Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
Vom Netzwerk:
werfen oder einem Loser im Dorf nachrufen,
dass seine Mutter gestern Abend in Superform war, und dann Gas geben und dir
vorstellen, du wärst Hulk oder eine Actionfigur in einer Legostadt, stampfst Wumm! Paff! Krach! die ganze Stadt in den Boden und
setzt die kleinen gelbköpfigen Legomännchen mit deinen Laseraugen in Brand, bis
ihnen das Grinsen vom Gesicht schmilzt.
    Und auf dem Schulhof hört man nichts außer dem Lispeln von
einem letzten abgefallenen Blatt, das über den Asphalt treibt, überall sonst
ist es vollkommen still, selbst wenn wer redet, ist es, als hätte jemand auf
einen Schalter gedrückt und alles umgepolt, sodass lebendig zu sein jetzt ist
wie tot zu sein, wie Zombies, graue Leiber mit schlaffen Gliedern, die durch
die ewige Abenddämmerung schlurfen, oder wie Universen, haargenau dasselbe,
Materie oder Energie treiben im Nichts, senken sich wie Schleier durch die
Dunkelheit herab. Der Unterricht geht wieder los, aber es ist weiter dasselbe,
der Platz ist immer noch leer, und in Mathe geht Lurch die Liste durch und
sagt: »Daniel Ju-, ach nein, was rede ich«, und streicht seinen Namen durch, direkt vor deiner Nase. Fürze
bleiben ungeahndet, vorlaute Bemerkungen unausgesprochen, Pokemonkarten
ungetauscht; der Aufenthaltsraum der Mittelstufe ist menschenleer, die
Tischtennisplatte zusammengeklappt und in einer Ecke verstaut, die
Billardkugeln liegen sauber aufgereiht in ihrem Plexiglasschoß, der Fernseher,
das war noch nie da, bleibt stumm. Man redet nicht Darüber, und auch nicht
darüber, dass man nicht Darüber redet, und es dauert nicht lang, dann ist das
Nicht -darüber -Reden
etwas ganz Wirkliches und Greifbares, ein grässlicher Skippy-Ersatz, so was wie
ein böser Zwillingsbruder, eine dunkle Keimblase, die unablässig deinem Leben
zusetzt. Im Flur des Schlaftrakts nur verschlossene Türen mit verschlossenen
Gesichtern dahinter, abgeschottet unter Kopfhörern oder absorbiert in stummen
Dialogen mit erleuchteten Bildschirmen. Geoff hat seine Zombiestimme seit dem
Abend im Speisesaal nicht mehr eingesetzt, als ihm, ohne nachzudenken, Bindet den Koch an den TOTempfahl herausgerutscht ist, was anders
klang als früher - lauter als gewollt und gar nicht komisch, eher sogar
irgendwie furchterregend, als wüsste die Stimme etwas, das sie nicht wissen.
    Und dann gehst du eines Morgens zu deinem Spind und findest
einen Zettel von Ruprecht, du sollst dringend zu einer Besprechung in sein
Zimmer kommen, und obwohl es vermutlich Quatsch ist, steigst du doch die Stufen
in den Turm hinauf, wo er haust.
    Die anderen sind schon da, zusammengequetscht auf Ruprechts
Bett, weil keiner auf dem von Skippy sitzen will, auch wenn seine Steppdecke
und sein übriger Kram nicht mehr da sind. Ruprecht wirkt fiebrig und
abgekämpft. Seit jenem Abend, seit jene seltsame allgemeine Leere herrscht, ist
er immer wieder in sein Labor gesaust, einen Stift im Mund und einen hinterm
Ohr, Stapel von Papier und Sternkarten und Geodreiecken im Arm. Er wartet, bis
alle Platz genommen haben, dann entrollt er ein gezeichnetes Schaubild mit
einem vertrauten Umriss darauf.
    »Das Van-Doren-Portal, Version zwei«, sagt er. »Zu Anfang
möchte ich bemerken, dass es in technischer Hinsicht alles andere als stabil
ist. Falls diese Operation überhaupt funktioniert, ist sie hochgefährlich.
Aber wenn ich den Kasten neu baue und ihn auf eine monotemporale Matrix eiche,
könnte es nach meinen Berechnungen unter Umständen möglich sein, sich zu einem
Netzknoten in der Zeit, zum Beispiel zum Halloween Hop, zurückzutransportieren
und Skippy so, wie er damals war, in die Gegenwart zu bringen. Wenn wir die
Zahlen der ursprünglichen Teleportierung zugunsten eines temporalen >Widerstands<
so anpassen, dass -«
    » aaaaagh !«,
schreit Dennis.
    Alle sehen zu ihm hin. Er ist kalkweiß, hechelt und starrt
Ruprecht mit unerklärlicher Heftigkeit an.
    »Was ist?«, fragt Ruprecht.
    »Meinst du das ernst?«, fragt Dennis zurück.
    »Ich weiß, es klingt an den Haaren herbeigezogen, doch es
gibt eine kleine, aber reale Chance, dass wir mithilfe des Kastens Skippy
retten können. Letztlich das Gleiche wie bei Optimus Prime, nur mit
unwesentlichen Änderungen, um -«
    »aaaaagh !«, macht
Dennis erneut.
    Ruprecht guckt verblüfft; Dennis reißt mit einem Schwung
die Arme hoch und verschränkt sie über dem Kopf, als ob er sich vor einer
Bombenexplosion schützen will oder sein Kopf selbst kurz vor dem Explodieren
ist, springt auf und marschiert zur

Weitere Kostenlose Bücher