlkammer gelagerten Festplatten hatte das gleiche Schicksal ereilt. Die USB-Sticks in den kleineren Fächern waren ebenfalls verbrannt.
Der Mietpreis richtete sich nach dem Platz, den die Unterlagen beanspruchten, und der Art der Lagerung. Die dicken Stahlkammern waren am teuersten. Ein einfacher Aktenschrank war billig, bot aber keinen Schutz vor Feuer oder Ãberschwemmung.
Für jede Art der Lagerung gab es eine entsprechende Verzichtserklärung.
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