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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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Biertrinker. Auf dem Tisch zwischen den beiden Freunden ein kleines Kerzlein, wie zu einer Feier. Ist es auch: Der mit Italianità frisch betankte Bucher Manfred und der Superzurighese Müller sitzen sich gegenüber wie in alten Zeiten. Müller drängt es, Klarheit zu bekommen, wie die Kollegen der Abteilung Gewaltverbrechen über ihn denken.
    Bucher Manfred sagt, weiss nichts von Korridorklatsch und Kantinenschwätzereien über den Müller. Dass Müller an einem neuen Fall ist, weiss er von Wunderli höchstpersönlich, der es ihm sachlich wie immer und beiläufig mitteilte.
    Manfred lenkt sofort wieder vom Beruflichen ab. Sagt, er denkt gerade viel über Basilikum nach und über Verhältnis Basilikum – Tomaten und will demnächst zu Hause Selbstversuche mit wildem (Bergthymian) und normalem Thymian aufgleisen, und der Unterschied sei schon frappant, besonders wenn man nicht das Olivenöl aus dem Lebensmittelriesen nimmt, sondern das andere, das Bucher Manfred aus seinen … ja, sagen wir es deutsch und deutlich … Liebesferien in Apulien mitgebracht hat.
    Müller denkt zuerst: Was interessiert mich in diesem Moment das Verhältnis von Basilikum und Tomaten beziehungsweise wildem Thymian und normalem Thymian? Das denkt er aber nur ganz kurz, weil a) that’s what friends are for und b) merkt er, wie es ihm die Seele streichelt, dass Bucher Manfred einfach solche Sachen bespricht und sich für anderes im Leben interessiert als nur ErmittlungErmittlungErmittlung. Und Bucher Manfred saugt an einem raffiniert marinierten Basilikumblatt, betrachtet die akzentuierten Äderchen darin und sagt ohne ihn anzuschauen zum Müller:
    »Du brauchst ein Hobby.«
    Und der Müller, denkt und sagt, beides: »Etwas Ähnliches habe ich schon gehört, von Franz Schubert. Und Borowski sagt das auch.«
    Und fügt nach einer Pause hinzu: »Du kennst mich.«
    Und tunkt einen Fetzen Fladenbrot in die Kichererbsenpaste. Schön sämig. Schiebt es in den Mund.
    Und Bucher Manfred: »Eben. Zwanzig Seiten in einem Buch lesen vor dem Einschlafen, das ist doch nicht Abschalten. Mach einmal richtig frei.«
    Richtig frei.
    Aber was ist »frei«? Ohne an Philosophie zu denken.
    Was ist frei?
    Tag vergeht nicht. Der Wind bläst Sekunden von Westen herein, ei-ne nach der an-dern und noch ei-ne und rich-tig lang-sam, dass du denkst, die Stun-den ver-ge-hen nicht, vergehen nicht. Ja, das stimmt. Und im Müller steigt ein Gedanke nach oben: Ich bin eigentlich ein einsamer Hund. Nein, nicht »eigentlich«. Korrektur: Ich bin ein einsamer Hund. Aber das sagt er nicht seinem besten Freund. Das sagt niemand seinem besten Freund. Und dass man es nicht einmal ihm sagt, heisst: Es ist wahr. Ich bin allein.
    Es ist still, und das Schweigen wird laut. Es breitet sich aus im ganzen Raum zwischen dem Müller und Bucher Manfred. Nicht unangenehm, sondern voller Vertrautheit.
    Noch ein Bissen Fladenbrot mit Kichererbsenpaste, auch Manfred.
    Der Müller voll Gefühl, weil Bucher Manfred: »Mach einmal richtig frei.«
    Ein einfacher Aufforderungssatz, aber der Subtext umfasst viele hundert Sätze. Erzählt von Freundschaft und gemeinsamen Jahren und Arbeit im Duo, von vielen gemeinsamen Mahlzeiten, reden und sprechen, schweigen, lachen und arbeiten. Müller weiss, dass er auf Bucher zählen kann, trotz verfahrener Situation und schwierig, ich lasse dich nicht hängen und wenn ich etwas für dich tun kann, ruf mich auch mitten in der Nacht an, wenn ich eigentlich nichts als schlafen will, weil ich selbst bei der Arbeit ebenfalls hart ran muss, aber ruf mich an und wälz nicht immer die schwarzen Gedanken, auch wenn sie wirklich sind und nicht einfach mit Argumenten wegzuwischen wie Herbstlaub. Wo wäre der Müller jetzt, wenn es nicht Manfred und Franz in seinem Leben gäbe?
    Müller hätte jetzt grosse Lust, sich zu betrinken, die Lampe bis über den Docht zu füllen, bis das glimmende Flämmchen ganz ausgeht. Aber diese Lust geht vorüber. Er weiss ja, dass das nichts bringt und sich nicht verträgt mit der Tablette, die er vor dem Schlafengehen nimmt.
    Inzwischen wird der libanesische Kaffee serviert. Stark und süss und Kardamom und Muskat. Hier seltsamerweise in Espressotassen. Tässchen asymmetrisch, vom Designer mit Farbschwüngen bekleckert und mit affigem Spitzhenkel, wo kein Finger durchpasst. Das macht den Müller kurz fuchsig.
    »Richtig frei machen, das kann ich doch gar nicht. Und ich will es auch nicht«, sagt der Müller trotzig.
    »Das weiss ich, und

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