Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Frau?« fragte der Mann mit quiekender Stimme. »Ich erinnere mich gar nicht, wann ich zum letztenmal Schweinefleisch gegessen habe. Oh, meine Güte…«
    Er schnitt eine Grimasse, als hätte er etwas Falsches gesagt. Dann entspannte er sich wieder.
    »Ich kann dir auch eine Flasche Bier anbieten«, fügte Nanny hinzu. Anderen Leuten beim Essen zuzusehen… Daran fand sie fast ebenso großen Gefallen wie daran, selbst zu essen.
    »Bier?« wiederholte der Mann. »Bier? Man läßt mich einfach kein Bier trinken. Angeblich läßt es sich nicht mit der richtigen Atmosphäre vereinbaren. Ich würde alles für ein Glas Bier geben…«
    »Ein Dankeschön genügt«, sagte Nanny und erfüllte ihm seinen Wunsch.
    »Wen meintest du eben mit ›man‹?« erkundigte sich Oma Wetterwachs.
    »Eigentlich ist es meine Schuld«, antwortete der Mann, während er mit offensichtlichem Genuß die Schweinefleischpastete verspeiste. »Hab mir von der eigenen Rolle Fesseln anlegen lassen…«
    Die Geräusche draußen veränderten sich. Die Lichter eines Ortes strichen an der langsamer werdenden Kutsche vorbei.
    Der große Mann stopfte sich den Rest Pastete in den Mund und spülte alles mit Bier hinunter.
    »Ooh, wundervoll«, sagte er. Dann lehnte er sich zurück und verbarg sein Gesicht wieder unter dem Taschentuch.
    Er hob eine Ecke an. »Bitte erzählt niemandem, daß ich mit euch gesprochen habe. Nur soviel: Henry Faul ist von nun an euer Freund.«
    »Was machst du denn so, Henry Faul?« fragte Oma Wetterwachs neugierig.
    »Ich… trete auf.«
    »Derzeit sitzt du«, stellte Nanny Ogg fest.
    »Nein, ich meine…«
    Die Kutsche hielt an. Kies knirschte, als Reisende herunterkletterten und zu Boden sprangen. Jemand zog die Tür auf.
    Oma sah eine aufgeregte Menge, die erwartungsvoll ins Innere der Kutsche starrte, und aus einem Reflex heraus rückte sie ihren Hut zurecht. Mehrere Hände streckten sich Henry Faul entgegen, der nervös lächelte, sich aufsetzte und nach draußen helfen ließ. Mehrere Personen riefen einen Namen, jedoch nicht Henry Faul.
    »Wer ist Enrico Basilica?« fragte Nanny Ogg.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Oma. »Vielleicht ist es die Person, vor der Herr Faul Angst hat.«
    Die Kutsche stand an einem Gasthaus, das eigentlich kaum mehr darstellte als eine schäbige Baracke mit nur zwei Zimmern für Reisende. Als hilflose alte Damen, die allein unterwegs waren, bekamen die Hexen eins davon – andernfalls wäre die Hölle los gewesen.
     
    Herr Eimer verzog wie schmerzerfüllt das Gesicht.
    »Für dich bin ich vielleicht nur ein dummer Käser«, sagte er. »Vielleicht hältst du mich für einen sturen Geschäftsmann, der Kultur nicht einmal dann erkennt, wenn sie in seiner Teetasse schwimmt. Aber schon seit Jahren bin ich ein Förderer der schönen Künste; nicht nur hier, auch an anderen Orten. Ich kann alle wichtigen Opernmelodien summen und…«
    »Bestimmt hast du viele Opern gesehen «, erwiderte Salzella. »Aber was weißt du von der Inszenierung?«
    »Ich bin in vielen Theatern hinter den Kulissen gewesen…«
    »Oh, Theater .« Salzella winkte ab. »Das ist kein Vergleich. Die Oper ist keineswegs Theater mit Tanz und Gesang. Die Oper ist Oper. Du glaubst vielleicht, daß die Inszenierung von Lohenshaak voller Leidenschaft steckt, aber abseits der Bühne geht es erst richtig rund. Die Sänger hassen sich gegenseitig. Der Chor haßt die Sänger. Beide hassen das Orchester, und alle fürchten den Dirigenten. Die Leute auf der einen Seite des Souffleurkastens reden nicht mit denen auf der anderen. Die Tänzerinnen sind verrückt vor Hunger. Und das ist alles nur der Anfang, denn…«
    Es klopfte mehrmals an der Tür. Das Pochen klang unregelmäßig, als fiele es der klopfenden Person schwer, sich richtig zu konzentrieren.
    »Herein, Walter«, sagte Salzella.
    Walter Plinge schlurfte herein. Ein Eimer baumelte am Ende jedes seiner Arme. »Ich bin gekommen, um die Kohlenkiste zu füllen.«
    Der neue Eigentümer des Opernhauses winkte und wandte sich wieder dem Musikdirektor zu. »Was wolltest du gerade sagen?«
    Salzella beobachtete, wie Walter Kohlen in die Kiste legte, einen Brocken nach dem anderen.
    »Salzella?«
    »Was? Oh. Entschuldigung… Was habe ich gerade gesagt?«
    »Und das ist alles nur der Anfang. Denn…«
    »Was? Oh. Ja. Ja… Weißt du, für die Darsteller ist alles in bester Ordnung. Es gibt viele Rollen für alte Männer. Mit der Schauspielerei kann man sich ein Leben lang befassen, und man wird

Weitere Kostenlose Bücher