Mutter bei die Fische

passierte.«
    Falk schluckte. Er war plötzlich nicht mehr sicher, ob er die Geschichte hören wollte.
    Â»Sie waren mit dem Auto auf dem Festland unterwegs. Zu Elsas Eltern. Sie saß hinten, neben dem Kleinen, er war nicht mal ein Jahr alt. Es war ein Auffahrunfall, Piet war nicht schuld. Aber er hat als Einziger überlebt, schwer verletzt.«
    Falk fröstelte. Er mochte sich die grausame Szene nicht vorstellen. Aber er bekam jetzt ein Gefühl dafür, was Piet mit sich herumschleppte. Deshalb sprach er nie über sich. Über seine Vergangenheit. Und er hatte ihn für einen Langweiler gehalten.
    Jörn blickte Falk nun direkt ins Gesicht. »Er war mit keiner Frau mehr zusammen. Bis er Grit getroffen hat. Deshalb habe ich vorhin ›armer Piet‹ gesagt. Ich würde ihm so wünschen, dass er mit deiner Mutter glücklich wird.«
    Ja, dachte Falk betroffen, das wünsche ich ihm auch. Und Mama. Dann hob er die Hand zum Gruß und sah Jörn nach, bis das rote Rücklicht des Bürgermeisterfahrrads in der Dunkelheit verschwand. Verdammter Harms, dachte Falk noch und schloss die Tür hinter sich.

13.
    Es war allerschönstes Strandwetter! Der Himmel strahlend blau und, wie es die vergangene sternenklare Nacht schon verheißen hatte, absolut wolkenlos. Obwohl es erst elf Uhr am Vormittag war, hatte die Sonne ihre Kraft voll entwickelt, und das Thermometer war auf satte achtzehn Grad geklettert. Falk hatte Hummeln im Hintern. Er wollte unbedingt an den Strand, aber im Moment saß er im Gemeindesaal von Norderende fest, und das würde garantiert eine Zeitlang dauern. Der Gemeinderat war bereits vollzählig, doch es fehlten noch der Produzent und Bertie. Auch Thies hatte sich bisher nicht eingefunden. Dafür war Hubert von Boistern ausgesprochen pünktlich. Er hatte überraschenderweise Gernot Limpinsel mitgebracht und das damit erklärt, dass Gernot ihn für seine Rolle als Mediator gecoacht habe.
    Jörn verwies Hubsi milde lächelnd darauf, dass er ihn tatsächlich als Mediator berufen habe und nicht nur zum Spiel .
    Â»Jörn«, entgegnete Hubsi daraufhin ungewohnt sanft, denn normalerweise hasste er es, berichtigt zu werden, »dank Gernot weiß ich jetzt: Wir spielen alle nur eine Rolle in unserem Leben. Immer. Auch du. Denk mal drüber nach.« Er tätschelte generös den Arm von Jörn, der sich ein Lachen schwer verkneifen musste.
    Nun erschienen die beiden Leute von der Produktionsfirma, Bertie und Karli, der Produzent. Falk hob die Hand zum Gruß und lächelte Bertie an, aber der sah an ihm vorbei, als würde er ihn nicht kennen. Auch das noch, stöhnte Falk innerlich auf, jetzt fährt er die Zickentour. Es wird echt Zeit für eine Aussprache unter vier Augen!
    Als Letzter, mit zehnminütiger Verspätung, tanzte schließlich Thies Hoop an, ohne Kai im Schlepptau, denn irgendjemand musste mit Nille die Stellung am Strand halten. Falk machte sich ohnehin Sorgen, ob die beiden dem heute zu vermutenden Publikumsverkehr standhalten würden. Nille war zwar durchaus in der Lage, einen Strandkorbschlüssel herauszusuchen oder einen Korb an eine gewünschte Stelle zu fahren, aber alles, was mit Geld und Bezahlung zu tun hatte, überforderte ihn total. Und da Falk in seinem Büdchen neben dem Strandkorbgeschäft auch einen kleinen Kiosk aufgezogen hatte, wo er Eis, Sonnencreme, Pflaster, Süßigkeiten, Kaltgetränke und köstlichen Kaffee verkaufte, war es unvermeidbar, dass Nille Geld einkassieren und Wechselgeld herausgeben musste. Nille tat aber nichts dergleichen. Er gab gerne großzügig alles her, was sich in Falks Kiosk befand, und verlangte dafür meistens keine Gegenleistung. Dafür sollte nun Kai sorgen und die Kasse machen. Was aber, wenn der durch seine Tätigkeit als Bademeister und Rettungsschwimmer anderweitig beschäftigt war? Falk dachte mit Grauen daran, wie teuer ihn dieser Strandtag zu stehen kommen konnte, wenn Nille Stunde um Stunde sein Geschäft verwaltete.
    Jörn klopfte jetzt auf seinen Tisch und eröffnete die Sitzung. Er begrüßte die Mitglieder des Gemeinderats und entschuldigte sich für die sehr kurzfristige Einberufung, dann begrüßte er die anwesenden Gäste. Der Produzent reagierte nicht einmal mit einem Augenzucken, stattdessen verschränkte er missmutig die Arme vor der Brust. Thies Hoop sah auch nicht friedfertiger aus. Er starrte