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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Veeteren. »Ich war vor einer Stunde bei ihm. Er wird es schaffen, aber sie haben ihm eine Niere entfernen müssen. Und er wird sicher ein paar Monate nicht arbeiten können ... Vielleicht ist das genau das, was er braucht. Ziemlich dumm, in dieser Form allein vorzugehen.«
    Ulrike Fremdli nickte.
    »Er war erschöpft«, fuhr Van Veeteren fort. »Das behauptet jedenfalls Synn, seine Frau. Sie war mit den Kindern da. Inspektor Moreno übrigens auch ... ja, ja, nur ein Glück, dass wir aufgetaucht sind, er hätte es nicht mehr lange gemacht, so wie er dalag.«
    »Und dieser Traum?«, insistierte Ulrike Fremdli.
    Van Veeteren antwortete nicht, stattdessen blätterte er ein paar Seiten in dem Buch zurück, das er zuvor gelesen hatte.
    »Es gibt mehr Dinge Zwischen Himmel und Erde, Horatio, als die Philosophie sich erträumt« , zitierte er. »Hamlet. Hübsche kleine Ausgabe. 1836 in Oxford gedruckt. Habe ich grade reingekriegt.«
    Er hielt das Buch hoch.
    »Ich dachte, Macbeth wäre angesagt?«, fragte Ulrike Fremdli verwundert.
    Van Veeteren stand auf und schob das Buch in einen Bücherschrank mit Glastüren.
    »Spielt keine Rolle«, sagte er. »Jedenfalls ist es was mit Shakespeare. Ich glaube, er hat im Großen und Ganzen alles gesagt, was gesagt werden muss. Irgendwie deckt er alles ab ...
er hätte übrigens bestimmt auch was aus dieser Familie Leverkuhn machen können.«
    »Was meinst du damit?«
    »Na, schau’s dir doch an. Der Vater begeht Inzest mit seinen beiden Töchtern ... die eine wird wahnsinnig, die andere lesbisch. Der Sohn ermordet seinen Vater und sticht einen Polizisten nieder. Die Mutter nimmt alle Schuld auf sich, ersticht eine Zeugin und erhängt sich. Guter Tragödienstoff, oder was meinst du?«
    Ulrike starrte ihn ungläubig an.
    »Ist das die Quintessenz?«, fragte sie dann. »Dieses Falles?«
    »Kurz zusammengefasst, ja«, sagte Van Veeteren. »Und dabei muss man bedenken, dass diese Familie vor drei Monaten noch als ganz normal angesehen wurde ... bevor jemand den Deckel angehoben hat, sozusagen.«
    Ulrike Fremdli dachte eine Weile darüber nach.
    »Wie hältst du das aus?«, fragte sie dann.
    »Ich halte das nicht aus«, widersprach Van Veeteren. »Ich arbeite im Buchhandel.«
    Sie nickte.
    »Das ist mir gesagt worden. Aber du mischst dich ein?«
    »Ich werde reingezogen«, erklärte Van Veeteren. »Das ist der Unterschied. Tja, und was jetzt noch fehlt ...«
    »... ist das Essen«, beendete Ulrike Fremdli den Satz. »Ich habe bis zwei Uhr frei. Kommst du?«
    »Natürlich«, sagte Van Veeteren und streckte seine Arme hoch in die Luft. Richtete vorsichtig seinen Rücken und schaute plötzlich besorgt drein.
    »Was ist denn mit dir los?«
    Van Veeteren räusperte sich.
    »Ach nichts. Ich muss mich nur wundern.«
    »Dich wundern?«
    »Ob Tragödien wirklich so aussehen. Wenn das Leben nun ein Roman oder ein Theaterstück ist, wie manche behaupten, dann ist es doch gar nicht so schwer, ein Kapitel oder einen Akt zu schreiben ... was meinst du?«

    »Ich verstehe nicht, wovon du redest«, sagte Ulrike Fremdli. »Ich habe Hunger.«
    Er nahm ihre Hand und tätschelte sie etwas unbeholfen.
    »Entschuldige«, sagte er. »Manchmal fällt es mir etwas schwer, meine Gedanken zu steuern. Lass uns gehen.«

42
    Elaine Vorgus starrte zunächst auf die Tarotkarten, dann auf ihre Geliebte.
    »Das ist ja sonderbar«, sagte sie. »Ich glaube, das ist mir noch nie passiert. Alle sechzehn Karten liegen auf dem Kopf, nein, so etwas habe ich noch nie erlebt ... Da müsste ich direkt mal in den Büchern nachgucken.«
    »Was bedeutet das?«, fragte Ruth Leverkuhn und nippte am Wein, während sie sich gleichzeitig über den Tisch vorbeugte und ihrer Freundin über deren nackten Arm strich. »Was bedeutet es, wenn sie falsch rum liegen?«
    Es war nicht das erste Mal, dass sie so zusammen saßen, und auch wenn es Ruths Schicksal war, das da vor ihnen lag, so wusste diese, dass es eigentlich ihrer Freundin mehr bedeutete als ihr selbst. Elaine erwiderte ihr Streicheln und schaute von den Karten auf.
    »Es bedeutet dann genau das Gegenteil«, sagte sie. »Reichtum bedeutet Armut, Stärke wird zu Schwäche, Liebe zu Hass ... was anderes ist es nicht. Aber alle sechzehn Karten, das muss noch etwas ganz Besonderes sein. Als ob ...«
    »Als ob was?«, fragte Ruth Leverkuhn.
    »Als ob es eigentlich jemand anderen als dich selbst betrifft beispielsweise. Als ob dein ganzes Ich irgendwie auf dem Kopf steht ... aber

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