Mürrische Monster
seid wie eine Schafherde, die auf die Hinrichtung wartet!« Richie runzelte die Stirn und überlegte angestrengt, dann rannte er los.
Gleich darauf kehrte er mit dem Schlangenstab in der Hand zurück und trieb wie ein böser Schäfer die ganze Dämonenherde zum Fenster hinaus.
Unten schlich Nate in die Küche. Calamitous war dort – oder vielmehr das Geschöpf, das sich als Calamitous gezeigt hatte. Es verschlang gerade den großen Herd. Nate zuckte zusammen. Es war ein grauenvoller Anblick. Der Herd hing aus dem riesigen Maul des Ungeheuers, zitternd und unter metallischem Rasseln, und stieß Rauch aus, als würde er Blut spucken. Calamitous genoss seine letzten Zuckungen und verleibte ihn sich Stück für Stück ein, wie eine Schlange, die mit ausgehängtem Kiefer eine übergroße Beute hinunterwürgt. Die Regungen des Herds wurden schwächer, das Chaos in ihm verebbte zu einem schwachen Schaudern, und schließlich endete auch das. Der Herd war tot.
Der Dämonenfresser blickte in Nates Richtung und stieß einen dampfenden Rülpser aus, dann wuchtete er den aufgeblähten Leib auf seine schleimigen Stummelbeine.
Nate wurde klar, dass er noch gar nicht darüber nachgedacht hatte, wie er eigentlich vorgehen wollte, und er wünschte sich, wenigstens den Schlangenstab bei sich zu haben. Er machte kehrt und warf die Küchentür hinter sich zu. Aber sie sprang aus den Angeln und ergriff mit wellenförmigen Bewegungen die Flucht wie ein über zwei Meter langer Plattfisch. Calamitous stürzte hinterher und schaufelte sich nebenbei einen ranzigen Gestank, einen löchrigen Krug und mehrere andere kleine Dämonen in den Rachen.
Nate stürmte die Treppe hinauf, und das Ungeheuer kletterte direkt hinter ihm senkrecht an der Wand hoch, indem es sich daran festsaugte wie eine Raupe. Nate erkannte, dass ihn der Dämonenfresser einholen würde, bevor er das Ende des Flurs erreichte. In seiner Verzweiflung stieß er im Vorbeilaufen die Gießkanne um, so dass das Wasser über die leblose bräunliche Pflanze im Flur schwappte. Augenblicklich wurde sie leuchtend grün und überwucherte den Flur mit einem undurchdringlichen Dickicht.
Calamitous begann, sich durch den saftigen Leckerbissen zu fressen, aber es kostete ihn einige Zeit, so dass Nate unversehrt den zweiten Stock erreichte und in ein Schlafzimmer stürmte, wo sein Lehrling Richie mit einer Horde angstschlotternder Dämonen in einer Ecke kauerte.
«Wir haben nur noch ganz wenig Zeit, bis er sich durch die Pflanze gefressen hat«, sagte Nate.
»Das hier sind die letzten Dämonen aus den unteren Stockwerken«, sagte Richie. «Sie trauen sich nicht, aus dem Fenster zu springen.«
»Wo sind die übrigen?«, fragte Nate.
»Ich hab so viele wie möglich nach draußen bugsiert.« Richie senkte den Blick. »Aber eine ganze Menge hatte er schon erwischt, bevor ich sie retten konnte.«
»Was ist mit dem TIER?«, fragte Nate.
»Das Biest lass ich nich raus«, schimpfte Richie.
»Verstehe«, sagte Nate, und das tat er wirklich. Das TIER hatte schließlich zwei von Richies Freunden gefressen und beinahe auch ihn selbst und seinen jungen Lehrling. Richie schuldete dem Dämon keinen Gefallen, wenn er zur selben Zeit andere, weniger gefährliche Dämonen in Sicherheit bringen konnte.
»Warst du auf dem Dachboden?«, fragte Nate.
»Mist, nein«, entgegnete Richie.
»Ich gehe rauf.«
»Nate, da lagert massenweise jahrhundertealtes Chaos.«
»Deshalb wird der Dämonenfresser als Nächstes dort hinaufgehen.« Nate wandte sich um und ging los.
»Der Kerl ist zur Hälfte ein Mensch«, sagte Richie und hielt Nate fest. »Nur so konnte er Lilli folgen.«
»Ja«, pflichtete Nate ihm bei. »Aber warum erwähnst du das? Meinst du, wir können ihn zurückverwandeln?«
Ein Brüllen gleich hinter der wuchernden Grünpflanze im Flur erinnerte sie daran, dass das Ungeheuer noch immer frei herumlief.
»Nee«, sagte Richie. «Mach ihn kalt.« Er reichte Nate den Schlangenstab.
»Nimm die Dämonen mit nach unten, und bringt euch draußen in Sicherheit«, sagte Nate.
Richie scharte eine Ansammlung nervös klirrender Stielgläser um sich, des Weiteren ein Buch, das wegen seines zerrissenen Umschlags nicht mehr fliegen konnte, den alten zerbrochenen Besen mit dem Klebeband in der Mitte und zwei angeschlagene Weihnachtskugeln, die nicht aufhören konnten, »Stille Nacht« zu summen.
»Wo soll ich sie draußen hinbringen?«
»Du bringst sie nirgendwohin«, sagte Nate mürrisch. »Wir
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