Mrs. Pollifax macht Urlaub
Ausweis, und sie bat ihn herein. Er setzte sich in den weichen Sessel beim Fenster und sie sich auf ihr Bett.
»Ich bin sehr froh, daß Sie gekommen sind - da ist etwas, das wir eigentlich zur Polizei bringen wollten. Aber ich nehme an, daß Sie zuerst mehr über den Mann in der Festung Karak erfahren möchten? Es ist nur so, daß mir nicht die geringste Kleinigkeit einfällt, die wir in unseren Protokollen vergessen haben könnten.«
»Nein?« fragte er glatt. »Uns ist jedoch etwas zu Ohren gekommen, das unser Interesse geweckt hat. An Ihnen«, fuhr er mit einem charmanten Lächeln fort.
»An mir?«
Er nickte und sagte höflich: »Sie haben die Leiche entdeckt, das wissen wir natürlich, und daß Sie und Ihr Begleiter, ebenso wie Ihr Fremdenführer, zunächst auf der Festung Karak von der Polizei befragt wurden. Aber...«
»Ja?« Mrs. Pollifax blickte ihn fragend an.
»Nachdem Sie gegangen waren, wurde auch die Reisegruppe befragt, und so erfuhren wir, daß Sie alle drei sich bereits am vergangenen Vormittag in der Festung aufgehalten hatten.« Als er ihr unwillkürliches Blinzeln bemerkte, fügte er fast entschuldigend hinzu: »Der Reiseleiter... Es wird Ihnen vermutlich nicht aufgefallen sein, daß er Sie an beiden Vormittagen gesehen hat, während er mit zwei verschiedenen Touristengruppen die Führung machte.«
Er hatte sie überrumpelt und wußte es. Er ist wirklich ein sehr guter Schauspieler mit ausgezeichnetem Timing, dachte sie.
»Natürlich«, fuhr er fort, »erscheint dies unter solchen Umständen - der Ermordung eines Mannes aus einer unserer ausländischen Botschaften - als eigenartiger Zufall.«
Und wie eigenartig, dachte sie, und sofort wurde ihr klar, daß es an ihr war, Farrell und den Grund seiner Anwesenheit ebenso zu schützen, wie den Unbekannten, der vom Tatort geflohen war und bei dem es sich möglicherweise um Ibrahim handelte. Sie sagte: »Wir waren dort, weil wir es leid waren, daß man uns folgte, und da Mr. Farrell Künstler ist...«
»Ihnen folgte?«
»Ja, und mein Zimmer wurde durchsucht.« Mit Bedacht erzählte sie ihre Geschichte und sah dabei unverwandt in Inspektor Jafers Gesicht. »Ich hätte eher zur Polizei gehen sollen, gleich nachdem mein Zimmer durchsucht worden war, aber ich verstand nicht, was da eigentlich vor sich ging und weshalb man uns auf Schritt und Tritt folgte, bis ich mich an den Mann erinnerte, der auf dem Flug von New York neben mir gesessen hatte.«
Inspektor Jafer seufzte, sagte jedoch höflich: »Der Mann im Flugzeug«, und dann mit leichtem Spott: »Es war ein Mann im Flugzeug?« Sie konnte ihm seine Skepsis nicht verübeln.
Da es ihr selbst passiert war, wußte sie, daß es stimmte, doch wenn sie sich so erzählen hörte, war ihr auch klar, daß diese Geschichte wie das Drehbuch eines schlechten Films wirken mußte. »Ich glaube«, sagte sie möglichst würdevoll, »es ist an der Zeit, Ihnen zu übergeben, was in meiner Reisetasche versteckt wurde, während ich mir im Waschraum die Zähne putzte.«
»Drogen vielleicht?«
»Ich habe es der Sicherheit halber in meinem Geldgürtel verstaut. Würden Sie mich bitte einen Moment entschuldigen? Und es sind keine Drogen.« Sie trat ins Badezimmer, wo sie den Geldgürtel unter ihrem Kleid abnahm. Sie brachte ihn ins Zimmer, öffnete den Reißverschluß und holte den in Seidenpapier gewickelten Schlüssel heraus. Sie reichte ihm beides. »Da waren dieser Schlüssel und die auf dieses Seidenpapier geschriebenen arabischen Worte. Vielleicht könnten Sie mir sagen, was sie bedeuten?«
Behutsam legte er den Schlüssel auf die Armlehne des Sessels, warf einen Blick auf die Zeichnung und steckte beides ein. »Woher haben Sie das?« fragte er.
»Das sagte ich Ihnen doch. Es muß ganz unten in meine Reisetasche geschmuggelt worden sein, während ich nicht auf meinem Platz war. Von dem Mann, der neben mir saß.«
»Woher wollen Sie wissen, daß der Mann neben Ihnen es getan hat?« Geduldig antwortete sie: »Weil ich am Gang saß und sonst niemand neben mir war. Außerdem zeigte er mir, während wir uns unterhielten, diese Schnitzerei, in deren Sockel wir den Schlüssel fanden, und es war auch die Schnitzerei...«
»Welche Schnitzerei?«
»Im Augenblick ist sie unter einem Kopfkissen in Mr. Farrells Zimmer versteckt. Eine Abbildung des Urnengrabs von Petra, auf dickem Sperrholz montiert. Und der Schlüssel war in einer Mulde im Sperrholz.«
»Ich möchte diese Schnitzerei gern sehen. Aber Sie sagten, daß Sie und
Weitere Kostenlose Bücher