Mueller und die Tote in der Limmat
Verkäufen von Spitfires rattenscharfem aktuellem Album ‹Car Crash Spells› feststellen.»
Interessant, denkt der Müller nochmals. Er dankt jetzt dem WLAN -Kaffeetrinker im Café Gloria an der Josefstrasse, sagt auch etwas Freundliches zusätzlich, wie zum Beispiel: «Sehr, sehr nett, danke. Du hast mir sehr geholfen.» Und er steuert zu Fuss in Richtung Kreis 4, mit Fernziel Wiedikon, weil sich in ein Auto, einen Bus oder ein Tram einzuzwängen, wäre wie im Mikrowellengrill. Josefstrasse raus, links in die Langstrasse. Nicht einmal hier ist noch viel Verkehr. Die Langstrassenunterführung verspricht Dunkelheit und die Illusion von Kühle. Aber der Geruch. Und all das Zeug, das auf den Boden und an die schräge Seitenwand geschmiert ist … und der Müller übersteht diese Gefahren, erreicht das «Dreieck», die Anker- und die Elisabethenstrasse, wandert in der Hitze nach Wiedikon in den Coop an der Birmensdorferstrasse. Unterirdisches Einkaufszentrum. Kühl, weil auch Tiefkühlprodukte. Und da ereignet sich unverhofft ein weiterer Hinweis, vermutlich sogar Spur: Kann man sicher behaupten, ist Zufall. Aber der Müller glaubt nicht an Zufall, weil Leben und alles ist viel komplexer und komplizierter. Nicht Zufall, sondern Schicksal, glaubt der Müller, ohne Esoterik natürlich, und Glück, weil ohne Glück selbst der Tüchtige den Flüchtigen nicht festnimmt. Und Müller ist nicht so Law-and-Order, wie manche jetzt vielleicht vermuten. Er wählt nicht Rechts, aber Recht-und-Gesetz schon, denn wo kämen wir sonst hin. Eben, weil das ist kein Spass, bitte, sondern Ernst, und damit ist manchmal nicht so zu scherzen.
Sie werden es nicht glauben, aber es war wirklich so, und genau so, wie ich es jetzt beschreiben werde. Obwohl die Tragweite sich erst am Sonntag dann richtig enthüllt. Nun der Reihe nach. Um sich nach den Schrecken der sieben Todesfälle und der Hitzewanderung quer durch die Stadt und Tobias F. Hubachers Artikel ein wenig zu stärken, geht der Müller heute Samstag in seinen Coop, um einzukaufen, und will plötzlich kaufen, was er sonst nie kauft: blaue Trauben. Die besten kommen aus dem katholischen Dorf, wo die Wiege vom Müller im Schatten vom Blauburgunderstock im Aargau schaukelte. Aber die sind längst noch nicht reif und liegen eh nie im Coop aus. Er kauft sich also zwei Kilo blaue Trauben.
Wer weiss, warum? Denkt sich rein gar nichts dabei, aber hat schon einen Sinn, denn alles fügt sich im Unendlichen zu – nur für den Laien verblüffender – Sinnhaftigkeit zusammen. «Der Kosmos ist eins» (Diodoros). Oder, um es zu sagen wie die Chinesen: «Auch der Schwan hat nur einen Hals» (Laotse).
Und in diesem Moment kommt ebenfalls Johnny Maurer in die Filiale Wiedikon an der Birmensdorferstrasse im Untergeschoss und hat ein blaues Auge und will ein kühles Schnitzel kaufen zum Abschwellen. Das ist nicht normal, wurde aber durch dem Müller sein U-Bewusstes (Wunsch nach blauen Trauben) angekündigt: Die blauen Trauben symbolisierten Johnnys blaues Auge. Dass es Trauben waren – lateinisch und italienisch «uva» – und nicht Pflaumen oder sonst ein Gemüse, weist überdies auf UV -Licht hin. Was bedeutet? UV -Licht setzen Hausverwaltungen ein, damit niemand im Hauseingang oder auf der Restaurant-Toilette auf die Idee kommt zu fixen. Folglich: Die Traube symbolisiert die Verbindung dieses Falles mit der Drogenszene.
Das Bauchgefühl ermittelt also mit.
Weiter: Die Traube ist auch ein ausgesprochen saftiges Lebensmittel. Der Saft steht hier für das Leben («Lebenssaft») beziehungsweise hier leider fürs ausgelöschte Leben von sieben Menschen. Also ist die blaue Traube fast der Schlüssel zur Lösung dieses Falls. Das wird Müller natürlich erst hinterher klar, weil hinterher ist man immer klüger, also meistens. Wenn er es vorher schon gewusst hätte, hätten wir uns hier einiges sparen können, viele Seiten, viel Druckerschwärze, viel Arbeit, viele Emotionen. Aber wir leben doch für die Emotionen. Wir lieben die Emotionen. Sonst läuft ja nichts.
Und jetzt Achtung: Die Trauben noch in der Einkaufstüte, kehrt sich der Müller um die eigene Achse und sieht Johnny Maurer mit seinem blauen Auge, und blaue Trauben sind reif , und das bedeutet im U-Bewusstsein präfiguriert: Rockmanager Johnny Maurer ist reif für die weitere Befragung. Zumal der Artikel von Tobias F. Hubacher die Möglichkeit behauptet: Sänger Mark Huber und Johnny Maurer haben ein Problem miteinander. Da waren ja auch
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