Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
breite Rauten freiließen, die groß genug waren, dass man mit einem viersitzigen Shuttle hätte hindurchfliegen können. Die Wandungen dieser Rauten waren mehrere Meter tief, wie die Pfeiler und Streben des Gitterwerks mehrere Meter dick waren. Sie schienen massiv zu sein und bestanden aus dem gleichen schiefergrauen und blasigen Material wie alles, was wir bisher in diesem Schiff zu sehen bekommen hatten. Hatte die Konstruktion aus der Ferne leicht und heiter gewirkt, so hatte sie aus der Nähe etwas Klobiges. Jede einzelne der Streben, die sich hier kreuzten, musste tausende von Tonnen wiegen, und die Wabenstruktur nahm nun die ganze Stirnseite der großen Halle ein, die sich vor uns öffnete.
In der Ferne sahen wir einen winzigen Lichtpunkt, das war Jennifer, die in der riesigen Dunkelheit schwebte und sich mit leichten Impulsstößen weiter nach unten arbeitete. Wir sahen nicht, wie weit sich die Halle erstreckte, und konnten nicht abschätzen, wie viel sie davon zurückgelegt hatte. Aber der Anblick des kleinen, manchmal aufflammenden Sterns, den das Unbewusste selbständig gegen das Bild der Hallenansicht projizierte, ließ mir das Herz gefrieren.
»Wie viele Kapseln haben Sie noch«, fragte ich Taylor.
»Drei«, antwortete er.
»Dann sparen Sie sie«, gab ich zurück.
Lambert schwieg. Sie schien sich so weit beruhigt zu haben, dass wir den Abstieg fortsetzen konnten. Vor dem inneren Auge tauchte die Erinnerung auf. Die Treppenanlage, die in die riesige Halle hinausrollte und an deren Ende die sonderbaren Silhouetten sichtbar geworden waren. Wie Personen, die zu einem Gespräch zusammenstanden, waren sie in mehreren Gruppen angeordnet gewesen. Das sprach dagegen, dass es sich um Skulpturen handelte, denn diese waren streng symmetrisch entlang der Freitreppe verteilt.
»Wir hätten ein Shuttle mitbringen sollen«, sagte Taylor. »Oder einen Scooter.«
Er prüfte seine Instrumente und machte sich bereit, sich abzustoßen und in die Halle hinauszuschweben. Lambert hielt sich krampfhaft an seinem linken Arm fest, während sie sich mit der anderen Hand an der Strebe abstützte.
»Ja«, sagte ich. »Aber wie hätten wir es hereinbringen sollen.«
»Vielleicht finden wir eine Schleuse«, überlegte Taylor, dessen ruhige Art mir imponierte. »Oder wir kommen beim nächsten Mal durch die Kuppel herein. Dort scheint es ja eine Öffnung zu geben.«
»Ihr wollt noch einmal wiederkommen?«, rief Jill aus.
»Dann müssen wir auch mehr Beleuchtungsmaterial mitbringen«, sagte ich zu Taylor. »Und Elastildrähte, mit denen wir Fixseile spannen können. Diese riesigen Hohlräume sind schwierig zu erkunden.«
Taylor nickte. Während er begütigend Lamberts Arm streichelte, hob er zu einer Rechtfertigung an. »Tut mir leid, Sir, das Sonar war durch die Massivität der Panzerung behindert. Ich konnte sehen, dass es große offene Decks gibt, aber mit solchen Dimensionen habe ich nicht gerechnet.«
Ich sah hinaus in die unsichtbare Halle. Der Lichtpunkt war weit unter uns. Jennifer schien direkt einer der Gruppen anzusteuern. Vielleicht konnte sie aus ihrer Position schon mehr erkennen.
»Wir können die Kapseln programmieren«, sagte Taylor noch. »Sie brennen dann schwächer, aber wesentlich länger.«
Ich nickte ihm zu. Gleichzeitig war Jennifers Stimme in der Leitung. Ich erschrak, als ich sie hörte, dabei war unsere Kommunikation natürlich weiterhin online.
»Sparen Sie sich das auf«, sagte sie. »Und kommt endlich her! Wo bleibt ihr denn?«
»Was siehst du?«, fragte ich.
Es knisterte im Helm. Sie hatte wieder einen Impuls abgefeuert, der die Übertragung kurzfristig störte. Taylor und Lambert krabbelten um den Pfeiler herum und stießen sich von der Innenseite ab. Dann war Jennifer wieder da.
»Ich bin jetzt am Fuß der Treppe, etwa zwanzig Meter über dem Hallenboden. Übrigens kann es unmöglich eine Treppe in unserem Sinn sein. Manche Stufen sind bis zu fünf Meter hoch. Dann kommen wieder lange flache Absätze. Eher eine Abfolge von Terrassen.«
Ich beeilte mich, Taylors und Lamberts Beispiel zu folgen. Indem ich auf die der Halle zugewandte Seite des Pfeilers hinüberstieg, nahm ich alle Kraft zusammen und stieß mich dann in die Waagerechte hinaus. Die Gitterkonstruktion fiel zurück und war nach wenigen Augenblicken von der Finsternis verschluckt. Ich schwebte durch den leeren Raum. Nirgends war mehr ein fester Gegenstand zu sehen. Meine Helmlampe erreichte weder den Boden, noch die Decke oder
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