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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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zusätzlichem Sauerstoff versorgt wurde. Ansonsten sah sie müde aus. Müde und verwirrt.
    «Hallo, Hilde», sagte Bastian und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. «Wie geht es dir?»
    «Es ging mir schon mal besser.» Ihre Stimme klang angegriffen.
    «Das glaube ich. Aber jetzt kannst du dich ja ausruhen.»
    «Wenn das so einfach wäre.» Sie wurde leiser. «Du musst mir helfen, Sebastian.»
    «Wobei denn?»
    «Ich will hier raus. Aber die lassen mich nicht.»
    «Hilde.» Er strich ihr über die Hand. «Du bist viel zu schwach. Du kannst erst gehen, wenn du wieder gesund bist.»
    «Aber ich muss doch aufräumen.» Sie wischte über die Bettdecke, hin und her, immer wieder. «Zu Hause sieht es bestimmt schrecklich aus. Die ganze Unordnung, der Dreck. Wo ist das Feuer überhaupt hergekommen, Sebastian?»
    «Es war ein Unglück, Hilde.»
    «Wie meinst du das?»
    «Du hast den Herd nicht ausgestellt. Und dann etwas Brennbares auf die Platten gelegt.»
    «Nein, nein, das kann nicht sein. Ich schalte den Herd immer aus.» Die Hand wischte über die Decke. «Es soll wieder so aussehen wie vorher, verstehst du. Wenn ich alles sauber mache, dann …»
    Sollte er sie schonen? Die bittere Erkenntnis, dass es kein Zurück gab, auf später verschieben? Nein, die Zeit der Täuschungen war vorbei, je eher sie die Wahrheit akzeptierte, desto besser.
    «Du gehst nicht nach Hause, Mutter. Nie mehr.»
    Sie schaute ihn mit großen Augen an.
Mutter
sagte er nur selten und nie in angenehmen Situationen. «Was redest du da, Sebastian?»
    «Das Haus ist nicht mehr bewohnbar, es muss abgerissen werden.»
    «Unsinn. Ich brauche nur ein bisschen Hilfe, dann …»
    «Nein. Du wirst weder in dem Haus in Horstmar noch in einer anderen Wohnung leben. Jedenfalls nicht allein. Du kannst nicht mehr für dich selbst sorgen, das wäre zu gefährlich. Du brauchst Leute, die sich Tag und Nacht um dich kümmern.»
    Ihr Mund verkrampfte sich, aus den Augenwinkeln liefen kleine Rinnsale über die rissige Haut. «Du bist genauso wie Mia. Ihr habt euch beide gegen mich verschworen.»
    Es fiel ihm schwer, hart zu bleiben, aber in diesem Punkt konnte es keinen Kompromiss geben. Hilde würde es einsehen, wenn nicht in einigen Wochen, dann in einigen Monaten.
    «Du hättest letzte Nacht ums Leben kommen können. Und wer wäre dafür verantwortlich gewesen? Mia und ich. Weil wir wussten, wie es um dich steht.»
    «Unsinn.»
    «Und stell dir mal vor, das Feuer wäre auf die Nachbarhäuser übergesprungen. In deiner Verfassung bist du nicht nur eine Gefahr für dich selbst, sondern auch für andere.»
    Hilde sagte nichts mehr. Sie starrte trotzig auf die Wand, wie ein Kind, das sich von den Eltern ungerecht behandelt fühlt. Bastian spürte die Blicke der beiden anderen Frauen im Zimmer. Wahrscheinlich verachteten sie ihn für das, was er sagte. Beinahe tat er es ja selbst.
    «Wir werden ein schönes neues Zuhause für dich suchen», redete er weiter. «Du wirst sehen, es ist nicht so schlimm, wie du denkst.» Hoffentlich, fügte er in Gedanken hinzu.
    Hilde sagte noch immer nichts. Und das blieb auch in den nächsten zehn Minuten so. Länger hielt Bastian es nicht aus.
    |||||
    Und da er gerade dabei war, konnte er gleich noch die nächste Schuld auf sich nehmen. Von der Uni-Klinik fuhr er zum Präsidium, ging aber nicht durch den Vordereingang, wo der Pförtner ihn gesehen hätte, sondern um das Gebäude herum zum Innenhof. Ein paar Kollegen standen vor der Tür und rauchten. Bastian wartete, bis sie ihre Kippen ausgedrückt und sich wieder hineinbegeben hatten, dann zog er seinen Dienstausweis durch das Kartenschloss, drückte die Tür auf und wandte sich nach rechts. Im Überwachungsraum vor den Arrestzellen befand sich nur ein einziger Uniformierter. Bastian kannte ihn vom Sehen, irgendwas mit M, Matthias oder Martin.
    M. grinste ihn freundlich an. «He, ich dachte, du hast ein langes Wochenende. Habe ich jedenfalls gehört.»
    «Tja, das dachte ich auch.» Bastian grinste zurück. «Aber du kennst das ja: zu viel Arbeit, zu wenig Leute.»
    «Wem sagst du das?» M. drehte sich zu den Monitoren um, auf denen er sehen konnte, was sich in den Arrestzellen abspielte. «Obwohl heute nicht viel los ist.»
    Bis auf einen waren alle Monitore schwarz, die dazugehörigen Zellen leer. Der letzte Monitor zeigte das Bild, das Bastian befürchtet hatte: Yasi hockte mit hängenden Schultern auf der einzigen Sitzgelegenheit im ansonsten kargen Raum, einer harten

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