Mueller und die Tote in der Limmat
ist Rechtsanwalt. Wussten wir nicht, dass Johnny aktuell eine Liebe laufen hat. Er war mit Jasmina am Mittwochabend zusammen, als die Pichoux-Schlucht Spitfire zum Verhängnis ward. Er war auch mit ihr zuvor in der Nacht von Samstag auf Sonntag, wo Sandra in der Limmat ihr Leben liess. Da waren Johnny und Jasmina am Konzert in der Roten Fabrik, wo die US -amerikanische Kult-Noise-Post-Rock-Lounge-Band spielte. Und es gibt dafür rund siebenhundert Zeugen im Saal. Bestätigte Bucher Manfred.
Für den Rest der Nacht gibt es keine Zeugen. Aber da war, das weiss die Polizei seit der Obduktion, der Todeszeitpunkt von Sandra schon vergangen.
«Vernehmungsende fünfzehn Uhr», sagt da der Müller dem Tonband und dem Johnny gibt er noch eine Zigarette.
«Du bleibst jetzt eine Weile bei uns, Johnny», sagt der Müller.
«Ich weiss», sagt Johnny Maurer.
Müller lässt ihm die Zeit, um die Zigarette fertig zu rauchen. Dann lässt er einen Uniformpolizisten kommen, der Johnny abführt.
Dann Händeschütteln mit Manfred und Rocco und Johnny. Dann kurzes Debriefing.
Wollen Sie ganz genau wissen, wie die Polizei und der Müller im Verhörzimmer 419 die Wahrheit geknackt haben? Sicher, ist interessant für Einblick in modernste Methoden, geht so:
Im Polizeihaus dringt die Wahrheit einfach so heraus. Gut, ein bisschen nachhelfen müssen die Polizei und der Müller schon. Nicht mit Fäusten oder Drohungen, sondern mit Psychologie und Fragetechnik, und zwar, wie man sich das vorstellt. Im Verhörzimmer 419 im Polizeihaus: Der Gute und der Böse, Müller Benedikt als Guter, Catanzaro Rocco als Böser, Bucher Manfred als Sphinx im Hintergrund. Das macht dich nämlich fertig, wenn da einer nur steht und schwitzt und glotzt aus seinem zerknitterten und mittlerweile zu grossen Anzug, sprich: Bucher.
Und zwischendurch schaut auch noch Weiermann Gustav (57) herein. Ist für diese Geschichte nicht so wichtig. Darum nur kurz über ihn: Weiermann Gustav sieht einfach böse aus, weil er hat diesen Buckel mitten auf der Stirn, da meinst du, ihm wächst ein Horn heraus, so leibhaftig, und immer so rote Augen, du meinst, er hat die Tollwut, dabei leidet er im Sommer unter Heuschnupfen und im Winter unter einer Schneeallergie, sieht also so richtig ein bisschen fertig aus, wenn Sie verstehen, eher Borderliner, also nicht kommod. Aber eigentlich, doch das sieht man nicht auf den ersten Blick, ist er ganz umgänglich, spielt leidenschaftlich gerne Schach und sammelt Eulen, hat so viele Eulen (aus Stein, Papier, Makramee, Leder, Ton, farbige, grüne u. v. m.), dass er in seiner Wohnung extra ein Eulenzimmer eingerichtet hat. Kann man sagen: Logisch, dass der Junggeselle ist. Schon wahr, aber ein schlechter Kerl ist er nicht. Nicht gerade ein Freund von Manfred und dem Müller, ob von Rocco weiss ich nicht, aber doch Arbeitskollege, korrekt und funktionsfähig.
Johnny bestätigt also zwölf Uhr dreissig seine Personalien, müssen wir nicht wiederholen, kennen wir, aber sagt dann wie oben:
«Ich habe Sandra am Unteren Letten ertränkt, weil sie den Vertrag auflösen wollte. Und ich habe Sebastian Drogen ins Bier gemischt, damit er und die Band während der Tournee verunglücken. Es sollte eine Warnung sein, ich wollte nicht, dass sie alle sterben.»
Aber da sagt der gute Fast-schon-wieder-im-Dienst-Polizist Müller: «Sie können Sebastian Fuhrer nichts ins Bier gemischt haben. Denn erstens waren Sie zu der Zeit mit Jasmina Gajic im Bio-Restaurant ‹Sumatra› im Kreis 5, wo Sie von mehreren uns namentlich bekannten Personen identifiziert wurden. Und zweitens hatte Sebastian Fuhrer kein Bier im Magen, sondern Rotwein. Und Drogen rein gar nichts.»
Da ist Johnny verblüfft. Wie die das rausgekriegt haben.
«Aber Sandra, das war ich», sagt Johnny, fast trotzig.
«Erzählen Sie uns, wie das war», sagt der Müller Benedikt, und hinter ihm schnauft Catanzaro Rocco bedrohlich. Kann das gut: klingt wie ein Walross, ehrlich.
Und du glaubst es kaum, da erzählt Johnny eine Geschichte, die man nicht besser erfinden könnte, aber das Wahre ist oft besser als alles Erfundene, denn es gibt Dinge, die kannst du nicht erfinden, die sind in Wirklichkeit wahrer als realistisch, und dann denkt jeder: Das ist doch erfunden.
Also.
Johnny Maurer sagt: «Sandra Molinari wollte den Vertrag auflösen, nach all den Jahren, die wir zusammengearbeitet haben. Sie wollte sich Sebastian Fuhrer anschliessen. Der hat eine neue Agentur gegründet. ‹Diamond
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