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Mrs. Pollifax macht Urlaub

Mrs. Pollifax macht Urlaub

Titel: Mrs. Pollifax macht Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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na'am?«
    Versonnen murmelte Mrs. Pollifax: »Aber wer immer auch die Entführer sind, sie müssen die Wüste sehr gut kennen!«
»Ganz bestimmt keine Bedu!« sagte Qasim brüsk.
»Nein«, bestätigte Mrs. Pollifax sanft.
    Hanan hinter ihnen zischelte: »Halt! Horcht!«
Mrs. Pollifax wußte nicht, wie man ein Kamel anhält, da langte Qasim zu ihr hinüber und tat es für sie. Lauschend warteten sie.
»Ein Flugzeug!« stellte Hanan fest.
Qasim nickte. In der klaren, nächtlichen Wüstenluft war das schwache Dröhnen eines Flugzeugs in der Ferne zu vernehmen, und auch seine Lichter konnten sie sehen, bis es nach Norden abdrehte und verschwand.
»Das verstehe ich nicht«, murmelte Hanan. »Gleich zwei an einem Tag?«
»Zumindest haben sie uns nicht gesehen«, sagte Mrs. Pollifax.
»Nein.«
Sie setzten ihren gleichmäßigen Trott jetzt nebeneinander fort. Der Himmel über ihnen war wie ein schwerer blauer Gobelin mit eingewirkten Sternen. Eine passende Beschreibung, fand Mrs. Pollifax, für ein Firmament, das Herrscher des Altertums unter sich gesehen hatte, Krieger, Nomaden, Forscher und Abenteurer. Nachdem das Flugzeug sich entfernt hatte, hüllte die Stille sie wieder ein wie eine Decke. Mrs. Pollifax wurde bewußte, daß die Nacht die Wüste verwandelte. Es gab keine Einzelheiten, nur die Erde und den Himmel, zwischen denen sie ritten, so winzig und unbedeutend in diesem Maßstab, und so wunderbar. »Ist es noch sehr weit?« erkundigte sie sich. Hanan hatte sich im Sattel umgedreht, um zurückzublicken.
»Was ist los? Hast du etwas verloren?«
Hanan schüttelte den Kopf. »Es war nichts«, antwortete sie, aber Qasim sah sie neugierig an. Zu Mrs. Pollifax sagte er: »Wir wenden uns jetzt nordwärts zum Wadi Ghaduf, das ist nicht weit. Wäre schon Sonnenaufgang, könnte man das Schloß bereits von hier aus sehen. Aber wir dürfen uns ihm nicht geradewegs nähern. Das Wadi hat steile Wände, die uns verbergen werden.«
Wieder hatte sich Hanan umgedreht, um zurückzub licken.
»Was ist los, Hanan?« fragte Qasim jetzt scharf.
»Nichts, wirklich«, sagte sie, doch sie klang beunruhigt.
»Denkst du, wir werden verfolgt?«
»Ich weiß es nicht, Qasim. Es ist nur ein Gefühl, ein seltsames Gefühl in meinem 'alb meinem Herzen«, fügte sie höflich für Mrs. Pollifax hinzu.
»Wir werden schneller reiten«, bestimmte Qasim. »Wir müssen das Wadi erreichen.« Die raschere Gangart rüttelte Mrs. Pollifax so durch, daß sie wach blieb, aber trotzdem wurde sie müde; sie hatte schließlich, von den paar Minuten abgesehen, bevor Hanan sie aufgeweckt hatte, diese Nacht nicht geschlafen. Sie fragte sich, wie es Farrell jetzt erging... Und sie fragte sich, ob sie vor Ende dieser Nacht mit leeren Händen zum Lager zurückkehren würden... Inzwischen fühlte sie sich wie an das Kamel geschweißt; es wurde zusehends unbequemer, und das rhythmische Schaukeln machte sie schläfrig. Sie gähnte immer öfter. Abrupt hielt Qasim an. »Wir sind da. Deer balak! Seien Sie vorsichtig!« Er saß ab und führte Mrs. Pollifax' Kamel einen steilen Abhang hinunter. In eine Grube, wie ihr schien, die jedoch in Wahrheit ein ziemlich tiefes und breites, trockenliegendes Flußbett mit grasbewachsenen Wänden war.
Sobald alle drei Kamele sich im Wadi befanden, schnallte Qasim seine Satteltaschen ab. Er holte quadratische Tücher heraus und mehrere Stücke Schnur. Endlich konnte nun auch Mrs. Pollifax etwas beitragen: ihre kleine Taschenlampe. Sie schirmten ihren Schein ab und umwickelten die Füße der Kamele, aber erst, nachdem Qasim ihre Mäuler mit Stoffstreifen zugebunden hatte, damit sie nicht protestierend röhren, la ut rülpsen oder schreien konnten. Danach saßen sie wieder auf und kletterten langsam den Hang nach oben. Mrs. Pollifax rutschte im Sattel vor und zurück, während sie sich dem Plateau voraus näherten.
Plötzlich blieb Qasim stehen, und fast wären sie gegen ihn geprallt. »Intabeh sehen Sie!« Er deutete. »KnTk!« Die Umrisse eines mächtigen Bauwerks erhoben sich vor ihnen, gewaltig und dunkler als der Nachthimmel. Das hohe Dach war gewölbt, das Gemäuer durchbrochen, so daß man die Sterne zu sehen vermochte; doch das gelbe Licht, das aus dem Inneren schien, kam nicht von einem Stern, sondern von einer Laterne. Hier war jemand.
Beduinen, die ihr Nachtlager aufgeschlagen haben? fragte sich Mrs. Pollifax. Oder Farrell? »Was jetzt?« flüsterte sie.
»Wir binden unsere Kamele hier an«, antwortete Qasim leise.
Hanan wisperte.

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