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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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ist. Formen wie der Radio, der Resultat, der Manko, der Substrat, der Reform, der Ergebnis etc. sind beileibe keine einmaligen Entgleisungen, sondern regelmäßig wiederkehrende mündliche Fehler, die meist sogar einer sofortigen Verbesserung entgehen. Wenn man genau hinhört, begegnet man auch schon mal, besonders im flüchtigen Medien-Talk, Beispielen wie der Theaterstück, der Opium, der Weltall – Formen, die von außen noch wie krasse Fehler aussehen, trotzdem aber nachweislich immer öfter vorkommen. Da der absolut dominiert, ergibt sich hier wieder der Verdacht, dass sich so etwas wie eine generische Verwendung (‹Allzweckartikel›) vorbereitet.
    Oft kann man sogar bei hoch gebildeten Personen des öffentlichen Lebens – Rechtsanwälten, Wirtschaftsleuten, Fachärzten – falsche Artikel hören, häufig mit einem winzigen Denkpausen- gap vor dem Substantiv, also:
    â€“ so ein … Umschuldung; eine weiterreichende … Entschädigungsanspruch; ein ’ unvemeidlichen … Bypass-Debatte führen usw.
    Diese falschen Verwendungen sind zur Zeit vollkommen ‹dunkel› und werden noch ganz unbewusst gebraucht, d.h. man kann eine Bestätigung auf Nachfrage mit Sicherheit nicht erhalten; andererseits sind es aber Symptome, Spuren einer Artikelverwendung, die generell empfindlichen Schwankungen ausgesetzt ist.
    Versucht man hier, eine gewisse Ordnung in das Chaos zu bringen, muss man diese Felder unterscheiden, die sich alle von den geltenden Regeln des Standarddeutschen abheben:
    Es wird ein falscher bestimmter Artikel verwendet: der Membran, die Joghurt, das Kommentar .[ 9 ]
    Der Artikel wird einfach ausgelassen: _ Problem ist nur, dass wir wenig Zeit haben .
    Der bestimmte Artikel kann dort stehen, wo eigentlich ein unbestimmter Artikel stehen müsste oder gar kein Artikel stehen dürfte: Griechenland braucht die Finanzspritze./ Die Mütter haben’s heutzutage auch nicht leicht .
    In Jugendslangs bildet sich in bestimmten Fällen eine Allzweckform heraus: Eine r der wichtigsten Konsequenzen ist die drohende Verwahrlosung.
    Sehen wir uns die wichtigsten Fakten an:
Neue Formen mit und ohne Artikel
    Schon diese allgemeine Lage lässt erwarten, dass der Artikel im Deutschen deutliche Spuren, ja Blessuren des modernen Clash of Languages zeigt. Seltsam wäre es, wenn die gesprochene Landessprache, die zahlreiche Kontakte mit vielen artikellosen Migrantensprachen hat, hier ungeschoren davonkommen würde. (Welches Schicksal hat der französische Artikel im Banlieu von Paris?) Ein deutliches Zeichen ist z.B., dass oft die Adjektive in ihrer bestimmten Form (plus Artikel) und ihrer unbestimmten Form (ohne Artikel) durcheinander gehen:
    a) Ausländischen Jugendliche müssen besser integriert werden. vs.
    b) Die ausländische Jugendlichen müssen besser integriert werden.
    Dies sind Formen, die geschrieben noch gewöhnungsbedürftig anmuten, im gesprochenen Deutsch jedoch jederzeit nachgewiesenwerden können. Aber auch die umgekehrten Formen kann man hören:
    a’) Ausländische Jugendlichen müssen besser integriert werden. vs.
    b’) Die ausländischen Jugendliche müssen besser integriert werden.
    Was allen Varianten gemein ist: Die Kongruenz zwischen Substantiv ( Jugendliche(n) ) und Attribut ( ausländische(n) ) wird unterbrochen und dadurch ein subtiler Kontrast erzeugt zu den alten ‹richtigen› Formen:
    c) richtig: Ausländische Jugendliche müssen besser integriert werden. vs.
    c’) richtig: Die ausländischen Jugendlichen müssen besser integriert werden.
    c und c’ sind die ‹korrekten› Formen des deutschen Standards, die aber im Alltagsgebrauch mehr und mehr unterlaufen werden. Wenn man genau hinhört, kann man feststellen, dass auch die Deutschen ohne Migrationshintergrund die ‹falschen› a)- und b)-Formen gebrauchen – auch wenn dies unbewusst vor sich geht und dieser Gebrauch bei Nachfrage meistens geleugnet wird. Es ist offenbar dasselbe wie beim Artikel selbst: Die determinierten und indeterminierten Formen des Adjektivs werden oft überkreuz gebraucht: ( die ) ausländischen vs. ausländische . Und es wird über die grammatisch ‹vorgeschriebenen› Formen nicht weiter nachgedacht.
    Begleitet wird das Schwanken des Artikelgebrauchs von Entwicklungen, die offenbar im System des Deutschen selbst vor sich gehen (und offenbar auch in

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