Mum@work: Roman
Forderungen der Software Slaves?«
»Herr DeLuxe, wann schalten Sie Mum@Work ab?«
Randolph besticht wieder einmal durch seine Coolness, die ich -würde ich selbst noch als Journalistin arbeiten - sicher als die widerlichste Arroganz überhaupt empfunden hätte. Aber nun habe ich ja, schändlich, schändlich, die Seiten gewechselt und muss ihn wohl cool finden. Auf jeden Fall würdigt er die Journalisten keines Blickes, die nun versuchen, mit ihm und seinem Managertross zusammen in unser Haus einzudringen. Ein regelrechter Überfall. Doch die Leibwächter schaffen es, die Presse auf Abstand zu halten, und irgendwann ist unsere Haustür zu. Offenbar sind alle Manager drin.
Randolph demonstriert mit seinem Äußeren mal wieder Mut und Moderesistenz, was mir wirklich sehr imponiert. Diesmal hat er sich füreinen pinkfarbenen Anzug aus glänzender Seide entschieden (»rosa-glitzer«, Meiki wird begeistert sein!), der perfekt durch eine kleine rosa Schleife im Cordula-Look für seinen Minipferdeschwanz ergänzt wird. Seine sonst immer tiefschwarze, quadratische Sonnenbrille hat er angesichts der fortgeschrittenen Stunde und des ohnehin akut herrschenden Sonnenmangels im Dezember und des bevorstehenden Weihnachtsfestes gegen ein hellgelbes Modell getauscht - in Sternchenform. Vermutlich hat ihm das Elton John geschenkt, verkauft, geliehen, wer weiß?
»Das ist schlimmer als >Sales<«, meldet sich nun Trish zu Wort, deren Outfit etwas unter der Presse und der für sie etwas geringeren Aufmerksamkeit der Bodyguards gelitten hat. »Wie sagt man - Winterschlussverkauf - diese Journalisten, so brutal.« Trishs auf doppeltes Volumen toupierte Haare sind etwas mehr zerzaust, als es die gängige Mode will, und eiligst zupft sie ihren schwarzen Hosenanzug im Condoleezza-Rice-Stil zurecht. Einer der goldenen Knöpfe fehlt, und zwar jener direkt auf dem Busen. Es muss ein wahrer Nahkampf gewesen sein vor unserer Haustür.
Nach Randolph, Trish und den Bodyguards folgen noch ein paar Hilfsmanager und -managerinnen aus Hamburg und Chicago, die leicht an ihren konventionellen Dreiteilern und Kostümen, dicken Aktentaschen und unterwürfigen Gesten zu erkennen sind. Die meisten sind Ende zwanzig, also auf dem Sprung zu einer großen Karriere. Ich habe sie alle schon ein paarmal gesehen - in der Zentrale an der Alster oder bei den Videokonferenzen.
Nur einen von ihnen kenne ich nicht. Und der ist irgendwie anders. Er ist fast sechzig, völlig kahl, ziemlich klein und bringt mindestens vier Zentner auf die Waage. Irgendwie quadratisch: breit wie hoch. Wer ist das denn? Den hab ich ja noch nie gesehen. Viel zu alt für einen Hilfsmanager.
»Hallo, Germania! Wie geht es?«, sagt er zu mir. Kennen wir uns?
»Äh ... guten Tag, herzlich willkommen.«
»Warum so förmlich? Sonst verstehen wir uns doch recht gut.«
Der Kahlkopf hält mir seine fleischige, rote Hand entgegen.
»Kommen Sie doch erst einmal rein«, sage ich, schüttele die Hand so lange wie möglich, um Zeit zu gewinnen. Wovon redet er um Himmels willen?
»Sie? Wir haben uns aber durchaus schon einmal geduzt.« Auch das noch.
»Ich bin Fred, you remember?«
Fred? Mein virtueller Smiley-Lover? Mein Klinsmann?
»O ja, natürlich. Hallo.«
»Sub-Head of Global Communications. Wir arbeiten viel zusammen. Per Messenger. Remember?«
»Nein, ich meine, ja! Wie nett, dich persönlich kennen zu lernen.« »So, dann will ich mal das berühmte Home-Office sehen.« »Ja, geh doch einfach schon mal rein.«
Ich lehne mich an die Haustür und besinne mich auf meine Atemübungen, die ich im Geburtsvorbereitungskurs gelernt habe. Zweimal tief einatmen, viermal ausatmen, mit dem Bauch, und bitte ganz entspannt.
Okay, auf in die Schlacht.
»Nehmt doch Platz«, sage ich im Wohnzimmer und dirigiere die Creme der Wall Street an unseren Esstisch - der erfreulicherweise noch immer frei von Puzzleteilen, Papierschnipseln und Popcornresten ist, mit deren Bekämpfung ich den halben Nachmittag beschäftigt war.
Unser Wohn- und Esszimmer sieht zwar aus wie ein Wohn- und Esszimmer, aber für eine Krisensitzung muss es reichen. Besser, als vor der Zentrale mit faulen Eiern und Farbbeuteln beworfen zu werden, ist der Empfang hier sicherlich.
»Oh, ist das unseres kleines Prinzesschen?« Trish stürmt auf Mareike zu, die von den Herren unbemerkt an der Wand am Treppenaufgang lehnt. Und keine Regung zeigt.
»Wir kennen uns doch! Hello! Wie geht es dir?«
Noch immer keine Reaktion. Mareike
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