Mueller und die Tote in der Limmat
und Druckpunkt und Knall und Schuss und FILMRISS . Nicht nur Johnny sieht schlecht aus. Auch dem Müller Benedikt geht es auf einmal miserabel. «Ich will nicht mehr auf Menschen schiessen, nein, ich will nicht mehr», dreht es in Müllers Kopf.
Das spürt Johnny, dass in des Müllers Kopf ein seltsamer Film läuft, weil Müllers Blick nun starr und Schweissperlen auf der Stirn und zitternde Hände. Müller klammert sich an der Tischplatte fest und bleibt still, still, und das ist beunruhigend. Wie das Monster vor dem Ausbruch.
Und jetzt zerbricht Johnny sein Schweigen: «Ich brauche Geld wegen Angelica und Jason-Lars und Kylie-Shawn.»
Müller: «Erzähl mir’s, aber alles.»
Und Johnny ringt weiter mit sich, sieht den Müller, starrt den Müller an und ficht einen wahren Ringkampf aus, wo soll er anfangen, und öffnet schliesslich den Mund und …
… gesteht ein Geständnis:
«Ich war’s.»
Und da wären viele Amateure ziemlich perplex, wenn einer einfach so sagt: «Ich war’s.» Aber der Müller ist Profipolizeimann, obwohl just eben noch vollkonfus mit irrem Blick, fängt sich, zuckt nicht mit der Miene, stiert Johnny aus leidenschaftslosen Augen an.
Und Johnny biegt sich wie Butter unter dem gnadenlosen Blick von dem Müller und sagt noch einmal: «Ich war’s.»
Und der Müller wirft ihm nun einen fragenden, aber drängenden und schmerzenden Blick zu, damit Johnny auspackt. Und Johnny tut just das, kann ich dir sagen:
«Ich habe Sandra am Unteren Letten ertränkt, weil sie den Vertrag auflösen wollte. Und ich habe Sebastian Drogen ins Bier gemischt, damit er und die Band während der Tournee verunglücken. Es sollte eine Warnung sein, ich wollte nicht, dass sie alle sterben.»
Jetzt ist es raus, denkst du, liebe Leserin, lieber Leser. Ja, oberflächlich betrachtet schon. Doch merke: «Unter dem weissen birgt der Schwan ein graues Federkleid» (Sun Tzu). Damit meine ich: Was dahintersteckt, das ist das wahrhaft Interessante. Manchmal hat es der Polizist oder der Mensch generell mit Täuschungsabsicht zu tun. Der Mensch ist nicht immer gut. Der Müller, ein Polizeimann randvoll mit Routine, fällt natürlich nicht auf jede Story herein. Er weiss, dass Sandra wohl kaum in totem Zustand vom Unteren in den Oberen Letten geschwommen sein kann, wo der Müller Beni höchstselbst bei der Findung der toten Sandra zugegen war. Denn Tote schwimmen nicht gegen den Strom.
Und Johnny hat für die Sandra-Tatzeit ein Alibi. Sagte Bucher Manfred.
Also dieses Geständnis ist zumindest sehr fragwürdig.
Und der zweite Teil der Mär, die Johnny Maurer auftischt, harrt ebenfalls einer seriösen Quellenkritik. Der Rapport der Kollegen aus dem Berner und jurassischen Jura sagte überhaupt nichts von Drogen im Blut eines der Opfer.
Also dieser Teil des Geständnisses ist auch zumindest fragwürdig.
Denn es fehlt der Beweis. Zweitens würde es auch bedingen, dass Johnny an jenem Abend in Biel war. Gut, eineinhalb Stunden pro Weg mit dem Zug, mit dem Auto wohl ähnliche Zeit. Also überprüfen: Hat Johnny Maurer für die Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag auch ein Alibi? Das müssen wir wissen, und dann wird sicher einiges klar. Das ist das Ziel.
Und wenn Johnny sich absichtlich falsch belastet: Warum das?
Wen schützt Johnny?
Ist er noch ganz gesund?
Da sitzt der Müller wirklich vor einer Knacknuss. Doch er jammert nicht, denn das ist sein Beruf – eigentlich und im tiefsten Herzen seines Wesens. Und im Grunde ist der Müller für die Freiheit und für Mut und dafür, dass alle glücklich sind, wie sie wollen.
Denn der Huf des Glücks ist mannigfaltig (frei nach Geoffroy de Bonmot).
Und er weiss auch: «Das höchste Hindernis bist du dir immer selbst» (Laotse). Das zu wissen ist schon viel für einen Menschen.
Müller ist sich bewusst, dass dieser Fall für ihn ein besonderer ist. Entweder kann er an ihm gesund werden, oder er schafft es nie. Die Situation ist ohnehin unrealistisch: Wenn er normal Dienst täte, hätte er nie so viel Zeit für einen einzelnen Fall. Normal ermittelst du ständig vieles parallel: Schlägereien, Messerstechereien, Vergewaltigungen, unbekleideter Flitzer, Drogenrazzia, Gewalt im Haus, Einbruch, Tötungsdelikt. Kaum bist du an diesem Tatort eingefuchst, geht schon wieder das Telefon, und du musst weiter, darfst aber das andere nicht aus dem Auge verlieren.
Doch zurück zu Rockmanager Johnny Maurer mit den traubenblauen und sogar violetten Ringen unter dem Auge und
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