Mrs. Murphy 19: Mausetot
auÃergewöhnlich kalte Frühjahr war nass.
So nass, dass sie die Saatmaschine erst vor einer Woche gemietet hatte. Normalerweise säte sie auf ihren Feldern Anfang bis Mitte April aus.
Weil Mutter Natur ihre Geschäftspartnerin war, tat sie, was Mutter gebot. Harry düngte die Felder im Frühjahr mit Kalk. Manchmal nahm sie einen anorganischen Dünger inklusive Unkrautvernichter, doch meistens brachte sie im Herbst Hühnermist oder kommerzielle Düngemittel auf. Als die Ãlpreise in den Himmel kletterten, schnellten die Preise für anorganischen Dünger um neunhundert Prozent nach oben. Das kam nicht in den Nachrichten. Ãber Landwirtschaft brachten sie selten etwas. Frost in den Orangenhainen von Florida mochte in den Nachrichten erwähnt werden, auch eine entsetzliche Dürre im Mittelwesten, aber die bedrückenden Auswirkungen der Ãlpreise auf die kleinen Farmer waren keine Meldung wert. Die Farmer litten schwer, egal, ob ihre Mitbürger von ihrem Leid erfuhren oder nicht.
Eine neunhundertprozentige Preiserhöhung übersteigt das Begriffsvermögen.
Harry hatte zwei Jahre nicht gedüngt. Das Ausbringen von Hühnermist wurde ebenfalls zu teuer: Man verbrauchte Treibstoff dafür.
Das alles betrübte Harry. Sie dachte, dies sei das Schlimmste. Doch dann lachte sie sich aus und sah lieber der Venus zu, die ihren majestätischen Aufstieg begann, ihr Liebeslicht auf alles Lebendige scheinen lieÃ. Sie faszinierte Harry, wie sie die Menschen fasziniert hatte, seit sie den Blick nach oben richteten. Noch eine Stunde, und Harry würde die Sternbilder erkennen können.
»Warum gluckst sie so, wie Menschen es immer machen?« , wunderte sich Pewter. Sie saà auf dem Zaun neben Mrs. Murphy, die neben Harry saÃ.
»Keine Ahnung.« Mrs. Murphy legte ihre Pfote auf Harrys Unterarm.
Tucker, an Harrys Bein gedrängt, war fest entschlossen, ihren geliebten Menschen nicht aus den Augen zu lassen.
»Da will wohl jemand am Kinn gekrault werden.«
»Ich will lieber Thunfisch« , entgegnete Pewter.
»Denkst du auch mal an was anderes als an deinen überdehnten Magen?« , fragte Mrs. Murphy.
»An den Weltfrieden.« Pewter kicherte und holte dabei ganz flach Atem, wie es kichernde Katzen tun.
Tucker jaulte vor Vergnügen.
»Was ist los, Kinder?« Harry kraulte Mrs. Murphy am Kinn.
»Wenn du uns bloà verstehen könntest, dann würdest du auch lachen.« Tucker seufzte. Sie war oft frustriert über die Beschränktheit der Menschen.
»Seht bloà mal«, sagte Harry zu ihnen, »so ein klarer, frischer Abend. Müsste so um die dreizehn Grad sein, es ist halb acht. Gut, dass ich den Pullover anhabe. Ihr seid natürlich für jedes Wetter immer genau richtig angezogen.« Als sie mit der Hand über Mrs. Murphys Rücken strich, verlor diese etliche Haare vom Unterfell.
»Murph, du verlierst zu viele Haare« , murrte Pewter, auf deren schönem grauem Fell ein paar von Murphys Unterfellhaaren gelandet waren.
»Du verlierst genauso viele wie ich.«
»Gar nicht wahr. Keiner verliert so viele wie du. Du bist wie ein Dalmatiner.«
»Pewter, du führst doch wieder was im Schilde.« Tucker stellte sich auf die Hinterbeine, um näher an Pewter heranzukommen.
Harry â obwohl nur auf zwei Beinen â erkannte die Zeichen, wenn Pewter auf böses Mädchen schaltete. Manchmal spottete sie über die anderen. Manchmal fuhr sie aus dem Schlaf hoch, katapultierte sich in die Luft, rannte ums Haus und stürzte sich auf Tucker. Der Hund ertrug endlose Beschimpfungen seitens der Katze, die ihre Vorderpfoten um die Corgidame legte, um sie niederzuringen. Ehrlich gesagt, dem Hund machte es SpaÃ. Tucker knurrte wohl, lieà sich aber fallen, als ob die Katze sie tatsächlich hingeworfen hätte. Manchmal machte Mrs. Murphy mit bei dem Spiel, aber meistens schaute sie zu, weil Pewter bei ihr zuweilen die Krallen ausfuhr, und sei es nur der Wirkung halber. Trotzdem machte es die Tigerkatze wütend.
»Wisst ihr was«, Harry verschränkte die Hände, während Venus nun hell vom immer dunkler werdenden Himmel leuchtete, »ich habe mir solche Sorgen gemacht während der Ãlkrise, die mit dem Ende der schlimmen Dürrejahre zusammenfiel. Das Gras ist mir bei der unablässigen Hitze auf den Feldern verbrannt. Ich dachte, viel schlimmer könnte es nicht
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