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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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man so wild in der Gegend herumrennt, ohne sich einmal auszuruhen in einer längeren Pause.« Vor allem nach einem Erlebnis, wie es dem Müller widerfahren ist. Divergierende Standpunkte, die Müller auch zu schaffen machen, zumal auch Therapeut Borowski, der es ja wissen muss, zu mehr Ruhe rät. Bei jeder Behandlungssitzung beschwört ihn der, die Krankzeit zur Arbeit an sich selbst und zur Ruhe einzusetzen, auf keinen Fall zu arbeiten, konsequent einen Bogen um das Grosse Polizeihaus zu machen, bis er psychisch stabiler wäre. Der Müller zwar gerichtlich definitiv und rechtskräftig entlastet, aber knapst seit dem Mai an seinem Trauma herum, ein Vierteljahr schon.
    Sofort nach dem Vorfall Untersuchung von Amtes wegen. Und der Müller auch sogleich zu seinem Chef, Peter Wunderli, Dienstwaffe hingelegt und plastifizierten Polizeiausweis (gab ihm Wunderli sofort zurück) und gesagt, also sinngemäss: Ergebnis der Untersuchung abwarten und krankschreiben, bitte, und mit psychologischer Hilfe einverstanden. Er weiss, so etwas darfst du nicht unterschätzen, denn irgendwann sind es nicht mehr nur Träume, sondern wird zur Psychose. Manche werden schiesswütig und taktaktak taktaktak gegen die anderen oder suizidal BUMM , springen vom Balkon und beschwören weiteres Unglück herauf.
    Und Bucher Manfred die ganze Zeit seit Mai auf dem Laufenden, was in Müller drin passiert, wie schlecht er schläft, wie er träumt. Weil Freund.
    Und aufgrund sofortiger Blitzinformiertheit von Manfred zusätzlich der Müllerverdacht: Auf der Polizeiwache ist sein Fall immer noch Korridorgespräch. Das ist dem Müller unangenehm. Er steht nicht gerne im Scheinwerferlicht. Zumindest nicht so. Am liebsten hat er es, wenn man ihm nach einem abgeschlossenen Fall anerkennend auf die Schulter klopft, am besten ohne Worte. Aber was jetzt ist, ist ihm zu persönlich, kommt zu nah an ihn heran. Er kennt die mitfühlenden Blicke der Kollegen und will sie nicht bis zu seiner Pensionierung ertragen müssen, zwanzig Jahre lang. Er will nicht zwei Jahrzehnte lang der mit dem Knacks sein. Der, den man wie ein rohes Ei behandeln muss, damit er nicht ausrastet oder versteinert.
    Das geht ihm durch den Kopf, und er fragt in den Hörer hinein: »Wie schätzt du denn den Chef ein? Was hat er mit mir vor?«
    »Er will dich wieder im Dienst haben. Dass du ganz normal einrückst, wenn du auf dem Dienstplan stehst. Dass du wieder normal funktionierst. Er ist eben ein Chef.« Sagt Bucher Manfred sachlich. Und, weil er den Müller neunzehn Jahre kennt, sagt er noch dazu: »Die Kollegen fühlen mit dir. Sie halten dich nicht für ein Weichei. Vielen ist schon mal etwas aus dem Ruder gelaufen.«
    »Aber sie haben niemanden erschossen«, sagt der Müller.
    Manfred atmet aus und ein und sagt nur: »Ja.«
    Gleich verabreden sie sich zum Essen, aber die Kalorienbomben sind Vergangenheit. Also nicht in eines ihrer traditionellen Restaurants. Nein, leicht und mit viel Gemüse muss es sein. Vielleicht kommt so wieder etwas Ordnung in sein Leben. Mit seinem Freund Manfred essen gehen. Und wie um diesen Vorsatz fett zu drucken, schaut er auf die Uhr: Neunzehn Uhr zweiundfünfzig. Dann aber schnell die dunkelbraunen Haare glatt streichen, die 182   Zentimeter Müllergrösse aus dem eklig warmen Sessel schälen, den Schweiss abwaschen aus dem Gesicht und dann sofort los.
    Und im Restaurant im Kreis 4, zwar etwas überteuert, aber schon etwas Besonderes. Ist libanesisch mit oben und unten dünnem rotem Streifen, in der Mitte breitem weissem und darauf grün die mächtige Zeder. Das ist den etwas höheren Preis schon wert und die am späteren Abend drohende Bauchtanzeinlage, um wieder einmal mit Manfred zusammen zu sein. Als Deko Wasserpfeifen und Fotos von römischen Ruinen, eine Säule neben der andern, Berge, das Schloss von dort, wo jeweils das Musikfestival stattfindet, sein Name fällt mir gerade nicht ein, karge Felsformationen, fast wie in einem Geografiekurs, die Strasse am Mittelmeer in Beirut. Aber die Hauptsache, muss man bei libanesisch schon sagen, ist die Küche. Da kommen Sachen heraus, das glaubst du nicht: Mezze zum Beispiel. Sind viele kleine Schälchen mit Leckereien drin: gefüllte Weinblätter, Oliven, Hummus … und gewürzt mit Kräutern, die kennst du nicht und Château Kefraya, roter Wein. Gut, kleine Kaloriensünde für Bucher Manfred, darf ja mal sein, muss, weil man ist doch nur ein Mensch. Phantastisch, findet der Müller, sonst von Haus aus

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