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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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geschehen«, schnarrte er. »Denn seit eintausend Jahren hält das Volk der Tloxi sich für diese Stunde bereit.«
    Jennifer erhob sich. Sie klopfte den Staub aus ihrem Anzug und prüfte den Sitz der Offizierspistole. »Worauf warten wir?«, sagte sie.
    Ohne sich noch einmal umzusehen, stiefelte sie davon. Die Tloxi bildeten von selbst eine dichte Traube um sie, eine zu allem entschlossene Eskorte, die sie in den Palast des Gouverneurs von Sina City begleitet haben würde, wenn sie es verlangt hätte. Die Masse der blaugewandeten Wesen schloss sich um sie, aber da sie ihre kupferroten drahtigen Haarschöpfe um Haupteslänge überragte, sah man noch ihren wippenden Pferdeschwanz, den sie im Gehen mit der Hand bündelte und in einem Haarnetz verstaute, ehe sie den Helm aufsetzte. Ich zwinkerte Jill und Taylor zu, nahm mit einem letzten wortlosen Händedruck von ihnen Abschied und folgte ihr hinaus in die rußige sinesische Nacht.
     
    »Da vorne«, sagte der Tloxi und deutete über die Absperrung hinweg.
    Wir kauerten hinter einem Abhang aus nacktem Quarzbeton. Über uns dehnte sich die bleigraue sternenlose Nacht von Sina. Es war kalt. Ein böiger feuchter Wind zerrte an unseren Anzügen. Wir hatten die Helme aufgesetzt, ließen die Visiere jedoch offen, um besser atmen zu können. Dennoch sprachen wir schon über die lokale Kommunikation miteinander, in die sich auf geheimnisvolle Weise auch unsere Tloxi-Führer einschalten konnten.
    Mehrere Stunden waren wir unterwegs gewesen, seit wir Lambert und Taylor verlassen hatten und der kleinen Tloxi-Eskorte gefolgt waren. Die meiste Zeit hatten sie uns durch unterirdische Gänge geführt, durch Service-Schächte des ausgedehnten Beförderungssystems, das die gigantische Stadt wie ein Arteriengeflecht durchzog und das ihnen als den Reinigungs- und Reparaturameisen dieser Unterstadt zugänglich war. Wir waren auf keinen Widerstand gestoßen. Sicherheitsschranken und Schleusen hatten die Tloxi überwunden oder außer Kraft gesetzt. Dann waren wir an die Oberfläche gekommen. Auf den ersten Blick erkannten wir, dass wir uns in einem Quadranten von Sina City befanden, den wir während unserer mehrwöchigen Wanderung noch nie berührt hatten. Wir waren mitten im Raumhafen. Ununterbrochen starteten und landeten Schiffe aller Kategorien, von kleinen automatischen Drohnen bis zu den riesigen sinesischen Frachtern, von den pfeilschnellen und wendigen Jägern, die Rogers vor Persephone zu schaffen gemacht hatten, bis zu dickleibigen Tankschiffen und Kreuzern. Der ganze Himmel war in Bewegung. Die Unterseite der geschlossenen schiefergrauen Wolkendecke flammte von Triebwerksstrahlen, Scheinwerfern und Positionslampen. Die Erde bebte unter pausenlosen Explosionen starker Raketenmotoren und schwankte unter aufsetzenden Hunderttausendtonnen-Schiffen. Dann erreichten wir eine Brüstung. Die Tloxi pirschten sich lautlos und unsichtbar heran. Wir hatten unsere weißen Schutzanzüge unterwegs mit Schmutz eingerieben, mit Rückständen von Öl, das in den unterirdischen Kanälen schwappte, dennoch fühlte ich mich unbehaglich, als ich mich jetzt, neben dem führenden Tloxi auf dem Bauch liegend, langsam und vorsichtig den zementierten Wall hinaufschob.
    Wir befanden uns in einem abgelegenen Teil des riesigen Raumhafens, der einer Stadt in der Stadt glich und hunderte von Quadratkilometern einnahm. Von den wichtigsten Rampen waren wir ein Stück entfernt, wie wir daran ablesen konnten, dass die startenden und landenden Schiffe zwar dicht über uns hinwegzogen, aber nie in unmittelbarer Nähe aufsetzten oder abhoben. Bis zu den am häufigsten frequentierten Basen waren es mehrere Kilometer. Vielleicht würde es für einen Vorsprung ausreichen, der unseren Coup zum Erfolg machen würde. Alles kam darauf an, blitzartig zuzuschlagen und die Wachmannschaften zu überrumpeln. Anonymität und Überraschungsmoment kamen uns nur in den ersten Sekunden zugute. Wenn die Nachricht von unserem Übergriff durchgesickert war, hatten wir das gesamte Sinesische Imperium mit seinen unerschöpflichen Ressourcen und seiner haushohen technologischen Überlegenheit gegen uns.
    »Sehen Sie es?«, fragte der Tloxi.
    Er machte mir ein Zeichen, noch ein paar Zentimeter nach vorne zu kriechen. Jennifer lag einige Meter neben mir. Ich hörte ihren Atem in der Kommunikation. Als ich einen Seitenblick zu ihr riskierte, sah ich, dass sie entgeistert nach vorne starrte. Ihre Augen schauten nicht mehr, sie scannten die

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