Mrs. Pollifax macht Urlaub
gepreßt. »Verschwinden wir, und
zwar schnell.« Er wandte sich an Josef. »Wir möchten sofort
weiter, Josef. Mrs. Pollifax' Pferd ist mit ihr durchgegangen, und
sie ist noch ganz durcheinander.«
»Selbstverständlich.« Josef blickte sie neugierig an. Sie
gingen zum Wagen, und Mrs. Pollifax hinkte ein wenig von
ihrem Sturz. Sie stieg ins Taxi, mit Farrell neben sich und dem
Rucksack auf ihrem Schoß, und Josef fuhr los. Als sie Petra
hinter sich ließen, tauchte die rostrote Limousine wieder auf,
jetzt mit nur einem Mann darin, und folgte ihnen in größerem
Abstand den ganzen Weg nach Amman zurück.
Es war spät, als Josef sie am Hotel absetzte, und während
Farrell zum Speisesaal ging, eilte Mrs. Pollifax nach oben, um in
eine frische Hose zu schlüpfen und der, die sie in Petra getragen
hatte, den Schmutz von den Knien zu waschen.
Fünfzehn Minuten später betrat sie den Speisesaal und stellte
erstaunt fest, daß Farrell nicht allein war. Mit ihm an Tisch saß
ein Herr im schwarzen Seidenanzug, mit dunklem Haar und
graumeliertem Schnurrbart, der gestikulierend etwas erklärte.
Als sie näher kam, erhob sich Farrell höflich. Der Fremde drehte
sich überrascht um und bedachte Mrs. Pollifax mit einem Blick,
der ihr verriet, daß er auf ihre Gesellschaft lieber verzichten würde. »Meine Reisebegleiterin«, sagte Farrell, ohne jedoch ihren Namen zu nennen. »Noch jemand aus Amerika, den Sie vielleicht kennenlernen möchten, ehe Sie an Ihren Tisch
zurückkehren.«
Ein Wink mit dem Zaunpfahl, dachte Mrs. Pollifax. Sie fragte
sich, wie lange der Mann wohl schon hier saß, und nahm auf
dem dritten Stuhl Platz. Wie Farrells voller Teller verriet
gefüllte Weinblätter, Brathähnc hen, Auberginen -, hatte er sich
bereits am Büfett bedient. »Das ist Mr....«
»Namen sind so unwichtig.« Der Fremde lächelte.
»Er hat mir eine Einführung in islamische Literatur gegeben«,
sagte Farrell.
»Wie freundlich von Ihnen«, meinte Mrs. Pollifax.
Der Herr nickte. »Ja, Romane sind für uns Araber etwas
verhältnismäßig Neues, aber wir haben bereits einige sehr gute
Schriftsteller. Die Autorinnen...«, er zuckte die Schultern, »...
neigen zu Tragödien und jammern über Unterdrückung, aber wir
haben auch wirklich gute Autoren, die Islamische Staatsführung,
Politik und Ideologie vertreten, wie beispielsweise in
Ägypten...« Er nannte zwei Schriftsteller.
»Und das Moderne ablehnen.« Farrell nickte ernst.
»Und jeden westlichen Einfluß ablehnen«, berichtigte er.
»Ganz im Gegensatz zu den altmodischen Autoren, die von
europäischen Anschauungen geprägt sind, wie vielleicht kennen
Sie ja die Werke von Dib Assen?«
Mrs. Pollifax hielt das für einen etwas eigenartigen Zufall und
bedachte Farrell mit einem unauffälligen Blick. Farrell
wiederholte diesen Namen nachdenklich. »Möglicherweise habe
ich etwas von ihm auf englisch gelesen. Irgendwie kommt mir
der Name bekannt vor. Er ist Iraker, nicht wahr?« Er wandte
sich an Mrs. Pollifax: »Sie waren ja noch gar nicht am Büfett!«
Er stand auf und fügte hinzu: »Ich begleite Sie. Ich möchte mir
noch eine Nachspeise aussuchen.« Dann sagte er zu dem Fremden: »Es war nett, mit Ihnen zu plaudern. Ich wünsche
Ihnen einen angenehmen Abend.«
Damit war der Herr in Schwarz verabschiedet. Er wirkte für
einen Moment verärgert, dann lächelte er charmant und erhob
sich. »Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit. Sind Sie
miteinander verwandt?«
»Cousins«, antwortete Mrs. Pollifax prompt. Während sie mit
Farrell zum Büfett ging, fragte sie: »Wo ist der denn
hergekommen? Ich fand es interessant, daß er Dib Assen
erwähnte.«
»Zu interessant«, entgegnete Farrell. »Er beobachtet uns
übrigens. Er hat zwei Begleiter, aber ich kann nicht erkennen, ob
auch sie zu uns hersehen. - Nehmen Sie doch von den gefüllten
Weinblättern, die sind gut.« Er sah beunruhigt aus. Sie stellte
sich hastig ihre Vorspeisen zusammen, während er sich ein
Stück Torte nahm, und sie kehrten an ihren Tisch in der Ecke
zurück. Farrell zwang sich für ihre Beobachter zu einem
Lächeln, aber seine Stimme klang grimmig. »Er kam einfach an
meinen Tisch und fragte sehr freundlich, ob ich Amerikaner sei
und ob es mir hier gefiele, und setzte sich. Es gelang ihm auch,
mich taktvoll - oder vielmehr raffiniert - zu fragen, was mich
hierher führte. Aber seine Augen lächelten nicht mit.« »Ihre jetzt auch nicht«, stellte sie fest.
»Kein Wunder. Er sagte, er hoffe, ich habe einen fähigen
Führer, der
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