Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
Vom Netzwerk:
deshalb hat mich der Chef für diesen Fall dir zugeteilt.«
    Und der Müller schaut Manfred an und Bucher den Benedikt.
    Und dann lachen sie, dass es fast bis Albisrieden zu hören sein muss, wo die Jahresversammlung des Philatelistenvereins gerade zu Ende geht. Beinahe bis nach Altstetten, wo die Lichter in den Büros des »Verbands der Fleischfressenden Industrie« seit Stunden ausgegangen sind. Bis an die Langstrasse, wo die Vergnügungslustigen, die aus dem Umland zugereist sind, ebenfalls lachen, während sie flächendeckend Glasscherben, Abfall und gebrauchte Präservative verstreuen und in die Hauseingänge machen, sodass die Einwohner am nächsten Morgen wadentief im Unrat werden waten müssen. Der Lachschall fliegt beinahe bis an die Bertastrasse zum Musikjournalisten Michael Hauser, der an gebrochenem Herzen leidet und deshalb ins Trudeln geraten ist. Und Müller und Bucher lachen, bis der Wirt des Lokals geschäftstüchtig und etwas übereifrig die leeren Espressotassen von ihrem Tisch entfernen lässt, um sogleich mit der Rechnung anzurücken. Weil Fröhlichkeit findet im Programm namens »Zürich« selten ausserhalb des kostenpflichtigen Rahmens von Kleintheatern und Comedy-Shows statt. Du musst dich immer psychisch im Voraus aufs Lustigsein vorbereiten. Wo kämen wir sonst hin.

Tag 4
    In Nordamerika setzt der weltbekannte »New York Herald« folgenden Text ins Internet:
    Um Haaresbreite!
    Von unserem Mitarbeiter K.W. Boyd. Ende Juli wurde in Europa ein Mordanschlag auf Rupert »Love« Cartwright verübt. Das teilte uns heute Andrew Johnson von »4JE« mit, dem Management, das »RLC« international vertritt: »Es geschah in einem Restaurant in Zürich (Schweiz), in dem Rupert bei seinen Europaaufenthalten häufig zu speisen pflegt. Die Polizei hat diesen Vorfall bestätigt und führt eine Untersuchung durch.« Unbekannte Täter hätten » RLC « vergiften wollen. Der Künstler sei dem Anschlag nur entkommen, weil er in letzter Sekunde seine Bestellung geändert und statt des vegetarischen Menüs den frischen Fisch à la manière du patron geordert habe. Hinweise zur Täterschaft sind noch keine eingegangen. Die Polizei verfolge noch keine heisse Spur, die Ermittlungen ständen noch am Anfang, sagte Johnson unserer Zeitung, »das hat uns Kommissar Ben Muller von der Zurich State Police bestätigt«. Zur Ermittlungsstrategie oder über allfällige Verdachtsmomente habe ihn der Kommissar nicht informiert. »Die behandeln das topgeheim und sparen nicht an den Mitteln, um aufzuklären, wer ›RLC‹ ermorden wollte, hat uns Ben Muller versichert.« So weit Andrew Johnson, einer der Js in »4JE«. Das Kürzel steht für »Johnson, Johnson, Johnson & Johnson Entertainment«, eine der drei grössten Musikagenturen Nordamerikas. Johnson gab gleichzeitig auch ein Single-Release von Rupert »Love« Cartwright bekannt: »Poison (Sweet Love)« ist ab sofort elektronisch erhältlich. Das Video läuft bereits in power rotation auf allen Kanälen. Das neue Album des mehrfach charttoppenden Multiplatin-Künstlers erscheint im Herbst. Sein Titel werde nächste Woche bekannt gegeben.
    RLC persönlich twittert: »Hurra, ich lebe noch. Giftattacke! Vorsicht in Zürich, Schweiz, das ich sehr liebe J.« Und hängt ein Bild mit der Hülle der Single dran. Rupert »Love« Cartwright hat 2   357   633 Follower, die diese Nachricht erhalten. Viele retweeten sie. Sie wandert innert Sekunden um die Erde. Sie raubt vielen den Schlaf. Die Fanclubs sind in Aufruhr. RLC s Promotionsassistenten posten die Geschichte auch auf Facebook. Es wandert in Foren, Blogs, kommt Redaktorinnen und Redaktoren der People-Seiten zu Ohren. Die bombardieren »4 JE « mit Anrufen und E-Mails.
    * * *
    Während die Millionen in Amerika und die Freundinnen und Anhänger von Rupert »Love« Cartwright weltweit schreckensbleich davon erfahren: Unbekannter Europäer (?) wollte den Isaac Hayes von Ohio töten. Da ist es bei uns wegen des Zeitunterschieds schon einige Stunden später … wie viel genau, das ist immer etwas mühsam, schliesslich erscheint der »New York Herald« in den ganzen USA von Amerika, und die USA verteilen sich auf mehrere Zeitzonen. Die Social Media lassen die Fasttodesnachricht von RLC eben noch schneller nach Europa und in die Schweiz dringen als die »Herald«-Meldung. Das grosse Mutmassen auf allen Kanälen geht los und ist wild. Ein »Giftattentat«, hat RLC geschrieben. Wer könnte es geplant haben? »Al Kaida? Ku-Klux-Klan?

Weitere Kostenlose Bücher