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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sogar besser. Doch mit dem Singen und Tanzen sieht es ganz anders aus. Die Zeit verrinnt, und zwar…« Salzella suchte nach einem geeigneten Ausdruck. »Und zwar die ganze Zeit über«, beendete er den Satz schließlich. »Zeit ist Gift. Wenn man abends hinter der Bühne steht… dann kann man beobachten, wie Tänzerinnen immer wieder vor den Spiegel treten und nach den ersten Anzeichen von Unvollkommenheit suchen. Und die Sänger? Sie sind nervös, weil jeder von ihnen weiß: Dies könnte sein letzter großer Abend sein. Der nächste Tag bringt vielleicht schon den Anfang vom Ende. Deshalb hat das Glück hier einen so hohen Stellenwert, verstehst du? Die Sache mit den frischen Blumen, die Unglück bringen, erinnerst du dich? Das gilt auch für die Farbe Grün. Und für echten Schmuck bei der Vorstellung. Und für echte Spiegel auf der Bühne. Und fürs Pfeifen auf der Bühne. Unglück trifft auch denjenigen, der durch den Vorhang ins Publikum späht, der am ersten Abend neue Schminke benutzt, der auf der Bühne strickt, selbst bei Proben. Eine gelbe Klarinette im Orchester bringt jede Menge Unglück, aus welchem Grund auch immer. Und die Unterbrechung einer Vorstellung vor ihrem Ende ist das Schlimmste von allem. Genausogut könnte man sich unter eine Leiter setzen und Spiegel zerbrechen.«
    Hinter Salzella setzte Walter den letzten Kohlebrocken in die Kiste und staubte ihn sorgfältig ab.
    »Potzblitz«, sagte Emil Eimer. »Und ich dachte, im Käsegeschäft ginge es hart zu.«
    Er deutete auf einige Papierstapel, die angeblich die Buchführung des Opernhauses darstellten. »Ich habe dreißigtausend Ankh-Morpork-Dollar für dieses Gebäude bezahlt. Es steht mitten in der Stadt. Einen besseren Platz könnte man sich gar nicht wünschen. Ich dachte, ich hätte einen hervorragenden Verhandlungserfolg erzielt.«
    »Wahrscheinlich hätten sich die Verkäufer auch mit fünfundzwanzigtausend Dollar zufriedengegeben.«
    »Und dann das mit Loge acht. Ihr stellt sie dem Geist zur Verfügung?«
    »Der Geist erhebt bei jeder Erstaufführung Anspruch darauf.«
    »Wie erreicht er sie?«
    »Das weiß niemand. Wir haben überall nach geheimen Zugängen gesucht…«
    »Und er bezahlt nichts?«
    »Nein.«
    »Ein Logenplatz kostet fünfzig Dollar pro Abend!«
    »Du mußt mit erheblichen Problemen rechnen, wenn du am Abend einer Erstaufführung Karten für die Loge acht verkaufst«, sagte der Musikdirektor.
    »Meine Güte, Salzella, du bist ein gebildeter Mann! Wie kannst du ruhig dasitzen und dich mit einem solchen Unsinn abfinden? Ein Maskierter treibt sich hier herum, okkupiert eine Loge, mordet… und du kündigst mir Probleme an!«
    »Die Show muß weitergehen.«
    » Warum denn? Wir sagen nie: Mit dem Käse muß es weitergehen. Was ist so Besonderes an der Show?«
    Salzella lächelte. »Die Macht hinter der Show, ihre Seele, die in sie investierte Kraft, wie auch immer man es nennen will… Dieses Etwas schwappt gewissermaßen über und fließt überall heraus. Deshalb spricht man davon, daß die Show weitergehen muß. Sie muß weitergehen. Die meisten Mitglieder des Ensembles würden nicht einmal verstehen, wieso du danach fragst.«
    Eimer sah auf den Haufen, der die finanziellen Aufzeichnungen der Oper repräsentierte. »Da wir gerade bei den Dingen sind, die sie nicht verstehen… Ordentliche Buchführung gehört zweifellos dazu. Wer führt hier die Bücher?«
    »Wir alle«, antwortete Salzella.
    »Ihr alle ?«
    »Geld kommt in die Kasse, Geld wird ihr entnommen«, sagte Salzella und zuckte mit den Achseln. »Ist das wichtig?«
    Herrn Eimers Kinnlade klappte nach unten. »Ob das wichtig ist?«
    »Die Oper bringt nichts ein«, fügte Salzella glatt hinzu. »Die Oper hat noch nie etwas eingebracht.«
    »Mein Güte! Ob das wichtig ist? Ich würde gern wissen, wo ich heute stünde, wenn es überhaupt nicht ums Geld ginge.«
    Salzella lächelte humorlos. »Derzeit befinden sich einige Personen auf der Bühne, die dir folgende Antwort geben würden: wenn es dir nicht ums Geld gegangen wäre, hättest du vielleicht bessere Käse hergestellt.« Er seufzte und beugte sich über den Schreibtisch. »Käse sind dazu da, daß man mit ihnen Geld verdient. Aber mit der Oper sieht es anders aus. Man gibt Geld für die Oper aus .«
    »Und… was bekommt man dafür?«
    »Kunst«, sagte Salzella müde. »Man steckt Geld hinein, und das Ergebnis ist eine Oper.«
    »Gibt es denn gar keinen Profit ?«
    »Profit… Profit…« Der Musikdirektor

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