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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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Tätowierungen, da meinst du, du blätterst durch eine Ikonografie der abendländischen Monster: Sitzt geknickt am Küchentisch, giesst sogar dem Müller noch etwas Kaffee nach, kann also kein so schlechter Mensch sein, aber es stimmt etwas nicht mit ihm. Der Müller spürt das, männliche Intuition, Spürhund, Polizei-Instinkt. Die beiden Geständnisse sind zu glatt von Johnnys Lippen geträufelt. Normalerweise kommt das nicht so lakonisch.
    «Ist es dir ernst?», fragt der Müller deshalb.
    Nachdenken seitens Johnny, Schlagbohreraugen seitens Müller.
    Und Johnny wiederholt wortwörtlich: «Ich habe Sandra am Unteren Letten ertränkt, weil sie den Vertrag auflösen wollte. Und ich habe Sebastian Drogen ins Bier gemischt, damit er und die Band während der Tournee verunglücken. Es sollte eine Warnung sein, ich wollte nicht, dass sie alle sterben.»
    Das ist wie in dem Film vom Murmeltier, wo der Mann aufwacht und es ist schon wieder derselbe Tag, und alles wiederholt sich und wiederholt sich, und irgendwie geht es dann doch wieder weiter, aber ich weiss nicht mehr, wie.
    Und der Müller, obwohl nicht überzeugt: «Gut, dann gehen wir.»
    Steht auf. Und Johnny auch, sieht, dass die Stunde geschlagen hat und dass jetzt Bewegung in die Sache kommt, weil das Gewissen, das nagt sehr an einem, und da müsste einer ein Gewaltspsychopath sein, um das längerfristig zu verkraften. Und Johnny sieht zwar verwegen aus, Rock ’n’ Roll und Backenbärte und Tätowierungen und raue Stimme vom Rauchen und Trinken, aber das sind nur Äusserlichkeiten. Die inneren Werte sind wichtiger, das sagt dir trotzdem jede Miss. Ganz innen ist Johnny Maurer ein Mensch.
    Und Johnny schaut den Müller Beni fragend an, weil er erwartet, dass ihm die eisernen Polizeihände das stählerne Abführmittel um die Handgelenke schnallen, aber Müller hat keine dabei, weil ja bekanntermassen (aber nicht für Johnny) nicht im Dienst, also juristisch hochproblematisch, falls der Müller die stählerne Acht zuschnappen liesse. Doch an so blödsinnigen Formfehlern soll natürlich nichts scheitern, denkt der Müller. Deshalb bittet er Johnny höflich zur Tür und sagt ihm, er solle keine Dummheiten machen (aus dem Fenster springen, vors Tram sich legen, ein Samurai-Schwert in den Bauch stossen und nach oben ziehen; und auch nicht fliehen).
    Und der Müller wäre fast versucht, Johnny zu sagen, dass man ihm helfen wird, psychischer Beistand und so, weil da wirklich etwas schiefgegangen ist, aber er hält den Mund, weil sonst, man weiss ja nie, je nach psychischem Profil, es zu einem Aussetzer kommt (Kurzschlusshandlung oder Gewaltakt oder irgendwas sonst Unbotsames). Also besser psst. Und beide gehen aus der Wohnungstür, nachdem beide sich vergewissert haben, dass der Gasherd aus ist, die Treppe hinunter, Erdgeschoss, Wohnungstüre.
    Hier ein Problem.
    Und was für eines.
    Fotograf blitzt Johnny und den Müller.
    Dreimal, fünfmal, vierzehnmal! Kameramotor läuft heftig, du glaubst, du erscheinst in der «Gala» oder im «Hollywood Reporter». Aber es ist natürlich ein Fotograf, den Tobias F. Hubacher, der Boulevardzeitungsmusikchef, hergeschickt hat. Erstaunlich, wie die immer die Leute aufspüren. Die finden dir manchmal den Skandal, bevor er passiert ist. Davon können andere Redaktionen nur träumen. Geschweige denn die Polizei. Und der Müller kann gerade noch die Hand in Richtung Objektiv ausstrecken, will ja auch später in der Laufbahn noch eher inkognito fahnden können, ohne dass Boulevardzeitung irgendwie Starschnitt von ihm veröffentlicht hat. Aber Rockmanager Johnny Maurer begreift nicht, was Sache ist. Wird geblitzt, geblitzt, mehrmals. Und der Fotograf ab durch die Büsche, aber Eile wäre eigentlich nicht nötig, denn im öffentlichen Raum ist Fotografieren erlaubt und rechtlich problematisch erst, wenn eine Person erkennbar ist. Anderseits, und das wäre hier wohl der Fall, ist das Ablichten einer Person vertretbar, wenn öffentliches Interesse besteht. Ein Kriminalfall wäre da Grund genug. Und der Müller ist sich sicher: Morgen ist er in der Boulevardzeitung und heute schon im Netz. Ha, da kommt Bewegung in die Sache, aber wirklich.
    ***
    Kurzes Intermezzo über das Böse. Jetzt also, wir haben in der schönen Stadt Zürich mit dem Müller Benedikt die Welt ein bisschen kennengelernt und auch das Böse auf der Welt, weil, es hat keinen Sinn, einander Sand in die Augen zu streuen: Die Welt ist nicht nur gut. Ich meine, manchmal schon,

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