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Muenchen - eine Stadt in Biographien

Muenchen - eine Stadt in Biographien

Titel: Muenchen - eine Stadt in Biographien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Sperr
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Widerspruch zwischen Geist und Sex, vom Kampf des Mannes gegen die Frau.
    Am 1 . Mai 1906 heiratete er die begabte, hübsche und 22  Jahre jüngere Schauspielerin
Tilly Newes.
Noch im selben Jahr kam die Tochter
Pamela
zur Welt, die zweite Tochter,
Kadidja,
fünf Jahre darauf. Es krachte häufig. Auf der Bühne verstanden sie sich gut. Frank und Tilly, das berühmteste Schauspielerpaar Deutschlands. Aber Wedekind wollte Tilly auch im Privatleben nach seinem Bild formen. Sie fügte sich äußerlich, blieb jedoch innerlich unabhängig. Das spürte der Ehemann. Krankhafte Eifersucht, die Sorge, den Ansprüchen seiner jungen Frau auch im Bett nicht zu genügen, die Zerrissenheit zwischen Traum und Wirklichkeit und schließlich die körperlichen Merkmale des Älterwerdens, falsche Zähne und ernsthafte Erkrankungen, machten ihm zu schaffen.
    RESIGNATION UND VORAHNUNG
    Dazu der ermüdende Kampf mit der Zensur. Nervenaufreibend, anstrengend. Das Paar, das jetzt in einer Acht-Zimmer-Wohnung in der
Prinzregentenstraße
50
37 ( ▶ J 4 ) wohnte, versuchte, Gefühlsausbrüche und tosenden Streit zu befrieden. Doch die Angst vor der männervernichtenden Lustfähigkeit der Frauen war zur Obsession geworden.
    Erich Mühsam, anarchistischer Kämpfer für eine bessere Welt, Lyriker und Kabarettkünstler, der 1934 von den Nationalsozialisten im KZ Oranienburg ermordet werden sollte, verehrte Wedekind. In seinen »Unpolitischen Erinnerungen« beschrieb er dessen Fähigkeit, Menschen, Ereignisse, kulturelle oder politische Fragen mit den schärfsten Konturen zu charakterisieren. Doch habe er mehr Lob als Tadel aus seinem Munde gehört. Die Schamhaftigkeit seines Wesens habe seine Güte verborgen.
    Nach einem Suizidversuch Tillys und zwölf Tage vor dem eigenen Tod am 9 . März 1918 zog Wedekind ein bittersüßes Resümee:
    »Ich bin alt. Des Gebrechens Last
    Zwingt mich zum Eigenbrödeln
    Nimmer wollt mit dem siechen Gast
    Ich meine Zeit vertrödeln
    Tilly gib mir noch einen Kuss
    Es kommt ja doch, wie es kommen muss.«
    Er starb an den Folgen einer Blinddarmoperation. Seinem Sarg folgten nicht nur Künstler und Intellektuelle wie Bertolt Brecht, sondern auch unbürgerliche, als zwielichtig bezeichnete Damen, weinten an seinem Grab auf dem Waldfriedhof.
    Brecht, der viel von Wedekind übernahm, zählte ihn mit Tolstoi und Strindberg »zu den großen Erziehern des neuen Europa«, seine Stücke werden gespielt, auf großen Bühnen, inszeniert von großen Regisseuren.
    CAFÉ LUITPOLD 10 ▶ E 4
    Brienner Straße 11 , Altstadt
    www.cafe-luitpold.de
    ▶ U-Bahn: Odeonsplatz
    WALDFRIEDHOF, ALTER TEIL
    Fürstenrieder Straße 288 , Hadern
    Grab Nr.  17 -W- 88
    ▶ U-Bahn: Holzapfelkreuth
    WEDEKINDPLATZ
    Schwabing
    ▶ U-Bahn: Münchner Freiheit
    WOHNHAUS FRANK WEDEKINDS (GEDENKTAFEL) 37 ▶ J 4
    Prinzregentenstraße 50 , Lehel
    ▶ Bus: Reitmorstraße

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    KURT EISNER
    1867 – 1919
    Er war Schriftsteller, Journalist und Ministerpräsident der Münchner Räterepublik. Nach einer Wahlniederlage wollte der kompromisslose Pazifist zurücktreten. Sein Mörder kam ihm zuvor …
    E in hoher Politiker muss eine vernichtende Wahlschlappe einstecken. Weil er bis in die Zehenspitzen Demokrat ist, will er die Niederlage öffentlich eingestehen und unverzüglich die Konsequenzen ziehen. In seinem Büro im Außenministerium schreibt er seine Rücktrittserklärung, steckt sie in die Manteltasche und macht sich zu Fuß auf den Weg zum Gebäude des Landtags in der Prannerstraße, um sie zu verlesen. Es ist der 21 . Februar 1919 , ein nasskalter Tag, kurz vor zehn am Vormittag. Mit langen Schritten überquert er den Platz, biegt in die Promenadestraße ein, denkt an die Rede, die er gleich halten wird. Begleitet wird er von seinem Sekretär, einem weiteren Mitarbeiter und zwei Leibwächtern.
    Der Sekretär ist vorsichtig, die Stimmung sei inzwischen extrem feindselig, gibt er zu bedenken, man täte gut daran, den Weg durch den hinteren Ausgang des Hotels
Bayerischer Hof
zu wählen, man könne ja nie wissen, Morddrohungen habe es genug gegeben. Von einem Weg durchs Hotel aber will sein Chef nichts wissen. »Man kann einem Mordanschlag auf die Dauer nicht ausweichen, und man kann mich ja nur einmal totschießen« , sagt er noch, da springt ein fescher junger Mann hinter einer Hausecke hervor, schleicht kurz hinter der Gruppe her, nein kein Irrtum, Verwechslung ausgeschlossen, der auffällige Bart, die hagere Gestalt. Mit elastischen Schritten kommt

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