Mrs. Pollifax macht Urlaub
mit fliegenden Fahnen auf ihren Streitrossen. Er ist gut, wirklich gut, dachte Mrs. Pollifax. Seine Strichführung war fließend und spontan, als er das Mittelalter mit Feder und Tinte wieder zum Leben erweckte. Sie hatte bereits die Hoffnung geäußert, Farrell möge eine der Skizzen signieren und ihr gestatten, sie ihm für Cyrus abzukaufen, der zweifellos davon fasziniert sein würde. Während der Fahrt fragte sie Farrell leise: »Zu welchem Ergebnis sind Sie bei dem Mann im schwarzen Seidenanzug von gestern abend gekommen?«
»Eigentlich zu keinem«, gestand Farrell. »Er wirkte irgendwie herablassend, als wäre er ein hohes Tier, ein Regierungsbeamter beispielsweise.«
»Wie kann irgend jemand etwas über Sie wissen?«
Er seufzte. »Nur aus Dib Assens Akten und den Papieren und Briefen in seinem Haus in Bagdad. Oder man hat irgendwie erfahren, daß Dib Assen einen Freund namens John Sebastian Farrell hatte. An andere Möglichkeiten möchte ich lieber gar nicht denken.«
Sie nickte. »Durch Folterung, meinen Sie. Aber in diesem Fall wäre der Mann im schwarzen Seidenanzug...«, sie warf einen raschen Blick auf Josef vor ihnen, »... kein Jordanier, sondern aus einem anderen Land.« Er nickte.
»Und plötzlich erfahren sie, daß ein John Sebastian Farrell in
Amman angekommen ist.« Nachdenklich fuhr sie fort: »Es könnte sogar sein, daß diese Leute mehr über Sie wissen als über Ibrahim. - Folgt man uns?«
Er drehte sich um und schaute zurück. »Ja.«
»Sicher nicht der Mann mit dem schwarzen Seidenanzug. Nicht nach dem gestrigen Angriff wegen meines Rucksacks, und nach dem durchsuchten Zimmer.«
Farrell grinste. »Sie meinen Ihren Freund Mr. Nayef.« »Ja, mit seinen guten Ratschlägen, was ich mir in Jordanien
unbedingt ansehen muß, und seiner Andenkenfirma in Amsterdam«, erwiderte sie erbittert. »Wir sollten sichergehen, daß sie uns heute nachmittag zur Polizeiwache in Amman folgen, damit dieser Unsinn endlich aufhört.«
Während der restlichen Fahrt schwiegen sie. Jeder hing seinen Gedanken nach und hoffte inbrünstig, daß Ibrahim bei diesem dritten Besuch der Burg dasein würde. Der einzige Unterschied zu den beiden vorherigen Fahrten nach Karak war eine lange Unterbrechung durch eine Schafherde von mehreren Dutzend Tieren, die den Highway überquerten, während sie ein Schäfer in einem langen, grauen Gewand vom Rücken seines Esels überwachte. Die rostrote Limousine hielt ebenfalls an, doch in sicherer Entfernung, und verschwand, als sie Karak erreichten; zweifellos würde sie auf ihre Rückkehr warten, um ihnen weiter zu folgen.
Eine elegante schwarze Limousine stand auf dem Festungsparkplatz, und ein Reisebus war soeben angekommen, aus dem gerade paarweise die Touristen quollen. »Wir gehen ihnen lieber aus dem Weg«, meinte Josef, nach einem langen, neidvollen Blick auf den Bus. »Der Fremdenführer wird sie jeden Raum ansehen lassen und überall alles erklären und...«
Farrell, dessen ganze Aufmerksamkeit dem eleganten schwarzen Wagen neben dem Bus galt, unterbrach ihn. »Ein großartiges Auto, dieser Volvo! Es ist auch noch jemand anderes hier. Sehen wir uns doch mal um.« Sie traten in die Düsternis der Stallungen und folgten Josef, der mit einer starken Stablampe leuchtete, die schmale steile Treppe hinauf. Mrs. Pollifax hatte ihre kleine Taschenlampe ebenfalls angeknipst. Aufgewirbelter Staub brachte sie zum Niesen, und sie war froh, vor ihnen Tageslicht zu sehen.
»Hier ist eine Abkürzung«, erklärte Josef, als sie auf eine lange Galerie an der Felswand kamen.
»Endlich frische Luft!«
»Ja. Wir gehen jetzt an diesen Räumen vorbei zu einer ziemlich versteckten Treppe und auf ihr hinauf zu Ihrem bevorzugten Zeichenp latz, Mr. Farrell.«
»Sehr schön!« dankte Farrell. »Aber verraten Sie mir doch bitte, wie Saladin 1189 die Festung eroberte? Durch Belagerung?«
Mrs. Pollifax lächelte heimlich. Farrells Interesse für die Burg war gewachsen, während ihres, nach zwei langen Vormittagen hier, angefangen hatte abzunehmen. Sie ging ohne die beiden weiter und blieb stehen, um in eine der Kammern hineinzuspähen, die nur ein bißchen Licht durch einen Schlitz in der Felswand bekam und deren Boden aus gestampfter Erde völlig kahl war. Und wieder fragte sie sich, wer sich in einem so gruftähnlichen Raum zu Hause gefühlt haben könnte. Ohne einzutreten wandelte sie weiter auf die letzte Felskammer zu. Die Aussicht von der Brüstung aus beeindruckte sie so sehr, daß
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