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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erwiderte der Pförtner. Sein Schnurrbart geriet in Bewegung, als er lächelte.
    »Ist Frau Les gesund? Und wie steht’s mit dem Bein ihrer Schwester?«
    »Alles ist in bester Ordnung, danke der Nachfrage, Frau Ogg.«
    »Dies ist Esme Wetterwachs, die mir bei einigen Sachen hilft«, sagte Nanny.
    Der Pförtner nickte – ein Freund von Nanny Ogg war auch sein Freund. »Kein Problem, Frau Ogg.«
    Als sie durch das staubige Durcheinander aus Fluren und Korridoren gingen, dachte Oma Wetterwachs nicht zum erstenmal darüber nach, daß Nanny über eine ganz persönliche Art von Magie verfügte.
    Sie betrat keine neue Szene, sondern schmeichelte sich hinein. Ihr natürliches Talent für Sympathie hatte sie zu einer okkulten Wissenschaft weiterentwickelt. Oma Wetterwachs zweifelte kaum daran, daß Nanny bereits die Namen, Familiengeschichten, Geburtstage und Lieblingsthemen der meisten Opernleute kannte. Darüber hinaus wußte sie sicher auch, wo man den besonderen Keil ansetzen mußte, der sie dazu brachte, sich ihr ganz zu öffnen. Vielleicht genügte es, über ihre Kinder zu reden oder ihnen ein Mittel für die Füße anzubieten. Oder es reichte hin, wenn Nanny Ogg eine ihrer schmutzigen Geschichten erzählte. Wie dem auch sei: Vierundzwanzig Stunden später kannte Nanny die wichtigsten Einzelheiten aus dem Leben aller Beteiligten. Und dann erzählten die Leute ihr mehr aus freiem Willen. Nanny kam mit anderen Personen bestens zurecht. Sie brachte selbst eine Statue dazu, sich an ihrer Schulter auszuweinen und zu erzählen, was sie von Tauben hielt.
    Es war eine natürliche Begabung. Oma hatte nie versucht, solch eine Fähigkeit zu entwickeln, und manchmal fragte sie sich, ob sie das bedauern sollte.
    »In anderthalb Stunden geht der Vorhang auf«, sagte Nanny. »Ich habe Giselle versprochen, ihr ein wenig zu helfen…«
    »Wer ist Giselle?«
    »Sie kümmert sich um Schminke und so.«
    »Du weißt doch gar nicht, wie man Leute schminkt!«
    »Ich habe die Wände im Abort gestrichen«, erwiderte Nanny. »Und an jedem Seelenkuchendienstag male ich für die Kinder Gesichter auf Eier.«
    »Du mußt dich immer um alles kümmern«, bemerkte Oma sarkastisch. »Den Vorhang öffnen. Für eine unpäßliche Ballettänzerin einspringen.«
    »Ich habe auch versprochen, während des Soarehs mit den Getränken zu helfen«, entgegnete Nanny. Die Ironie prallte an ihr ab wie Wasser an einem glühend heißen Ofen. »Viele Bedienstete haben sich wegen des Geistes aus dem Staub gemacht. Die Sache findet im großen Foyer statt, in einer halben Stunde. Ich schätze, als berühmte Opernbesucherin solltest du daran teilnehmen.«
    »Was ist ein Soareh?« fragte Oma mißtrauisch.
    »Eine Art vornehme Party vor der Oper.«
    »Wie verhalte ich mich dabei?«
    »Trink einfach nur Sherry und sprich freundlich mit den Leuten«, schlug Nanny vor. »So was nennt man Konversation. Kommt vielleicht von Konservatorium. Ich habe gesehen, welche Fressalien dafür vorbereitet werden. Zum Beispiel kleine Käsewürfel an Spießen, die in Pampelmusen stecken und so. Ich meine, vornehmer kann’s kaum werden, oder?«
    »Gytha Ogg, du hast doch nicht etwa… eines deiner Spezialrezepte beigesteuert?«
    »Nein, Esme«, erwiderte Nanny kleinlaut.
    »In dir steckt ein Hauch schelmische Boshaftigkeit.«
    »Bin dafür viel zu beschäftigt gewesen«, sagte Nanny.
    Oma nickte. »Laß uns jetzt Greebo suchen.«
    »Bist du in dieser Angelegenheit ganz sicher?« fragte Nanny.
    »Heute abend gibt es für uns viel zu tun«, sagte Oma. »Zwei zusätzliche Hände können da sicher von Nutzen sein.«
    »Pfoten.«
    »Derzeit noch.«
     
    Walter war der Geist. Agnes wußte es. Das hatte nichts mit Logik oder Verstand zu tun. In gewisser Weise atmete sie die Überzeugung, spürte sie wie ein Baum den Sonnenschein.
    Es paßte alles zusammen. Walter Plinge konnte jeden beliebigen Ort aufsuchen, ohne daß man ihm Beachtung schenkte. Er war auf seine Art unsichtbar – indem man ihn überall antraf. Und würde sich jemand wie Walter Plinge nicht wünschen, so elegant und flott zu sein wie der Geist?
    Würde sich jemand wie Agnes Nitt nicht wünschen, so geheimnisvoll und mysteriös zu sein wie Perdita X. Trehm?
    Der verräterische Gedanke stahl sich in ihre bewußte Welt, bevor sie alle Türen und Fenster des Selbst schließen konnte. Aber ich habe niemanden ermordet, fügte sie hastig hinzu.
    Denn auch das müßte ich glauben: Wenn Walter der Geist ist, so hat er Leute umgebracht.
    Wie

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