Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert
gibt es in vielen Migrantensprachen, z.B. albanisch ka / sâka â¹ es gibt/es gibt nicht ⺠(Abschnitt 20). Nützlich ist für eine passende Einschätzung dieser Dinge immer die Geographie, das Areal als Ganzes im Auge zu behalten: Das â¹europäische⺠HABEN-Areal bildet den Kern in Zentraleuropa, das â¹uneuropäische⺠SEIN/ES-GIBT-Areal die Peripherie.[ 7 ] Das heiÃt, dass die groÃen europäischen â¹Kultursprachen⺠HABEN-Sprachen sind, Sprachen am Rande eher SEIN-Sprachen. Wenn beide zusammenstoÃen, wie beim deutsch-türkischen Sprachkontakt, sind in jedem Fall Verwerfungen oder Kompromiss-Strukturen gröÃerer Art zu erwarten, zumal HABEN-Sprecher ihre Welt prinzipiell anders wahrnehmen und codieren als SEIN-Sprecher (Weinrich 2012).
Der türkische Wortschatz
Das Deutsche hat mittlerweile 158 türkische Wörter â eigentlich erstaunlich wenig angesichts von 50 Jahren Migration (Best 2005). In der ersten Reihe stehen natürlich türkische Spezialitäten, die hier seinerzeit unbekannt waren und deren Namen nach 1960 zusammen mit den Sachen eingewandert sind: Raki â¹Schnapsâº, Hamam â¹Badâº, der unvermeidliche Döner, Baklava â¹SüÃspeiseâº, Ayran â¹Buttermilchâº, Kebab â¹FleischspieÃâº. Weniger bekannt ist, dass auch Sultan, Joghurt, Kiosk, Kaffee, Horde, Hurra oder Heck-Meck vor Zeiten über das Türkische ins Deutsche gelangten. Immer mehr halten auch neue Fremdwörter wie Koran, Imam, Minarett, Allah Einzug in die deutsche Umgangssprache und ins Allgemeinwissen der Talkshows. Und Orientalisten und Historiker hantieren heute in den Medien mit islamischen Spezialausdrücken wie Janitscharen â¹Art Jungsoldatâº, Millet â¹Nationâº, Raya â¹nichtmuslimisches Volkâº, Muezzin â¹Gebetsausruferâº. Zur «visuellen Mehrsprachigkeit» (Volker Hinnenkamp) in GroÃstädten gehören auch Schriftzüge wie GÃNLÃK TAZE VEHELÃL ET â¹Täglich frisches und erlaubtes (geschächtetes) Fleischâº, die z.B. in Berlin-Neukölln über vielen StraÃenecken prangen und ihre eigene Wirkung entfalten.
Umgekehrt haben 18 Sprachen im Türkischen ihre Spuren hinterlassen: Es ist also selber mitnichten gefeit gegen fremdsprachliche Einflüsse. Durch die Annahme des Islam gelangten viele arabische Wörter ins Türkische, hauptsächlich aus Ethik, Recht oder Staatswesen, z.B. fikir â¹Ideeâº, hediye â¹Geschenkâº, saat â¹Stundeâº, millet â¹Nationâº, memleket â¹Staatâº. Noch heute kommen häufig arabische Wörter zum Vorschein, wenn man an der Oberfläche vollkommen geläufiger türkischer Wörter des Alltags kratzt: lütfen â¹bitteâº, teÅekkür â¹dankeâº, merhaba ! â¹guten Tag!âº, taze â¹frischâº, aile â¹Familieâº, ja sogar Wörter wie minare â¹Minarett⺠haben arabische Wurzeln (was keinem Türken wirklich bewusst ist). Allerweltswörter wie Åehir â¹Stadt⺠oder meydan â¹Platz⺠sind dagegen aus dem Persischen übernommen.
Durch die Beziehungen des Osmanischen Reiches und den Kulturaustausch kamen viele technische und militärische Begriffe aus dem Französischen ins Türkische wie lüks â¹Luxusâº, pantolon â¹Hoseâº, kuaför â¹Friseurâº, kamyon â¹Lastwagenâº, integrasyon . Und es gibt sogar eine Handvoll deutsche Wörter, die türkisch so klingen: Åalter, Åinitsel, otoban, ayzberg, erzats oder â ausgerechnet! â haymatloz . Im Laufe der Remigration werden noch viele weitere Wörter aus dem Deutschen ins Türkische einwandern, z.B. über die Zweisprachigkeit TürkischDeutsch. Im sogenannten â¹Deutschland-Türkisch⺠(s. Abschnitt 17) haben schon jetzt Wörter wie çüÅ, hau p schule, otomatisch, notgeil, pfand, ganze-Zeit, urlop , der Typ stress yapmak â¹stressenâº, nerven yapmak , dann Föhn, Bauch, Jungfrau und Hunderte anderer ihren festen Platz. Ein Teil von ihnen erreicht sicher auch das Türkeitürkische von Istanbul oder Ankara.
Shining a light on: Migrantensprache Türkisch
Türkisch und Deutsch liegen maximal auseinander â im Sprachtyp und in der Grammatik. Das türkische Sprachgefühl und Sprachwissen ist strukturell anders als das Deutsche. Das war nicht anders zu erwarten. Dies
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