München Manhattan #1
Ankunftshalle eines Flughafens auftauchen.
„Elisa, mein Engel, du bist so groß geworden!“ , und im gleichen Atemzug, aber nat ürlich diskret leise zu Kristin: „Schatz, du siehst furchtbar aus!“
Etwas anderes hat Kristin auch gar nicht erwartet. Auf der Fahrt nach Hause in ihr Elternhaus in den Münchner Stadtteil Obermenzing wird ausgiebig das Wetter in New York und München diskutiert. Aus Verlegenheit und weil es sowieso immer des Deutschen liebstes Thema ist – und ihre Eltern leben das voll aus.
Kaum zuhause angekommen, zieht ihre Mutter sie auch schon in die Küche. Die Küche der perfekten Hausfrau, strahlend sauber wie immer. Wie aus der Meister Propper Werbung. Energisch schließt ihre Mutter die Tür hinter sich, und dann bricht es aus ihr heraus: „Kind nun erzähl mal ganz von Anfang an, so schlimm kann es doch alles gar nicht sein. Wie kannst du Elisa einfach so aus der Schule nehmen und deinen Mann verlassen?“
***
IM LAND DER TRÄUME
MÜNCHEN. SAMSTAG ZUR SELBEN ZEIT
Susanna gleitet durch das kristallklare Wasser. Sie lässt sich einfach treiben. Schwerelos. Total entspannt, eingetaucht in wohlige Wärme. Das einzige Geräusch ist das sanfte Plätschern der Wellen um sie herum. Wunderschöne Karibik.
„Mami, Mamiii !“ Schlagartig ist sie wieder zurück in ihrem Bett. Das sanfte Plätschern der Wellen entpuppt sich als prasselnder Regen gegen die Dachfensterscheiben ihres Schlafzimmers.
Robert liegt neben ihr und schläft wie ein Stein. Obwohl, bei dem durchdringenden Geschrei ihres zweijährigen Sohnes Tom, kann kein Mensch tief und fest schlafen. Also wird er wohl nur so tun. In Wirklichkeit wartet er doch nur darauf, dass sie so schnell wie möglich aufsteht und dieser Lärmbelästigung ein Ende bereitet. Wie immer.
Die Kinder sind nun mal ihr Job, und der Ruf, der aus dem Kinderzimmer dringt, ist ja außerdem ganz klar an sie gerichtet. Warum sollte sich Robert da angesprochen fühlen. Er ist ja sowieso kaum da. Wann sieht er die Kinder denn schon mal, außer an den Wochenenden. Aber eben genau heute ist Wochenende. Samstagmorgen sechs Uhr.
So sehr sie es liebt, Mutter zu sein – und ihre zwei Kinder sind wirklich meistens ganz wunderbar – der kleine Tom ist leider ein beinharter Frühaufsteher. Sei ne Schwester Anna würde mit ihren fünf Jahren sicher schon länger schlafen, aber bei dem Krach kann keiner entspannt weiterschlafen – außer natürlich Robert.
Gerade jetzt würde sie einiges dafür geben, weiter von der Karibik träumen zu dürfen. Gestern Abend ist es ziemlich spät geworden und das auch noch mit viel zu viel Wein. Aber den hatte sie auch wirklich gebraucht, nach dieser Hiobsbotschaft!
Was war bloß in ihn gefahren? Wie kann man nur sein ganzes Leben mit so einer Dummheit aufs Spiel setzen? So etwas kann doch nur einem Mann einfallen.
„Mami Müsi , Mami Müsi !!!!“
„Ja, ja gleich – ich mach dir ja dein Müsli.“ Susanna schlurft mit Tom auf dem Arm Richtung Küche. Meine Güte hat sie fiese Kopfschmerzen! Mit 36 steckt man so einen Abend nicht mehr so ohne weiteres weg.
Jetzt steht ihr erstmal der morgendliche Kampf: Wer-das-Müsli-in-die-Schale-füllen-darf bevor – sie oder ein Zweijähriger. Diesen Kampf gewinnt heute ganz klar Tom. Bloß keinen Streit anfangen. Bitte kein Wutanfall. Den hält ihr Kopf jetzt nicht aus. Stattdessen lässt sie Tom mit dem Müsli rumsauen , was soll’s. Er ist beschäftigt, und sie kann sich aufs Sofa legen und kurz noch mal die Augen zu machen. Welch Wohltat!
„Mami, Tom macht Sauerei mit dem Müsli, das darf er doch nicht.“ Aha: Frau Neunmalklug, hat sich neben ihr aufgebaut. Anna ist gerade in ihrer altklugen Phase. Von wem sie das hat ist Susanna schleierhaft.
„Schätzchen, lass ihn bitte, Mami muss ganz kurz noch mal die Augen zu machen – Mami ist nämlich etwas krank.
„Ehrlich? Was hast du denn?“
Falscher Ansatz, jetzt kommt das Frage-Antwort-Spiel. „Lass Mami bitte schlafen, OK?!“
„Aber wenn Tom dann alles auf dem Boden ausgekippt hat, wirst du wieder stinksauer.“
„Nein, heute bestimmt nicht.“
„Warum heute nicht?“, fragt Anna.
„Anna, lass mich jetzt bitte verdammt noch mal schlafen!“
„Jetzt bist du auf mich sauer, und ich habe gar nichts gemacht.“ Und schon schiebt Anna ihre leicht zitternde Unterlippe vor und los geht’s mit dem Du-bist-so-gemein-zu-mir-Mami-Geheule.
Also: Aspirin statt Schläfchen. Und das alles nur, weil sie mal wieder ein
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