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Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Spinnen
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Sweatshirts für meine Schwestern und überhaupt den ganzen Kram, den vierzehnjährige Mädchen so brauchen. In Brunos Lieferwagen fuhren wir das Zeug zu uns nach Hause, wo Tante Elke es portionsweise zuerst in die Waschmaschine und dann in den Trockner steckte. Bruno war derweil unterwegs, um an Tankstellen neue Verpflegung für uns zu kaufen. Er schleppte eine Menge Tüten und Flaschen und Dosen ins Haus. Immerhin waren wir fünf plus Hund, und niemand von uns hatte bislang gefrühstückt.
    Es wurde sogar ein sehr schöner Geburtstag. Lange saßen wir in unserer Küche. Tante Elke beschwerte sich über die ungesunden Sachen aus den Tüten und Dosen und aß dann selbst so viel davon, als gäbe es demnächst eine schwere Lebensmittelknappheit. Wir stießen mit Limonade an und sagten alle Du zueinander.
    Anschließend wechselten wir auf unsere Terrasse. Das Stammpersonal dort bestand aus Bruno, Pablo und mir, während meine Schwestern in unregelmäßigen Abständen aus dem Haus kamen und vorzeigten, wie die frisch gewaschenen Flohmarktsachen an ihnen aussahen. Manches musste Tante Elke ändern, dann steckte sie mit Nadeln ab, wo sie was zu nähen hatte. Dabei pikste sie jedes Mal in eine empfindliche Stelle, worüber sich alle nicht Beteiligten köstlich amüsierten.
    Ein toller Geburtstag. Bruno mähte unseren Rasen und füllte das Loch auf, in dem die Kassette gesteckt hatte. Ich brachte Pablo bei, immer ein kleines Gefäß mit Bohnerwachs in der Nähe von Tante Elke abzustellen, und er tat so, als hätte es meiner Hilfe bedurft, um das zu lernen. Endlich waren die Mädchen mit ihrer Modenschau fertig. Wir guckten einen mäßig spannenden Film im Fernsehen, wozu es Nüsse und Chips und überhaupt den ganzen Kram gab, den vor Einbruch der Dunkelheit in sich hineinzustopfen eigentlich verboten ist. Weil nach dem mäßig spannenden Film das Zeug noch nicht zu Ende war, guckten wir einen weiteren mäßig spannenden Film.
    Ein fantastischer Geburtstag. Abends saßen wir dann wieder alle zusammen auf der Terrasse, die Mädchen rechts und links von Tante Elke in der Hollywoodschaukel, Bruno, Pablo und ich auf Klappstühlen. Vor uns auf dem Tisch standen die Lateindompteuse und ihre dreizehn besten Freundinnen aus der Sammlung unseres Vaters und hielten je eine kleine Kerze in den ausgestreckten Händen. Wir pusteten sie aber nicht aus, schon mit Rücksicht auf die Kleider der Damen, sondern sahen ihnen bloß beim Herunterbrennen zu.
    Mit einem Wort: Es wäre der schönste Geburtstag meines Lebens geworden, wenn sich Bruno oder Tante Elke bloß zu meiner, das heißt: zu unserer Zukunft geäußert hätten. Das aber taten sie mit keinem Wort.
    Längst war es dunkel geworden. Und nichts Besonderes geschah. Ich stellte mir vor, der Hund würde sich wieder in Nachbars Gartenfalle verirren und wir könnten ihn mit vereinten Kräften vor dem sicheren Elektrotod retten. Denn dann würden sich vielleicht die Beteiligten anschließend in die Arme fallen – natürlich jeder in die richtigen – und einander ewige Treue geloben. Aber leider saßen wir nur in einer Hollywoodschaukel und nicht in einem Hollywoodfilm. Wir saßen vielmehr am Stadtrand von Neustadt, und hier, in der Wirklichkeit, sind schmalzige, Pardon, romantische Lösungen von Familienkonflikten nun einmal nicht an der Tagesordnung.
    Stattdessen redeten wir über dies und das. Über Hunde und Mähdrescher, über Eltern und Artisten, über die Ostsee und die Berge und über Scheidungen, Trennungen, unglückliche Beziehungen und darüber, dass geteiltes Leid nur halbes Leid ist, geteilte Freude aber doppelte Freude.
    »Verdreifachte!«, sagte Paula und gähnte.
    Und weil wir wirklich viel erlebt hatten und weil es nach zwölf und unser Geburtstag vorbei und morgen, wie man so schön sagt, auch noch ein Tag war, schickte uns Tante Elke zu Bett, wobei Bruno sie still, aber entschieden unterstützte. Wir sagten einander Gute Nacht. Pauline meinte noch, dass sie Paula und mich weniger unerträglich finde als die meisten anderen Menschen, Paula nannte Pauline eine altkluge fischköpfige Gewitterziege, und als ich vermitteln wollte, trieben mich die zwei heulend und johlend in mein Zimmer. Ich staubte dann noch meine Glaselefanten ab, tat, was man vor dem Zubettgehen so tut, und ging zu Bett. Kaum hatte ich mir die Decke bis zum Kinn gezogen, schlief ich ein.
    Vielleicht eine Stunde später weckte mich ein Kratzen an der Tür. Ich hielt es schon für einen Streich

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