Mueller hoch Drei
ungefährlich. Jetzt musst du bloß noch testen, ob du in seiner Begleitung auch den Rest vom Leben ausstehen kannst.«
»Uns zum Beispiel«, sagte Paula.
Pauline warf ihr einen bösen Blick zu. »Wenn du mich fragst«, sagte sie schnell, »ich habe da keinerlei Zweifel. Du brauchst nur so einen wie ihn, der immer bei dir ist.«
Jaja, dachte ich. Und um so einen Rettungshund zu bekommen, brauchst du nur uns drei als deine Kinder aufzunehmen. Wir wollen auch immer brav sein und regelmäßig das Geschirr in die Spülmaschine räumen. Aber das sagte ich natürlich nicht, worauf ein kräftiges Schweigen im Gedächtniscafé ausbrach. Mir war, als hätten alle Anwesenden meine Gedanken gehört. Vermutlich wurde ich mal wieder rot.
Tante Elke beendete das Schweigen. »Vielleicht stellt ihr mir mal eure Begleitung vor.« Wir taten es, und die beiden gaben sich die Hand.
»Der ist übrigens nett«, sagte Paula. »Und der hilft im Haushalt.«
Pauline knuffte sie, aber diesmal war Paula nicht still zu kriegen. »Außerdem versteht er was von Tieren. Und von Bauernhöfen auch. Er könnte dein Assistent sein. Oder irgendetwas sonst. Im Prinzip kann er alles.«
»Paula!«, sagte Pauline. »Was haben wir besprochen!«
»Ach, lass doch.« Paula baute sich vor Tante Elke auf. »Man kann es doch wenigstens mal sagen. Schau her!« Und sie zählte es an den Fingern auf: »Wir drei suchen zwei Erziehungsberechtigte. Am besten Mann und Frau. Du brauchst eine neue Bleibe und einen Rettungshund. Und Hochschmidt«, sie fuchtelte mit den Armen in der Luft, »na ja, der ist ein Mann. Ich weiß nicht, was Männer brauchen. Jedenfalls ist er im richtigen Alter. Für dich, meine ich. Und er könnte einen Rettungshund für dich ausbilden. Den besten, den du kriegen kannst.«
»Ach, Paula«, sagte Pauline.
Ich sagte gar nichts. Ich drückte bloß die Daumen.
»Und das ist noch nicht alles.« Paula war nicht zu stoppen. »Dir haben sie gekündigt, und Paul hat ein riesiges Haus. Die Nachbarschaft ist ein bisschen speziell, aber sonst ist es in Ordnung. Wir könnten da alle wohnen und sehr, sehr glücklich sein.« Sie machte eine Pause. »Es ist ja nur für genau vier Jahre.«
»Richtig«, sagte Tante Elke. »Stimmt ja. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«
Wir nickten ein Dankeschön.
»Ich muss mich für meine jüngere Schwester entschuldigen«, sagte Pauline. »Es ist ungehörig, jemand solche Anträge zu machen. Außerdem grenzt es an Erpressung. Selbstverständlich verlangen wir nichts von dir. – Andererseits.« Sie zog eine kleine Schnute und atmete einmal tief ein und aus, was wie ein Seufzen klang. »Andererseits bist du unsere einzige anwesende Verwandte. Und Hochschmidt ist der einzige Mensch, der sich um uns gekümmert hat. Wir verlangen ja nicht, dass ihr euch liebt.«
»Nein«, sagte Paula. »Von Liebe ist keine Rede. Ihr kriegt natürlich getrennte Schlafzimmer. Ihr müsst nur tun, was Eltern so machen.« Sie zählte es auf. »Zeugnisse unterschreiben. Uns dazu bringen, unsere Zimmer aufzuräumen. Taschengeld sperren, wenn wir nicht fleißig waren. In der Schule anrufen, wenn wir die Grippe haben.«
»Auf korrektes Benehmen achten«, sagte Pauline. »Unsere Freunde blöd finden und uns am Wochenende ausschlafen lassen.«
»Von Liebe ist da wirklich keine Rede. Es muss nur irgendwie klappen.«
Ich sah Tante Elke an, die ihrerseits auf den Boden guckte. Würde jetzt vielleicht geschehen, was man für gewöhnlich »eine märchenhafte Wendung des Geschehens« nennt? Ich drückte diesem Märchen jedenfalls immer noch die Daumen. Und als es im Café leise zu klingeln begann, dachte ich einen Moment lang, dass vielleicht eine Fee hereingekommen sei, um Tante Elke mit ihrem Zauberstab zu berühren, damit sie unsere verrückten und unmöglichen Vorschläge in Bausch und Bogen akzeptierte, uns drei adoptierte und Hochschmidt um den Hals fiele.
Es war aber keine Fee, die eintrat, sondern ein kleiner Mann im gut sitzenden grauen Anzug mit auffallend dunkler Haut und leuchtend schwarzen Augen.
»Verzeihung«, sagte der Mann sehr höflich. »Ich möchte nicht stören.«
»Dann lass es doch!«, sagte Paula und drehte ihm den Rücken zu.
»Vielleicht gestatten Sie, dass ich mich vorstelle. Ich heiße Rabindranath Dasgupta.«
»Oder Guppy«, murmelte Paula.
»Ich habe leider ein schweres Problem«, sagte Dasgupta. »Ich möchte Sie nicht langweilen oder Ihre Zeit stehlen, aber es ist wirklich dringend. Seit mehreren
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