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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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sollte man aber auch im Kopf haben, wenn man daran geht, das türkische Migrantendeutsch und den Einfluss auf das Deutsche zu untersuchen. Viele sehr häufigeMini-Stukturen (wie z.B. HABEN) können nicht 1:1 umgesetzt werden und müssen charakteristische Spuren hinterlassen: Der Clash zwischen Türkisch und Deutsch ist strukturell und typologisch maximal (vom Wortschatz zu schweigen), was Strukturen schnell aufbricht und den Sprachwandel beschleunigt.
    Türkisch ist aber die bedeutendste Migrantensprache und steht sozusagen musterhaft für Sprachmischung und Mischsprachen in Deutschland. Mit Fug und Recht kann man von einer beginnenden Symbiose zwischen Türkisch und Deutsch sprechen – das spiegelt die Sprachsituation in hundert Facetten wieder (Dirim/Auer 2004). Wir haben ein weites abgestuftes Spektrum der Zweisprachigkeit, das wir unten näher unter die Lupe nehmen (Abschnitt 17): Es umfasst Gastarbeiterdeutsch, Slangs mit Codeswitching, das Deutsch der «Europatürken» und der «Unmündigen» sowie das sogenannte Kiezdeutsch.
    Halten wir fest:
    Als Sprache des agglutinierenden Typs hat das Türkische ein viel schwächeres Kasusbewusstsein als flektierende Sprachen wie das Deutsche. Es kennt keine Übereinstimmung zwischen zusammengehörigen Satzteilen und keine Präpositionen. Das Bindeglied (‹Kopula›) zwischen Subjekt und Prädikat (deutsch IST) hat im Türkischen viel weniger Bedeutung als im Deutschen; es fällt oft sogar ganz weg. Der enge Sprachkontakt und die weit verbreitete Zweisprachigkeit müssen erheblichen Anteil haben an der Veränderung von deutschen Sprachstrukturen.

6. PORTRAIT ARABISCH
    Fokus. Semitische Sprache. Weltsprache mit langer Tradition, großer Symbolkraft und Auffächerung auf viele Staaten. Lange Traditionen in Andalusien. Heute bedeutende Migrantensprache Europas und Deutschlands. Große Kluft zwischen der geschriebenen Hochsprache und den gesprochenen Volkssprachen (‹Diglossie›). Konsonantische Wurzeln und Konsonantenschrift. Gehört eher zu den flektierenden Sprachen: hat ausgeprägte Wurzelflexion und einige exotische Züge. Wachsende zukünftige Bedeutung in Afrika, Europa und Deutschland.
    Ein kurzer arabischer Text (1001 Nacht)

    Ãœbersetzung:
    Es war einmal zur Zeit des Kalifen, des Beherrschers der Gläubigen HārÅ«n ar-RaschÄ«d, da gab es in der Stadt Baghdād einen Mann, den man Sindbād den Lastträger nannte. Er war ein Mann von armem Stand, der für Lohn Lasten auf dem Kopf trug.
    Quelle: Bossong (2004)
Verbreitung und Bedeutung
    Das Arabische erstreckt sich heute über eine riesige nordafrikanische Gürtelzone von Agadir in Marokko über Tripolis und Kairo bis zur Arabischen Halbinsel und das Arabische Meer im Osten. Es wird von nahezu 320 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen und von noch einmal 80 Millionen als Zweitsprache. Das Verbreitungsgebiet ist aber heute noch größer. Arabisch wird gesprochen in diesen Staaten (alphabetisch): Ägypten, Algerien, Bahrain, Dschibuti, Eritrea, Irak, Israel, Jemen, Jordanien, Katar, Kuwait, Libanon, Libyen, Mali, Marokko, Mauretanien, Nigeria, Oman, Palästinensische Autonomiegebiete, Saudi-Arabien, Sudan, Südsudan, Syrien, Tansania, Tschad, Tunesien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate. In Tansania, Gambia, Äthiopien und der Türkei ist es eine anerkannte Minderheitensprache und genießt ein hohes Prestige. Maltesisch auf Malta (350.000 Sprecher) ist aus einem arabischen Dialekt hervorgegangen und das einzige Arabisch, das mit der lateinischen Schrift geschrieben wird.
    Große arabische Gemeinden in Europa gibt es in Frankreich (1,5 Millionen; hauptsächlich aus Algerien und Marokko) und inDeutschland. Hier leben heute etwa 500.000 Menschen mit arabischem Hintergrund. Die ersten Plätze der Herkunftsländer nehmen Irak, Marokko, Libanon, Syrien und Tunesien ein. Ein markanter Teil der Araber ist türkisch-kurdischer Herkunft und stammt ursprünglich aus Mardin, einer Provinz in der Türkei. Die ‹Mhallami› sprechen einen arabischen Dialekt. Dieser Dialekt («Qultu») basiert auf dem Hocharabischen und nahm in immer stärkerem Maß kurdische Elemente auf. Über 40.000 von ihnen, die sich selbst als Araber definieren, kamen nach dem Libanonkrieg 1982 über Beirut als Asylbewerber nach Europa, Deutschland und Berlin.
    Die Araber nennen ihre

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