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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ich den Besen halten?« bot sich Agnes an.
    Sie zog ihn aus dem Durcheinander, und nach einigen weiteren Versuchen gelang es dem Mann, sich zu erheben.
    »Arbeitest du für die Oper?« fragte Agnes.
    »Ja, Fräulein!«
    »Äh… kannst du mir sagen, wo das Vorsingen stattfindet?«
    Er sah sich wild um. »Bühneneingang! Ich zeige es dir!« Der Mann stieß die Worte so hastig hervor, als müßte er sie erst zurechtlegen und dann möglichst schnell aussprechen, um ihnen keine Chance zu geben, wieder von seiner Zunge zu kriechen.
    Er riß Agnes den Besen aus der Hand, trat die Treppe hinunter und eilte zu einer Ecke des Gebäudes. Seine Fortbewegungsart war sehr individueller Natur: Etwas schien den Körper nach vorn zu zerren, und die Beine staksten hin und her, bemühten sich verzweifelt, das Gleichgewicht zu wahren. Der Mann ging nicht, sondern fiel, aber stets nur fast.
    Die unberechenbaren Schritte führten um die Ecke zu einer Tür. Agnes passierte den Zugang.
    Dahinter erstreckte sich eine Art Schuppen, bei dem eine Wand zu fehlen schien. Ein Pult war so aufgestellt, daß man von dort aus die Tür sehen konnte. Die Person dahinter mußte ein menschliches Wesen sein, denn Walrösser tragen keine Jacken. Der seltsame Mann verschwand in der Düsternis weiter hinten.
    Agnes sah sich um.
    »Ja, Fräulein?« fragte der Walroß-Mann. Sein Schnurrbart war wirklich beeindruckend und schien das Wachstum für sich beansprucht zu haben, das eigentlich anderen Komponenten des Körpers zustand.
    »Äh… ich bin gekommen, um… vorzusingen«, sagte Agnes. »Ich habe einen Hinweis gelesen, der besagte, daß man hier… äh… vorsingen kann…«
    Agnes lächelte hilflos. Das Gesicht über dem Schnurrbart verriet, daß es mehr verzweifelte Lächeln gesehen hatte als Agnes’ Magen warme Mahlzeiten.
    Der Mann hinter dem Pult holte ein Klemmbrett und einen Bleistiftstummel hervor.
    »Unterschreib hier«, sagte er.
    »Wer war… die Person, die mich hierher begleitet hat?«
    Der Schnurrbart bewegte sich und ließ ein Schmunzeln darunter vermuten. »Jeder kennt unseren Walter Plinge.«
    Mit weiteren Informationen durfte Agnes offenbar nicht rechnen.
    Sie griff nach dem Bleistift.
    Die wichtigste Frage lautete: Wie sollte sie sich nennen? Ihr Name hatte natürlich viele hervorragende Aspekte, aber er ging einem nicht unbedingt glatt über die Zunge. Um genau zu sein, prallte er vom Gaumen ab und klackte zwischen den Zähnen.
    Das Problem war, daß ihr einfach kein glatter Name einfiel.
    Catherine?
    Oder… Perdita? Sollte sie es noch einmal mit Perdita versuchen? In Lancre war Agnes von diesem Namen so sehr in Verlegenheit gebracht worden, daß sie ihn schließlich nicht mehr benutzte. Er klang geheimnisvoll, symbolisierte Dunkelheit und Faszination – und ließ jemanden vermuten, der ziemlich dünn war. Sie hatte sich auch die Initiale eines zweiten Vornamens gegeben: X. Das stand für »jemanden, der einen coolen und aufregenden zweiten Vornamen hat«.
    Doch die erhoffte Wirkung blieb aus. Unglücklicherweise erfreuten sich die Bewohner von Lancre einer natürlichen Immunität gegen coole zweite Vornamen. Sie wurde nur bekannt als »Agnes, die sich Perditax nennt«.
    Sie hatte nie gewagt, jemandem zu erzählen, wie ihr voller Wunschname lautete: Perdita X. Trehm. Niemand hätte es verstanden. Sie befürchtete verbale Reaktionen wie: »Wenn du das für einen geeigneten Namen hältst – wieso hast du dann noch immer zwei Regale voller Plüschtiere?«
    Jetzt und hier konnte sie noch einmal ganz von vorn beginnen. Sie war gut. Das wußte sie.
    Doch auf den Nachnamen Trehm mußte sie wahrscheinlich verzichten.
    Sicher blieb ihr nichts anderes übrig, als mit Nitt vorliebzunehmen.
     
    Meistens ging Nanny Ogg früh zu Bett. Immerhin war sie schon recht alt. Manchmal kroch sie schon um sechs Uhr morgens unter die Decke.
    Ihr Atem kondensierte, als sie durch den Wald stapfte. Welke Blätter knirschten unter ihren Stiefeln. Der Wind hatte sich gelegt, und vom wolkenlosen Himmel senkte sich der erste Frost herab: Er biß in spätes Obst, zupfte Blütenblätter von Stengeln und zeigte ganz deutlich, warum man die Natur als Mutter bezeichnete…
    Eine dritte Hexe.
    Drei Hexen konnten die… Last besser tragen.
    Maid, Mutter und… altes Weib. Na bitte.
    Allerdings repräsentierte Oma Wetterwachs alle drei Kategorien. Sie war eine… äh… Maid, soweit Nanny wußte, und sie hatte auch das richtige Alter erreicht, um, nun, um ein altes Weib

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