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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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zitternden Licht schienen sie sich zu bewegen und sich halb neugierig, halb drohend zu uns herab zu beugen.
    Ich war an Jennifers Seite, die den starken Lichtkegel ihres Handflammers von einem der Wesen zum nächsten wandern ließ.
    »Sie sind anthropoid«, sagte sie, wobei sie unwillkürlich flüsterte. »Nicht fremdartiger als polynesische oder aztekische Plastiken.«
    Für meinen Geschmack sahen sie eher ägyptisch aus, aber die Suche nach Vergleichen führte zu nichts. Fest stand, dass sie fremdartig und bizarr und gleichzeitig beunruhigend vertraut waren.
    »Sineser sind auch anthropoid«, hörte ich mich sagen, ohne zu wissen, was ich damit zum Ausdruck bringen wollte.
    Jennifer streckte die Hand aus und klopfte mit der Pistole an eine der Gestalten. Eine Art Brustpanzer, der im Licht unserer Lampen wie mattes Messing schimmerte, ging in der Mitte des Leibes in einen dunkelroten Rock über, der seinerseits aus dem massiven Sockel hervorwuchs, auf dem Figur stand oder der ihren Unterleib bildete.
    »Nicht!«, schrie Lambert. »Fassen Sie nichts an!«
    Jennifer hatte anscheinend damit gerechnet, das Gewand bewegen zu können. Aber ihre Pistole stieß auf harten Widerstand. Ich überzeugte mich selbst davon, indem ich meine Strahlenwaffe am Lauf anfasste und mit dem Griff eine der Gestalten abklopfte. Sie war natürlich hart wie Stahl.
    »Sind das nun Standbilder«, fragte Jennifer leise. »Oder waren es einst lebende Wesen, die in der Kälte zu Stein erstarrt sind?«
    »Mumien«, nahm ich den Faden auf. »Von Frost und Vakuum seit Jahrmillionen konserviert.«
    Wir gingen zwischen den Figuren hindurch und schritten um die ganze Gruppe herum. Übrigens waren sie keineswegs identisch. Wo die eine schwere, tauartige Zöpfe trug, hatte die andere einen Helm aus getriebenem Kupfer. Während eine überhaupt kein Gesicht hatte, sodass man nicht wusste, wo bei ihr vorne und wo hinten sein mochte, wies eine andere eine spitze gelbliche Schnauze auf.
    »Isis und Osiris«, sagte Taylor, der die gleichen Assoziationen wie ich zu haben schien.
    Die Gliedmaßen liefen, was die vorderen Extremitäten anging, in sonderbare Fortsätze aus. Eine Gestalt streckte so etwas wie eine Hand vor, die in einem goldenen Dreizack endete. Der Arm einer anderen verjüngte sich zu einem dünnen Schlauch, mit dem sie sich neben ihrem Sockel am Boden abstützte. Sie wirkte so wie ein tropischer Baum, der eine Wurzel in den Untergrund absenkt, um Ableger zu treiben. Eine Dritte hingegen gab keine Extremitäten zu erkennen, sondern ragte als düsterer Obelisk auf, der statt der Spitze eine schwarze wulstige Kappe trug.
    »Sehr seltsam«, sagte ich. »Für den Fall, dass sie vom Kurs abgekommen und langsam verhungert sind, werden sie sich kaum so adrett in Position gestellt haben ...«
    Taylor und Jennifer hatten ihre Handscanner hervorgezogen und tasteten die Figuren einzeln bei höchster Auflösung ab.
    »Ja«, bestätigte der WO. »Und falls es einen Unfall gegeben hat, hätten sie zu fliehen oder sich in Sicherheit zu bringen versucht. Dann stünden sie ebenfalls nicht so unversehrt im Raum.«
    Ich ging um eine der Gestalten herum. Ihr Gewand, falls man in diesen Kategorien sprechen konnte, hielt die Mitte zwischen kultischen und militärischen Konnotationen. Es gab Panzerungen. Aber dazwischen auch weichere Passagen. Zumindest konnte man sich vorstellen, dass sie bei gewöhnlichen Temperaturen die Beschaffenheit von Brokat hatten. Sie waren reich mit rätselhaften Ornamenten geschmückt. Vielleicht war es jedoch keine Bekleidung oder Uniformierung, sondern der natürliche Leib dieser Wesen, der an manchen Stellen, wie bei bestimmten Reptilien, zu Schilden und Dornen verhornte.
    »Vielleicht eine Priesterkaste«, riet ich. »Brahmanen, Krieger, Gottkönige. Und als das Ende nahte, erwarteten sie hier in ritueller Aufmachung den Tod.«
    Auch Jill hatte ihre Zurückhaltung jetzt überwunden und ging scheu zwischen den mächtigen Figuren herum. Da sie die Kleinste von uns war, wirkte sie zwischen den zyklopischen Gestalten besonders verloren. Sie sah aus wie ein Kind, das im Museum überlebensgroße Standbilder von griechischen Kriegern oder babylonischen Bannerträgern betrachtete. Jennifer hatte sich entfernt und war zu einer anderen Gruppe gegangen, die sich in geringer Entfernung befand. Soweit ich im schwankenden Licht ihrer Lampe sehen konnte, ähnelten auch diese Gestalten denen der ersten Gruppe, ohne ihnen doch in jeder Hinsicht zu

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