Mutterliebst (German Edition)
zu erklären, wie du einen Zivilprozess führen sollst. Es ist weder in deinem noch in Max’ bestem Interesse. Wenn ich dich außerdem auch noch vertreten sollte – und ich habe noch nicht entschieden, ob du einen separaten Rechtsbeistand brauchst –, dann ist es entscheidend, dass du nicht in seine legale Verteidigung involviert bist.“
Danielle beugt sich vor. „Tony, ich bitte dich darum, eine Ausnahme zu machen. Ich verspreche dir, dass ich deine Rolle als Chefstratege und Anwalt vor Gericht respektiere. Aber wir reden hier über Max’ Leben, und ich muss involviert sein.“
Seine Augen sind dunkel wie die Nacht. „Hör zu, ich praktiziere schon seit langer Zeit, und ganz ehrlich? Anwälte sind meine schlimmsten Mandanten. Sie wissen alles besser, oder noch schlimmer: Sie wissen gerade genug, um gefährlich zu sein.“ Er schüttelt den Kopf. „Entweder ich bestimme, wo es langgeht, oder wir lassen es bleiben.“
„Also gut“, gibt sie sich geschlagen.
„Lass uns die Fakten durchgehen, ja?“ Er schlägt eine Heftmappe aus Leder auf und zeichnet in die Mitte des weißen Blatts eine Linie. Max’ Name schreibt er in die linke Ecke des Papiers. Danielle arbeitet genauso. Eine Seite für das, was der Klient sagt, die andere Seite für das, was vermutlich die Wahrheit ist.
„Der Bezirksstaatsanwalt war nur zu glücklich, mir seine Version des Tathergangs zu schildern“, sagt er. „Die Polizeiberichte stützen seine Angaben, genauso wie die Aussagen einiger Maitland-Mitarbeiter. Morgen schickt er mir ihre schwarze Box.“
Sie schaut ihn verständnislos an.
„Das ist quasi ihr Zauberkasten. Eine Liste der Sachbeweise und Aussagen – alles, was sie laut Gesetz der Verteidigung offenlegen müssen.“
Sie nickt.
„Ich fasse ihre Anklageschrift gegen euch zusammen.“ Sevillas blickt auf einen Computerausdruck und fährt mit dem Finger bis zu einem bestimmten Absatz hinunter. „Zunächst suchst du mit Max Maitland auf, um eine psychiatrische Begutachtung einzuholen, und dabei freundest du dich mit dem Verstorbenen und seiner Mutter an. Wiederholt weigerst du dich, nach New York zurückzukehren, während Maitland seine Untersuchungen durchführt. Bei zahlreichen Gelegenheiten legst du dich mit den Ärzten und dem Pflegepersonal an. Diese Vorkommnisse sind dokumentiert und werden von Maitland als dein zunehmend ‚unberechenbares, labiles und sprunghaftes‘ Verhalten bezeichnet.“
Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und fährt mit lakonischer Stimme fort. „Sie verbieten dir, deinen Sohn mehr als einmal am Tag zu sehen, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. Dennoch weigerst du dich, zu gehen, stattdessen füllst du deine Tage damit aus, im Wartezimmer der Station herumzulungern. Einen Großteil dieser Zeit verbringst du mit dem Verstorbenen und seiner Mutter.“
Er holt Luft und blättert die Seite um. „Jetzt zu Max. Als er in Maitland ankommt, ist er eindeutig selbstmordgefährdet, krankhaft depressiv, und er spricht auf keine der traditionellen psychiatrischen Behandlungsmethoden an. Danach verschlechtert sich sein Geisteszustand auf rapide und schwerwiegende Weise. Er hat auditive und visuelle Halluzinationen, dass der Verstorbene ihn umbringen will, und er ist körperlich gewalttätig. Max’ Angriffe auf den Verstorbenen eskalieren so weit, dass der Junge bei zwei unabhängigen Gelegenheiten medizinisch versorgt werden muss. Max’ Entfremdung von der Realität ist so dramatisch, dass dem Personal keine andere Wahl bleibt, als ihn zu fixieren, vor allem nachts.“
„Tony, lass mich erklären …“
Sevillas hebt die Hand und unterbricht sie damit. „Dann teilt man dir die Diagnose von der schizoaffektiven Störung deines Sohnes mit, die du weit von dir weist, um danach Maitlands dringende Empfehlung abzulehnen, Max dort zu lassen, wo er die intensive psychiatrische Behandlung erhalten kann, die er braucht, um weder sich umzubringen noch Dritte anzugreifen, vor allem nicht den Verstorbenen. Am folgenden Tag verlangst du ein Treffen mit Max’ Ärzteteam, und laut den Anwesenden dieses Treffens rastest du dort vollkommen aus und stößt bizarre Anschuldigungen und wilde Drohungen gegen eine der anerkanntesten Jugendpsychiaterinnen des Landes, vielleicht sogar der Welt, aus.“
„So ist es nicht gewesen!“
Tony ignoriert sie und fährt fort, seine Stimme ist vollkommen emotionslos. „Du marschierst wutentbrannt in die Fountainview-Station, wo du den Morrison-Jungen tot in
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