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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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die neueste Existenzform des Arabischen). Und diese Variante trägt nun heute oft den Titel ‹modernes Hocharabisch› und ihre Ausprägungen orientieren sich an den modernen Dialekten der großen Städte, etwa Kairo, Amman, Damaskus oder Casablanca. In der Zukunft und unter dem Eindruck der arabischen Revolutionen wird dieses modernisierte Hocharabisch weiter an Bedeutung gewinnen, nicht nur in der arabischen Welt selbst, sondern auch darüber hinaus. Die bedeutendste Variante des Arabischen ist heute das ägyptische Arabisch mit über 50 Millionen Sprechern. Es reicht kulturell am weitesten zurück, dominiert in der modernen Film- und Fernsehindustrie und hat die größte Strahlkraft. Seine Vorbildfunktion im arabischen Raum sollte auch vor dem Hintergrund der politischen Umbrüche kaum unterschätzt werden.
Zur Geschichte: das arabische Europa
    Nach dem Tod des Propheten Mohammed dehnte sich der Islam von seinem Kernland auf der Arabischen Halbinsel immer weiter aus: nach Nordosten in die persischen Länder (heutiger Iran; Irak, Syrien und weitere), nach Westen über das Küstenland Nordafrikas bis auf die Iberische Halbinsel. Der arabische Heerführer MÅ«sā Ibn Ṭāriq überquerte im Jahre 711 die Meerenge von Gibraltar, gründete in Hispanien ein arabisches Reich und nannte es ‹al-Andalus›. «Von da an bis zur endgültigen Rückeroberung im Jahre 1492 (…) war der Islam eine politisch, religiös, sozial und kulturell bestimmende Macht in diesem Teil Europas. (…) Dieser Islam, die maurische Epoche (…) in Hispanien, ist ein Teil der europäischen Geschichte. (…) Córdoba, die glanzvolle Hauptstadt eines unabhängigen Kalifenreiches, war im 10. Jahrhundert die mit weitem Abstand größte Stadt Europas» (Bossong 2011).
    Die arabische Gelehrsamkeit war im ganzen Reich verbreitet. Vom 9.–13. Jahrhundert gab es in Bagdad eine große Akademie, gegründet von dem Kalifen HārÅ«n ar-RashÄ«d. Sie trug den Namen bayt al-ḥikma «Haus der Weisheit». Das ‹Haus› war ein Weltzentrum der Wissenschaft: Mathematik, Astronomie, Chemie, Medizin, Geographie und griechische und indische Philosophie wurden gepflegt und viele große Werke der Antike ins Arabische übersetzt, z.B. von Plato, Aristoteles und Ptolemäus. Zu dieser Zeit war Bagdad, das über eine Million Einwohner hatte, das Zentrum des damaligen Weltwissens. Dies war das Goldene Zeitalter der arabischen Wissenschaften, und ohne diese Vorgeschichte hätte die abendländische Kultur heute vielleicht ein anderes Gesicht. Der irakische Physikprofessor Jim al-Khalili, der in England lehrt, hat das arabische ‹Haus der Weisheit› in faszinierenden Details beschrieben.
Eine kurze Grammatik des Arabischen
    Das Arabische ist eine semitische Sprache und als solche mit dem Hebräischen und dem Aramäischen (‹Jesu Muttersprache›) verwandt. Es ist eine gemäßigt flektierende Sprache, die offiziell drei Kasus hat.
    Der typische Höreindruck des Arabischen wird klar geprägt durch eine Anzahl ‹fremder› Konsonanten. Sie werden in Kehlkopf, Rachen und am hinteren Gaumen gebildet und sind im Deutschen fast alle unbekannt. Sehr charakteristisch ist ein sogenannter ‹Knacklaut›, wie z.B. in ‘_arabÄ«ya ‹arabisch› oder in sā‘_at ‹Stunde›. Er kommt auch im Deutschen vor, z.B. am Wortanfang in _ Achtung oder in der Wortmitte in Spiegel’_ei , ist aber viel schwächer als im Arabischen. Es gibt allein drei verschiedene h -Laute: sab‘ah ‹sieben›, wāḥid ‹eins›, ḫamsah ‹fünf›, sowie tief im Kehlbereich erzeugte Laute wie z.B. in al-qāhira ‹Kairo›. Bei den Vokalen dominiert klar das/a/. Daher die raue, eigentümlich gepresste, von ‹ ach ›-Lauten geprägte, ‹abgehackte› Hörimpression (die ausgiebig für Parodien genutzt wird). Sie macht es relativ leicht, das Arabische auf der Straße zu identifizieren.
    Dazu kommen noch spezielle Laute, die man ‹emphatisch› nennt und die gepresst und mit besonderem Nachdruck gesprochen werden: maá¹£na ‘ ‹Fabrik›, haá¹­Ä«r ‹gefährlich›, min faḍlik ‹bitte›, funduq ‹Hotel›. Auch das l in Allah ‹Gott› ist ein emphatischer Laut. Sie alle kann man ruhig

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