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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Umgebung. Vor ihrem Geist ratterten rasch und präzise die Daten dieser Analyse herunter. Der maskenhafte Gesichtsausdruck, den sie dabei aufsetzte, gefiel mir überhaupt nicht.
    Ich schob mich vor und hob millimeterweise den Kopf über die kalte narbige Betonbrüstung. Was ich sah, gefiel mir noch viel weniger. Fünfzig Meter entfernt, auf einem schwach erleuchteten Rollfeld, stand ein winziges Schiff. Ich hatte mit den Tloxi im Vorfeld keine Details besprochen. Sie wussten ja, was wir vorhatten und wozu wir das Schiff benötigten. Wir hatten ihnen die Mission, die wir uns vorstellten, genau beschrieben. Sie hatten dazu genickt. Deshalb hatte ich mit einem Schiff von der Größe und der Leistungsfähigkeit der ENTHYMESIS gerechnet. Ich kannte die sinesische Flotte und ihre Typen nicht so gut wie Jennifer, aber ich wusste, dass sie dazu neigten, ihre Fahrzeuge noch bulliger und kraftvoller zu konstruieren als die Union. Ich erwartete also, ein Monstrum von wenigstens drei- bis vierhundert Metern Länge und wenigstens acht Decks vor mir zu sehen. Was jedoch auf dem kreisrunden, von flachen Baracken umgebenen Rollfeld stand, im Licht gelblicher Radonlampen, die im böigen Nachtwind schwankten, war ein schlechter Witz.
    Ich musste ein hysterisches Lachen unterdrücken.
    »Das da?!«, fuhr ich den Tloxi an.
    Während er antwortete, musste ich mir wieder sagen, dass Ironie diesem Volk vollkommen fremd war.
    »Jawohl, Commander General«, sagte er artig. »Es wurde heute Nachmittag von unseren Leuten gewartet und betankt.«
    Ich starrte fassungslos zu dem schwefligen pendelnden Lichtkreis. Es war ein Shuttle. Ein einmotoriges Hunderttonnending von der Größe eines Mannschaftsbusses. In seinem Cockpit würde es zu zweit ziemlich eng werden. Auf der Erde hätte ich mich einem solchen Gefährt nur ungern für einen atmosphärischen Flug über mehr als tausend Kilometer anvertraut. Und damit sollten wir den dreifachen Verteidigungsgürtel durchbrechen und riskieren, von der sinesischen Flotte zu Tode gehetzt zu werden?
    Wieder sah ich zu Jennifer hinüber.
    »Was hältst du davon?«, fragte ich leise über die Kommunikation.
    Ich verspürte die Neigung, die ganze Aktion abzubrechen. Es war nicht einmal Wahnsinn, was wir hier versuchten, es war blanker Selbstmord. Genauso gut konnten wir uns mit einer rostigen Scherbe die Schlagader öffnen und uns einreden, den Heldentod gestorben zu sein.
    Jennifers Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Es war eine aus Eis gemeißelte Skulptur der Entschlossenheit. Alles Abwägen lag bereits hinter ihr. Eines jedoch war klar: Jennifer würde alles, was sie an Auszeichnungen und Ehrungen, an fliegerischen Leistungen und an Renommee erworben hatte, hinter sich lassen müssen.
    »Gefällt es Ihnen?«, fragte der Tloxi. Es war unmöglich zu entscheiden, ob Naivität oder Hohn in seiner Stimme lag.
    »Was ist das für ein Fabrikat?«, fragte Jennifer.
    »Ein Transporter«, sagte er. »Klasse Chow/III.«
    »Bewaffnung?«, fragte sie rasch.
    »Zwei Gigawattlaser zur Selbstverteidigung.«
    »Abschirmung?«
    »Ein Femto.«
    »Antrieb?«
    »Dopplergekrümmtes, rückkoppelnd oszillierendes Warp«, ratterte der Tloxi herunter.
    »Reichweite?«
    »Zweiundsiebzig Stunden.«
    Jennifer verstummte. Wie ein Chirurg in einem heruntergekommenen Lazarett, der unter miserablen Bedingungen operieren muss, legte sie sich ihr Besteck zurecht und überschlug emotionslos, was sie damit ausrichten konnte.
    »Dieses Ding hat einen Warp?«, entfuhr es mir.
    Unser Begleiter drehte sich zu mir. In seinen grünen Augen brach sich das fahle gelbliche Licht, das den Startplatz erhellte. Er bewegte nicht die Lippen, als ich seine tonlose Stimme in meinem Helm hörte.
    »Das fortschrittlichste Modell. Seidenraupenwerft. Die Fertigungsstätten liegen ganz in der Nähe. Ich darf behaupten, dass Ihr Volk über nichts vergleichbares verfügt.«
    Ich musste den Kopf schütteln und unwillkürlich lächeln. Da stellten sie uns eine Nussschale vor die Nase, die es kaum mit einer Lambda-Drohne aufnehmen konnte, und wurden noch herablassend dabei.
    Jennifer schob sich noch ein paar Zentimeter weiter. Ich konnte spüren, wie sich ihr Körper spannte und wie ihr Geist in den Modus wechselte, der im Prana-Bindu-Orden »Auf alles gefasst sein« heißt.
    »Let’s go!«, sagte sie leise. »Abbrechen können wir nicht mehr, und je länger wir warten, umso größer wird das Risiko, dass wir entdeckt werden.«
    Ich atmete tief durch. Ab sofort

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