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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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gewesen», sagte Bastian, während er die Weinflaschen vertauschte. «Außerdem darf ich keinen Alkohol trinken, weil ich noch Auto fahren muss.»
    Hilde runzelte die Stirn. «Habe ich etwas falsch gemacht?»
    «Überhaupt nicht», sagte Yasi. «Ich liebe gekühlten Rotwein.»
    Nachdem geklärt war, wer warum und wie viel essen sollte und weshalb Brotschnitten, die man serviert bekam, immer besser schmeckten als die eigenen, fragte Bastian im Plauderton: «Und wie ist es dir in den letzten Tagen ergangen? Alles in Ordnung?»
    «Du meinst: da oben?» Hilde tippte sich an die Stirn. «Ich bin nicht senil.»
    «Hat auch niemand behauptet.»
    «Was soll eigentlich deine Freundin von mir denken? Findest du es nett, mich vor ihr bloßzustellen?»
    «Erstens habe ich dich nicht bloßgestellt. Und zweitens musst du dir wegen Yasi keine Gedanken machen, sie ist nämlich Ärztin.»
    Schon als er das Wort aussprach, hätte sich Bastian am liebsten auf die Zunge gebissen. Die Reaktion war so vorhersehbar wie das Abendgewitter nach dem ersten heißen Sommertag.
    Ihr Mund verkrampfte sich. «Deshalb hast du sie mitgebracht? Sie soll mich begutachten?»
    «Nein, soll sie nicht.»
    «Was für eine Ärztin ist sie denn?»
    «Entschuldigung, darf ich auch mal was sagen», unterbrach Yasi das Zwiegespräch. «Immerhin geht es um mich. Frau Matt, ich habe Ihren Sohn begleitet, weil ich ihn mag, aus keinem anderen Grund. Und ich bin weder Hausärztin noch Psychiaterin, sondern Rechtsmedizinerin.»
    «Rechtsmedizinerin? Sind das nicht die …»
    «Ja, ich obduziere Leichen, um herauszufinden, woran die betreffenden Menschen gestorben sind.»
    «Eine so zarte Person wie Sie?»
    «Meine Arbeit macht mir Spaß. Und meine Patienten sind umgänglich und pflegeleicht. Bis jetzt hat sich noch niemand beschwert, wenn mir mal das Skalpell ausgerutscht ist.»
    Bastian registrierte, dass seine Mutter besänftigt war, und nutzte die Gelegenheit für einen zweiten Vorstoß: «Darf ich Yasi die Tabletten zeigen, die du nimmst?»
    «Meinetwegen. Sie liegen auf dem Küchentisch.»
    Als Bastian zurückkam, redeten die beiden Frauen über Gärten und wie viel Arbeit es mache, sie in Ordnung zu halten. Wieder einmal bewunderte er Yasis Selbstsicherheit und ihre Fähigkeit, sich in jeder Situation zurechtzufinden. Und dabei sah sie auch noch unverschämt gut aus. Warum, dachte Bastian, war es nur so verdammt kompliziert, sich in eine Frau zu verlieben, die jeglichen Besitzanspruch ablehnte? Wieso waren seine Liebesgefühle für Yasi nur mit dem Wunsch verbunden, sie ganz für sich haben zu wollen?
    «Hier.» Er reichte ihr die Schachtel. «Kennst du das Medikament?»
    Yasi warf nur einen kurzen Blick auf die Packung. «Ja. Ich habe davon gehört.»
    «Und was denkst du darüber?»
    «Es kann nicht schaden, die Tabletten zu nehmen.»
    Bastian spürte, dass etwas Unausgesprochenes mitschwang. Yasi wirkte plötzlich abweisend.
    «Was haben sie für eine Wirkung?»
    «Erzähl ich dir später.» Yasi drehte sich zu Hilde. «Einen wirklich schönen Garten haben Sie.»
    |||||
    Kaum saßen sie im Auto, um nach Münster zurückzufahren, konnte Bastian seine Neugier nicht mehr zügeln: «Also, was ist mit dem Medikament? Hat es etwas mit Alzheimer zu tun?»
    Yasi atmete geräuschvoll aus. «Ohne ein MRT , das die Gehirnaktivitäten zeigt, ist eine Diagnose ungefähr so aussagekräftig wie ein Wochenhoroskop in der Illustrierten. Die Aggressivität, mit der deine Mutter auf das Thema reagiert, spricht allerdings dafür, dass sie Angst hat. Das ist nicht untypisch für Demenzkranke, die ihre ersten Kontrollverluste bemerken, aber nicht wahrhaben wollen. Das heißt jedoch nicht, dass sie grundsätzlich mit ihrem alltäglichen Leben nicht mehr zurechtkommt. Gerade in der Anfangsphase der Krankheit ist das eine Frage der Tagesform.»
    «Und das Medikament?»
    Yasi schwieg. So lange, dass Bastian schon dachte, sie wolle ihm nicht antworten. Dann sagte sie: «Kennst du die San?»
    «Wen?»
    «Ein Naturvolk in Südafrika. Man nennt sie auch Buschmänner.»
    «Ja, aber was …»
    «Die San gelten als primitiv. Trotzdem verfügen sie über Kenntnisse, die für die ganze Menschheit von Bedeutung sind. Es geht um zwei Pflanzen: die Hoodia und die Gamuga. Die Gamuga ist in Deutschland als Teufelskralle bekannt, ein Allheilmittel gegen Entzündungen, Schmerzen und Verdauungsstörungen.»
    «Ich verstehe immer noch nicht …»
    «Hör zu», sagte Yasi scharf. «Ich komme schon noch

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