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Muschelseide

Muschelseide

Titel: Muschelseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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sich schleunigst etwas einfallen lassen. Nur zwei unbedingt vertrauenswürdige Personen waren eingeweiht: Pater Del Savio, der Gaetano die letzte Beichte abgenommen hatte, und Abel Preti, der Notar, der das Testament verfasst hatte. Es war dann auch dieser Notar, der als Gegenwert für eine beachtliche Summe eine Lösung vorschlug. Die Eltern setzten ihre Unterschrift auf ein standesamtlich beglaubigtes Dokument und adoptierten mich. Pater Del Savio taufte mich auf den Namen Francesca Cecilia Sforza. Ich verbrachte die ersten Monate im Haus der Amme, in Sliema. Nach Kriegsende brachte mich die Großmutter nach Cambridge. Meine Erziehung wurde jener Tante Rosella, die unverheiratet war und Kinderbücher schrieb, anvertraut. Die Geschichten Tante Rosellas waren voller entdeckungsfreudiger Kinder, quirliger Elfen und sprechender Tiere; sie selbst war mit siebenunddreißig eine spröde, recht farblose Person von der Sorte, die man damals eine ›alte Jungfer‹ nannte. Sie war sehr belesen, streng, aber gerecht. Ich – ein unentwegt plapperndes kleines Geschöpf – brachte Abwechslung in ihr eintöniges Dasein. Ich erlebte bei ihr eine Kindheit, die recht glücklich war. Von Rosella hatte ich erfahren, dass meine Eltern gestorben waren: meine Mutter bei der Geburt, mein Vater im Krieg. Letzteres war ein Los, das ich mit einigen Kindern aus dem Bekanntenkreis teilte. Und so war ich auch nicht übermäßig erstaunt. Dass man seine Eltern nicht mehr hatte, mochte eine Angelegenheit der Natur sein; Kinder finden sich pragmatisch mit den Tatsachen ab, auch ohne Verschönerung durch Psychologie, Rührseligkeit oder Religion. Das alles hatte sich fern von mir abgespielt, so unerreichbar wie der Mond. Die Fragen sollten später kommen, die Antworten würde ich selber entdecken.
    So lebte ich vergnüglich dahin. Schon als Sieben- oder Achtjährige malte und zeichnete ich mit Leidenschaft. Rückblickend denke ich, dass es Rosellas Geschichten waren, die meine Phantasie weckten. Ich war es gewohnt, die Besucher zu unterhalten, fertigte Karikaturen an, die alle zum Lachen brachten. Ich stand sehr gern im Mittelpunkt. In der Schule verzieh man mir meine vorlaute Zunge, weil ich einen wachen Geist hatte, wissbegierig und gewissenhaft war und – das muss gesagt sein – entzückend aussah. Ich war elf, als verschiedene Ereignisse mein Leben veränderten. Die Großeltern in Valletta starben beide im Abstand von einigen Monaten. Onkel James und Tante Melissa kamen aus Rhodesien zurück, traten ihr Erbe an und zogen mit ihrer Tochter Lavinia in die Casa Degli Uccelli. James wurde Parlamentsabgeordneter, und Melissa bekundete als Dame der Gesellschaft, dass sie nach angemessener Trauerfrist entschlossen war, zu glänzen und glänzen zu lassen. Und ausgerechnet in dieser Zeit fand Rosella einen Mann! Und dieser, ein gewisser Lord Owen, ließ seine frisch Angetraute bald wissen, dass ihm meine Anwesenheit in seinem Haushalt missfiel. Rosella hatte mich in ihr Herz geschlossen und fügte sich widerstrebend. Aber sie fügte sich: Lord Owen war ihr wichtiger. Sie schrieb den Verwandten auf Malta, dass sie mich bitte schön zurücknehmen sollten. Die Antwort war, dass die Nanny mich holen würde. Daisy kam dann auch, und wir fassten beim ersten Anblick eine gegenseitige Abneigung zueinander. Ich schluckte meine Tränen, packte den Koffer. Daisy verpasste mir bereits auf dem Schiff die ersten Ohrfeigen, ein Vorgeschmack von dem, was mich in Valletta erwartete. James und Melissa hatten das Gerücht in Umlauf gebracht, ich sei eine ihrer zahlreichen Nichten aus dem englischen Familienzweig, die frühzeitig ihre Eltern verloren hatte. Indessen, sie ließen mich sofort spüren, dass ich ihrer eigenen Tochter nicht gleichgestellt war. Jahre später erfuhr ich, dass James mit jeder Menge fauler Tricks versucht hatte, mein Vermögen an sich zu reißen. Er hatte Pech gehabt: Gaetanos Testament war unanfechtbar. Darüber hinaus war Abel Pretis Sohn, der die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte, ein Mann, der sich nicht bestechen ließ. Inzwischen wuchs ich heran, die Schikanen weckten ein wildes Gefühl in mir – es war wohl Hass –, und ich rächte mich umso leidenschaftlicher, weil ich gezwungen war, es mit tückischen Mitteln zu tun. Ich setzte den Ereignissen etwas entgegen, das sie meine abscheuliche Eitelkeit nannten, die mich – wenn es akut wurde – in einen Eisblock verwandelte.«
    An dieser Stelle ihrer Erzählung angekommen, zog sich

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