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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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SIE STERBEN. AUF DIESES PHÄNOMEN GEHT DAS WORT »SCHWANENGESANG« ZURÜCK. ES IST EINE SEHR RÜHRENDE ANGELEGENHEIT. NUN VERSUCHEN WIR’S NOCH EINMAL…
    Er holte eine Stimmgabel hervor und schlug sie auf die Sense.
    DAS IST DEIN TON…
    »Nein«, erwiderte der Schwan und schüttelte den Kopf.
    WARUM MACHST DU ES UNS SO SCHWER?
    »Mir gefällt es hier«, sagte der Schwan.
    DAS HAT NICHTS DAMIT ZU TUN.
    »Wußtest du, daß ich mit nur einem Flügelschlag einem Mann den Arm brechen kann?«
    WAS HÄLTST DU DAVON, WENN ICH MIT EINEM LIED BEGINNE UND DU DANN MIT EINSTIMMST? KENNST DU »WIE DER MONDSCHEIN GLÜHT«?
    »Solche Liedchen werden höchstens beim Friseur gesungen! Ich bin zufälligerweise ein Schwan!«
    UND »KLEINER BRAUNER KRUG«? Tod räusperte sich. HA HA HA, HEE HEE HEE, KLEINER…
    »Das soll ein Lied sein?« Der Schwan zischte verärgert und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Ich weiß, woher du kommst, aber wir Schwäne haben einen besseren Musikgeschmack.«
    TATSÄCHLICH? ZEIG MIR EIN BEISPIEL DAFÜR.
    »Nein.«
    MIST.
    »Du dachtest wohl, du könntest mich in die Falle locken, wie?« fragte der Schwan. »Fühltest dich bereits deines Sieges sicher, nicht wahr? Hast geglaubt, daß ich gedankenlos einige Takte des Hausiererliedes aus Lohenshaak singe, hm?«
    DAS KENNE ICH GAR NICHT.
    Der Schwan holte tief Luft. »Es klingt so: Schneide meinen eigenen Hals …«
    VIELEN DANK, sagte Tod. Die Sense bewegte sich.
    »Verdammt!«
    Eine Sekunde später trat der Schwan aus seinem Leib und plusterte neue, leicht transparente Federn auf.
    »Und jetzt?«
    DAS HÄNGT VON DIR AB. DARAUF LÄUFT ES JEDESMAL HINAUS.
     
    Herr Eimer lehnte sich im knarrenden Ledersessel zurück und hielt die Augen geschlossen, bis der Musikdirektor den Bericht beendet hatte.
    »Nun…«, sagte er dann. »Mal sehen, ob ich alles richtig verstanden habe. Es gibt hier einen Geist. Immer dann, wenn jemand einen Hammer verloren hat, wurde er vom Geist gestohlen. Wenn sich jemand versingt, so liegt es am Geist. Aber auch, wenn jemand ein verlorenes Objekt wiederfindet, verdankt er es dem Geist. Und wenn jemand eine besonders gute Szene hat, so ist dafür vor allem der Geist verantwortlich. Er gehört gewissermaßen zu dem Gebäude wie die Ratten. Gelegentlich sieht ihn jemand, aber stets nur kurz, denn er kommt und geht wie… wie ein Geist. Bei jeder ersten Aufführung überlassen wir ihm kostenlos die Loge acht. Und du behauptest, die Leute mögen ihn?«
    »Nun, ›mögen‹ ist nicht ganz das richtige Wort«, erwiderte Salzella. »Um ganz genau zu sein… Es ist natürlich reiner Aberglaube, aber die Leute halten ihn für einen Glücksbringer. Oder hielten ihn dafür.«
    Und davon verstehst du überhaupt nichts, du blöder kleiner Käseverkäufer, dachte Salzella. Käse ist Käse. Milch verdirbt von ganz allein. Um Käse herzustellen, bedarf es nicht einiger hundert Personen, deren Nerven bis zum Zerreißen angespannt sind…
    »Glücksbringer«, wiederholte Emil Eimer fassungslos.
    »Das mit dem Glück ist sehr wichtig«, sagte Salzella. Erzwungene Geduld schwamm wie Eiswürfel in seiner Stimme. »Temperament ist vermutlich kein wichtiger Faktor im Käsegeschäft, oder?«
    »Wir verlassen uns auf Lab«, sagte Eimer.
    Salzella seufzte. »Nun, das Ensemble vertrat bisher den Standpunkt, daß der Geist Glück bringt. Er schickte den Leuten aufmunternde Mitteilungen. Nach einer sehr guten Vorstellung fanden Sopranisten zum Beispiel eine Schachtel Pralinen in der Garderobe. Und natürlich welke Blumen.«
    » Welke Blumen?«
    »Beziehungsweise überhaupt keine Blumen. Nur ein Strauß mit Rosenstengeln ohne Blüten. Ist eine Art Visitenkarte des Geistes. Natürlich hat so etwas den Ruf, Glück zu bringen.«
    »Welke Blumen sollen Glück bringen?«
    »So heißt es, ja. Gewöhnliche Blumen – noch nicht abgestorbene Exemplare – bringen Pech auf der Bühne. Einige Sänger lassen sie in ihren Umkleideräumen nicht zu. Welke Blumen sind… sicher. Seltsam, aber sicher. Die Leute waren von diesen Dingen nicht beunruhigt, da sie den Geist auf ihrer Seite glaubten. Bis vor sechs Monaten.«
    Herr Eimer schloß erneut die Augen. »Ich bin ganz Ohr«, sagte er.
    »Es kam zu… Zwischenfällen.«
    »Was für Zwischenfälle?«
    »Die Art von Zwischenfällen, die man lieber… Zwischenfälle nennt.«
    Emil Eimers Augen blieben geschlossen. »Wie… an jenem Abend, als Reginald Viel und Fred Meißler spätabends bei den Fässern arbeiteten, in

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