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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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und lachte dann laut auf. «Glaubt dieser Sesselfurzer vielleicht, ich habe Mergentheim und Weigold umbringen lassen, um meine Mitgesellschafter loszuwerden? Das ist doch absoluter Schwachsinn.»
    «Ich würde die Geschichte nicht auf die leichte Schulter nehmen. Falls die Mörder es auf Lambert-Pharma abgesehen haben, könntest du ebenfalls auf ihrer Liste stehen.»
    Jetzt verstand Helene, was Rafaels treuherziger Blick bedeutete. «Du machst dir Sorgen.» Sie legte ihre Hand an seine Wange. «Das ist süß.»
    «An deiner Stelle wäre ich vorsichtiger.»
    «Ach was. Ich denke, die Polizei reimt sich diesen Mist zusammen, weil sie ansonsten nichts vorweisen kann. In Wirklichkeit ist das purer Zufall.»
    «Der Kommissar möchte unbedingt mit dir sprechen.»
    «Ich rufe ihn morgen an. Das sollte genügen.» Helene schaute Rafael in die Augen. «Eigentlich wollte ich gerade duschen. Aber das könnte ich noch ein bisschen verschieben.»
    «Ich weiß nicht, Helene, ich bin im Moment nicht in Stimmung.»
    «Zieh dich aus», flüsterte sie. «Die Stimmung kommt mit dem Vorspiel.»

[zur Inhaltsübersicht]
Vierzehn
    «Das ist meine Heimat», sagte Bastian. «Hier bin ich aufgewachsen.»
    «Du Ärmster», sagte Yasi. «Wie langweilig muss es sein, in einem Land zu leben, das flach ist wie ein Pfannkuchen.»
    Bastian lachte. «Überhaupt nicht. Ich mag es, bis zum Horizont gucken zu können. Keine Berge, die einem die Sicht verstellen. Im Münsterland kann man schon morgens sehen, wer einen am Abend besucht, sagte mein Großvater immer.»
    Sie fuhren in Bastians Auto nach Horstmar. Nach einem hektischen Tag im Polizeipräsidium hatte Bastian Yasi gefragt, ob sie Lust habe, einen Ausflug aufs Land zu machen und seine Mutter kennenzulernen. Dass er auch hoffte, von ihr einen ärztlichen Rat bezüglich der geistigen Gesundheit seiner Mutter zu bekommen, sagte er lieber nicht. Oder noch nicht.
    Die Rechtsmedizinerin legte ihre Hand auf Bastians Oberschenkel und seufzte. «Meine Berge vermisse ich am meisten. Die Berge und den Lugu-See. Wir haben sogar einen heiligen Berg: Gamu, die Berggöttin.»
    «Ihr verehrt einen Berg?»
    «Wir sind tolerant, auch in der Religion. Unsere alten Götter verstehen sich prächtig mit dem Buddhismus. Wir lieben diese Geschichten. Gamu war eine junge, lebenslustige Göttin mit vielen Liebhabern. Einer begehrte sie besonders: Azhapula. Azhapula konnte es nicht ertragen, Gamu mit anderen Männern zu sehen, deshalb drohte er immer wieder, sie zu verlassen. Eines Nachts war es so weit, Azhapula stieg auf sein Pferd und ritt davon. Aber Gamu wollte ihn nicht ziehen lassen, sie folgte ihm und hielt ihn am Mantel fest. Bis zum frühen Morgen kämpften die beiden miteinander, da verwandelte das erste Licht der Sonne sie in Berge. Das soll die Mosuo-Männer ermahnen, noch vor Sonnenaufgang das Haus ihrer Geliebten zu verlassen.»
    «Womit wir wieder beim Thema wären», sagte Bastian. «Laufen alle eure Geschichten darauf hinaus, dass Männer und Frauen nicht zusammenleben dürfen?»
    Yasi zog ihre Hand zurück. «Dafür gibt es bei uns keine Kripo, Herr Kriminaloberkommissar. Und weißt du auch warum? Weil es bei uns keine Morde gibt. Schon gar nicht aus Eifersucht.»
    Bastian setzte den Blinker und bog vor Schöppingen von der Landstraße ab. Noch ein paar hundert Meter bis zum Ortsanfang von Horstmar. Den ersten Teil der Fahrt hatte Bastian damit verbracht, Yasi über die aktuellen Entwicklungen im Polizeipräsidium zu informieren. Die Nachricht, dass Mergentheims vermeintlicher Selbstmord sich nun doch als Mord entpuppt hatte, war der Auslöser für hektische Beratungen gewesen. Schließlich entschieden sich die Chefs gegen eine Neubelebung der alten Mordkommission, sondern erweiterten den Auftrag der MK Baumberge, wie die Untersuchung des Weigold-Doppelmords offiziell hieß, um den Fall Mergentheim. Zumindest so lange, bis man einen Zusammenhang zwischen beiden Mordfällen ausschließen konnte. Gleichzeitig forderte Fahlen ein Spezialeinsatzkommando an, das Annika Busch festnehmen sollte. Im Studentenwohnheim war sie jedoch seit Tagen nicht mehr gesehen worden, und so stürmte das SEK gegen Abend ein leeres Apartment, aus dem sämtliche persönlichen Gegenstände entfernt worden waren. Keiner ihrer Flurnachbarn hatte eine Ahnung, wohin Busch gegangen sein und was sie möglicherweise vorhaben könnte. Ebenso negativ verliefen die Nachfragen an der Uni. Hier stellte sich heraus, dass das Studium der

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