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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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heran: Wenn man viel Zeit im gleichen Zimmer verbrachte wie Christine, mußte man irgendwann die Tür öffnen, um nicht in Interpunktion zu ersticken.
    Aus der Finsternis jenseits der Bühne, verborgen und unbemerkt, sah ihr jemand nach.
     
    Meistens freuten sich die Leute, wenn ihnen Nanny Ogg Gesellschaft leistete. Sie sorgte dafür, daß sie sich in ihrem eigenen Heim wie zu Hause fühlten.
    Aber Nanny war auch eine Hexe, und deshalb traf sie häufig dann ein, wenn ein Kuchen gebacken oder Würstchen gebraten wurden. Normalerweise reiste sie mit einem Einkaufsnetz, das im einen Bein ihres knielangen Schlüpfers steckte… für den Fall, daß ihr jemand etwas geben wollte, wie sie sich ausdrückte.
    »Nun, Frau Nitt…«, sagte sie nach dem dritten Stück Kuchen und der vierten Tasse Tee. »Wie geht es deiner Tochter? Ich meine Agnes.«
    »Oh, weißt du denn nichts davon, Frau Ogg? Sie ist nach Ankh-Morpork gefahren, um dort Sängerin zu werden.«
    Nanny Ogg versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
    »Wie schön«, erwiderte sie. »Agnes hat eine gute Singstimme, wenn ich mich recht entsinne. Ich habe sie im Wald singen hören und ihr den einen oder anderen Tip gegeben.«
    »Das macht die hiesige Luft«, meinte Frau Nitt. »Agnes hatte nie Probleme mit der Brust.«
    »Ja. Das… äh… sieht man ihr an. Sie ist also nicht hier?«
    »Du kennst ja unsere Agnes. Sie sagt nicht viel. Ich glaube, sie fand das Leben hier ein wenig langweilig.«
    »Langweilig?« wiederholte Nanny Ogg. »Lancre?«
    »Das habe ich ebenfalls gesagt«, entgegnete Frau Nitt. »Man denke nur an die hübschen Sonnenuntergänge. Und an den Jahrmarkt jeden Seelenkuchendienstag.«
    Nanny Ogg dachte an Agnes Nitt. Man benötigte ziemlich große Gedanken, damit Agnes ganz hineinpaßte.
    Lancre hatte immer starke, tüchtige Frauen hervorgebracht. Ein Bauer in Lancre brauchte eine Frau, die mit ihrer Schürze einen Wolf erschlagen konnte, wenn sie nach draußen ging, um Feuerholz zu holen. Küsse mochten zu Beginn reizvoller sein als die Kochkunst, aber wenn ein junger Mann in Lancre nach einer Braut suchte, so tat er gut daran, die weisen Worte seines Vaters zu berücksichtigen: Küsse verlieren im Lauf der Zeit die Glut der Leidenschaft, aber das Kochen wird immer besser. Deshalb hielten kluge junge Männer bei jenen Familien, die deutlich zu erkennen gaben, daß sie ihre Mahlzeiten genossen, nach potentiellen Ehefrauen Ausschau.
    Eigentlich war Agnes recht attraktiv, auf eine umfangreiche Art und Weise. Nach den Maßstäben von Lancre war sie eine Frau, die sich bestens dafür eignete, Bäuerin zu werden. Es blieb sogar noch genug Material für zwei weitere Frauen übrig.
    Außerdem, so erinnerte sich Nanny, war Agnes nachdenklich und scheu, als wäre sie bestrebt, weniger Raum in der Welt zu beanspruchen.
    Aber sie hatte Talent gezeigt. Eigentlich kein Wunder. Das Gefühl, keinen rechten Platz zu finden, stimulierte die alten magischen Nerven – deshalb war Esme so gut im Hexen. Agnes verleitete es dazu, lächerliche schwarze Spitzenhandschuhe zu tragen, sich mit viel heller Schminke ein blasses Erscheinungsbild zu geben und eine Initiale vom Hintern des Alphabets zu wählen. Bisher hatte Nanny angenommen, dieser Unsinn würde aufhören, sobald Agnes ernsthafte Magie unter ihren ziemlich strammen Gürtel bekam.
    Sie hätte der Sache mit der Musik mehr Aufmerksamkeit schenken sollen. Manchmal schlug die Macht seltsame Wege ein, um sich zu entfalten…
    Musik und Magie hatten viel gemeinsam. Beide Wörter begannen mit M. Und das eine schloß das andere aus.
    Mist. Nanny hatte ihre ganzen Hoffnungen auf Agnes gesetzt.
    »Sie hat sich Musik aus Ankh-Morpork kommen lassen«, sagte Frau Nitt. »Hier, sieh nur.«
    Sie reichte Nanny mehrere Stapel Papier.
    Nanny Ogg blätterte. Auch in den Spitzhornbergen waren Lieder niedergeschrieben worden, und in der Taverne zu singen galt als drittbester Zeitvertreib an einem langen, dunklen Abend. Doch Nanny sah auf den ersten Blick, daß es sich in diesem Fall nicht um gewöhnliche Musik handelte. Die einzelnen Töne drängten sich viel zu sehr zusammen.
    »Cosi fan Hita«, las sie. »Die Meistersänger von Skrote.«
    »Das ist ausländisch«, verkündete Frau Nitt stolz.
    »Kein Zweifel«, bestätigte Nanny.
    Frau Nitt bedachte sie mit einem hoffnungsvollen Blick.
    »Was ist denn?« fragte Nanny. Kurz darauf sagte sie: »Oh.«
    Frau Nitts Blick huschte kurz zur leeren Teetasse und kehrte dann

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