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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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Edelprostituierten seit längerem lediglich Fassade war. Was auch immer Annika Busch im letzten Jahr getrieben hatte, aktiv studiert hatte sie jedenfalls nicht.
    Man konnte Fahlen ansehen, dass ihm die Entwicklung des Falls zu schaffen machte. Da hatte ihm die mutmaßliche Mörderin im Vernehmungsraum bereits gegenübergesessen – und er ließ sie laufen. Als Konsequenz aus dem Desaster ordnete Fahlen eine bundesweite Fahndung an. Doch wenn Busch ihre Cleverness, die sie bislang an den Tag gelegt hatte, weiterhin unter Beweis stellte, hatte sie sich längst ins Ausland abgesetzt.
    Bastian genoss seinen Triumph still. Dass er recht behalten und sein Misstrauen gegenüber Busch sich als sinnvoll erwiesen hatte, würde ihm niemand danken, schon gar nicht Fahlen. Punkten konnte er eher mit Schweigen. Und so verkniff Bastian sich jede Bemerkung und sogar ein Siegeslächeln, als Fahlen vor versammelter Mannschaft seinen Fehler eingestand.
    Und noch einen anderen Fehlschlag musste der Mordkommissionsleiter einräumen. Die Fahrt nach Lengerich zu Lambert-Pharma hätten sich die Kripo-Leute sparen können. Helene Lambert befand sich nicht in Deutschland, sondern auf einer Kreuzfahrt im Norden Norwegens, und die in Lengerich anwesenden Mitglieder der Geschäftsleitung weigerten sich, ohne Zustimmung der Chefin Auskünfte über Carl Benedikt Mergentheim und Christian Weigold zu geben. Helene Lambert aber war nicht zu erreichen. Fahlens Versuche, telefonisch zu ihr vorzudringen, wurden von einem Assistenten abgeblockt.
    |||||
    Bastian und Yasi erreichten die Siedlung, in der Bastians Elternhaus stand.
    «Wenn du gleich meine Mutter triffst, wundere dich nicht, dass sie manchmal seltsame Dinge sagt oder sich merkwürdig verhält. Sie ist in letzter Zeit ziemlich durcheinander. Meine Schwester glaubt, dass Hilde dement wird, ich bin mir da nicht so sicher.»
    «Wie alt ist deine Mutter?»
    «Eigentlich noch nicht so alt: neunundsechzig.»
    «Alzheimer kann auch schon früher auftreten.»
    Bastian hielt vor dem roten Backsteinhaus an. «Kannst du mir hinterher sagen, was für einen Eindruck du hattest? Immerhin hast du Medizin studiert.»
    Yasi gluckste. «Ich bin Rechtsmedizinerin, keine Neurologin. Wenn ich ein Gehirn aufschneide, kann ich dir sagen, ob der Verstorbene an Alzheimer gelitten hat, bei Lebenden ist mein Urteilsvermögen eingeschränkt.»
    Hilde erwartete sie schon an der Tür. Bastian hatte sie vor ihrer Abfahrt angerufen, und jetzt gab sich die alte Dame offensichtlich Mühe, einen besonders freundlichen und aufgeräumten Eindruck zu machen. «Ach, das ist aber schön, dass du deine neue Freundin mitgebracht hast. Dann lerne ich sie endlich auch einmal kennen.»
    Bastian warf Yasi einen entschuldigenden Blick zu. «Yasi ist nicht
meine
Freundin, sondern
eine
Freundin.»
    «Ach, ihr jungen Leute.» Seine Mutter schüttelte den Kopf. «Zu unserer Zeit gab es nur Ja oder Nein, da war man nicht ein bisschen befreundet.» Sie reichte Yasi die Hand. «Hilde.»
    «Yasi.»
    «Ist das ein japanischer Name?»
    Yasi lächelte. «Ich bin Chinesin. Zumindest stand das in meinem Pass, als ich nach Deutschland kam.»
    «Und Sie haben schnell unsere Sprache gelernt.»
    «Mittlerweile habe ich sogar die deutsche Staatsangehörigkeit.»
    Hilde tätschelte Yasis Hand, die sie noch immer festhielt. «In Münster leben ja so viele unterschiedliche Menschen: schwarze, braune, gelbe.»
    Bastian verdrehte die Augen. «Mutter! Bitte!»
    «Schon gut.» Yasis Augen glitzerten. «Ich sehe nun mal nicht aus wie eine Münsterländin. Sagt man nicht: Münsterländin ist man erst, wenn man mit seinen Nachbarn einen Sack Reis gegessen hat?»
    Bastian lachte. «Es heißt Münsterländerin. Und Reis wird hier nur in China-Restaurants serviert.»
    «Ich habe mein ganzes Leben in Horstmar verbracht», sagte Hilde. «Was weiß ich schon von der Welt? Kommt mit!» Sie führte die Besucher ins Wohnzimmer. «Ihr habt hoffentlich noch nicht zu Abend gegessen?»
    Auf dem Wohnzimmertisch stand das gute Geschirr, das sonst nur zu Feiertagen herausgeholt wurde. Und in der Mitte eine Platte mit genügend Wurst- und Käseschnittchen, um eine hungrige Fußballmannschaft zu füttern. Dazu Schalen mit Gurken, Silberzwiebeln, Tomaten und Radieschen. Hilde hatte es sich nicht nehmen lassen, zwei Flaschen Wein zu öffnen. Der einzige Schönheitsfehler bestand darin, dass die Rotweinflasche im Eiskübel und die Weißweinflasche daneben stand.
    «Das wäre nicht nötig

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