Mrs. Murphy 19: Mausetot
kommen.«
»Wir erinnern uns.« Tucker lieà sich wieder fallen.
» Wir erinnern uns, weil du nachts auf und ab gelaufen bist und uns wachgehalten hast.« Pewter weidete sich wie immer an den negativen Einzelheiten.
»Jetzt frage ich mich, ob der Regen meine Trauben sozusagen verwässern wird. Ihr wisst ja, dies ist das zweite Jahr, ich kann sie also ernten und an einen Winzer verkaufen. Menschenskind, ich hoffe, ich verdiene ein bisschen Geld. Ich muss nicht bei Trost gewesen sein, einen Viertelmorgen mit Rebstöcken zu bepflanzen. Das war Schwerstarbeit, und es bleibt noch so viel zu lernen.«
»Sie sehen gut aus« , miaute Mrs. Murphy zuversichtlich.
»Und jetzt auch noch das. Vorher habe ich mich um meine Ernte gesorgt; jetzt sorge ich mich um mich. Ich weiÃ, ich werde leben. Wirklich, ihr drei.«
»Natürlich wirst du leben!« , miauten die zwei Katzen einstimmig.
»Du darfst nicht sterben, Mom. Ich könnte ohne dich nicht leben.« Tuckers sanfte braune Augen blickten sehr traurig.
»Klingt komisch, aber ich glaube, ich werde merken, wennâs ans Sterben geht, und das ist noch nicht jetzt. Doch ich habe solche Angst davor, aufgeschnitten und dann bestrahlt zu werden. Gott, ich will das nicht.«
»Du wirst es tun« , befahl Tucker ihr streng.
»Ich fühle mich von meinem Körper hintergangen, und dann denke ich an Paula Benton. Wie sie tot auf dem Hocker in ihrem Gärtnerschuppen saÃ, mit dem Kopf auf dem Tisch. Sie war ungefähr in meinem Alter. Ich weià nicht, mir geht lauter dummes Zeug durch den Kopf.«
»Das ist natürlich«, murmelte Tucker tröstend.
»Klar ist es das. Ihr geht andauernd dummes Zeug durch den Kopf.« Pewter kicherte wieder.
»Pewter, du nervst heute Abend.« Mrs. Murphy rieb ihre Wangen an Harrys Arm.
»Hey, ich hab sie lieb. Aber sie ist, was sie ist, und die Menschen können nichts dafür. Sie sind eben beschränkt. Und ich glaube, sie wird wirklich merken, wenn sie stirbt. Es ist noch nicht so weit, aber nach allem, was ich höre, wird sie schlappmachen, bevor die Behandlungen zu Ende sind.«
Der Himmel färbte sich preuÃisch blau. Harry drehte sich nach dem Farmhaus um, ihrem Geburtsort. Im Wohnzimmer ging das Licht an. Sie sah den Schein durchs Küchenfenster. Fair machte wohl Feuer, denn die Temperatur würde heute Abend auf sieben Grad sinken.
So ein wunderbarer Mann, dachte sie. Ein richtig guter Kerl. Sie brauchte diese Zeit für sich. Sie konnte am besten nachdenken, wenn sie mit ihren Tieren allein war.
Tomahawk, ihr Vollblutpferd, alt, aber noch in bester Verfassung, hob den schönen Kopf, um einen groÃen Blaureiher zu betrachten, der über ihm flog. »Kommst spät ins Nest, was?«
»Das Fischen war zu gut, um aufzuhören« , rief der groÃe, schöne Vogel mit seiner rauhen Stimme, die so gar nicht zu seinem Körper passen wollte.
Shortro, ein fünfjähriges Reitpferd, das Harry von Renata de Carlo geschenkt bekommen hatte, einer Kundin von Joan Hamilton vom Kalarama-Gestüt, folgte ebenfalls mit den Blicken dem Vogel, der sich mit seiner imponierenden Flügelspannweite tiefer senkte, so dass seine schönen Farben besser zu erkennen waren. » Könnt ihr euch vorstellen, dass ihr fliegt?«
»Irgendwie schon« , erwiderte das ältere Pferd. »Ich glaub nicht, dass jemand unter mir seine Freude dran hätte.«
Shortro brauchte einen Augenblick, bis er kapiert hatte, dann wieherte er los. Die zwei Pferde gingen zu Harry, um sich am Kopf kraulen zu lassen. Mrs. Murphy, die mit allen Pferden auf bestem FuÃe stand, stieg sanft auf Tomahawks Rücken.
Harry betrachtete ihre vierbeinigen Freunde und dachte, was für ein Glück es für sie war, sie zu haben, und ein ebensolches Glück, ihre menschlichen Freunde zu haben.
Vorige Woche hatte sie Susan Bescheid gesagt, sobald sie die Biopsieergebnisse hatte. Am heutigen Abend hatten sich alle guten Freunde und auch ein paar gute Bekannte mit Speisen auf der Farm eingefunden.
Sogar Tante Tally mit ihren hundert Jahren war mit Inez Carpenter, ihrer besten Freundin und ehemaligen Mitstudentin an der William-Woods-Universität, gekommen. Dass Inez, die Tierärztin, erst achtundneunzig war, rieb sie Tally gern unter die Nase.
Inez hatte Fair kurz nach seinem veterinärmedizinischen Examen am Auburn University College bei sich eingestellt. Sie
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