Mutterliebst (German Edition)
oben bis unten mit Blut besudelt. Er wurde wegen Mordes verhaftet, ins Gefängnis geworfen, angeklagt und dann nach Maitland zurückgeschickt – alles ohne zu wissen, wo ich bin oder ob ich ihn aufgegeben habe.“
Er schüttelt den Kopf. „Du weißt, dass ich das nicht tun kann.“
„Tony, ich flehe dich an.“ Tränen brennen in ihren Augen, während sie die Panik in ihrer Stimme nicht mehr unterdrücken kann. „Max war sehr … krank. Was, wenn ihn das hier über den Abgrund hinaustreibt? Das würde ich mir niemals verzeihen.“ Sie schlägt die Hände vors Gesicht. Als es ihr endlich gelingt, das Schluchzen zu beenden und aufzuschauen, nehmen Tonys Augen für einen kurzen Moment einen weicheren Ausdruck an.
„Du wirst einfach abwarten müssen“, erklärt er ruhig. „Ich werde ihn heute sehen und sage dir dann Bescheid, wie es ihm geht. Danach bemühe ich mich darum, dass du täglich mit ihm telefonieren darfst. Aber schraub deine Hoffnungen nicht zu hoch.“
„Oh, Tony, vielen Dank.“
Er betrachtet die Akten auf seinem Schreibtisch. „Ich denke, wir konzentrieren uns besser auf Max’ Mordanklage.“
Danielles Gesicht brennt. Es ist eine Sache, die Anklageschrift in der distanzierten Juristensprache zu lesen, und etwas ganz anderes, zu hören, wie jemand „Max“ und „Mord“ in einem Satz nennt. Ihr Herz krampft sich schmerzhaft zusammen, als ihr überdeutlich bewusst wird, dass sie zwar draußen ist, Max aber nicht – und wenn sie nicht schnell etwas unternimmt, dann wird er vielleicht nie wieder freikommen. Sie kann nicht mal zu ihrem Jungen eilen und sich davon überzeugen, dass es ihm gut geht, oder auch nur mit ihm darüber reden, was an jenem schrecklichen Nachmittag geschehen ist. Indem man sie auf Kaution freigelassen hat, hat man ihr nur einen etwas größeren Käfig verpasst. Sie holt tief Luft. „Einverstanden.“
„Ehe wir uns mit der Mordanklage befassen, möchte ich dir die Einschränkungen deiner vorläufigen Kaution klarmachen.“ Danielle erinnert ihn nicht daran, dass sie selbst Anwältin ist. Im Moment ist sie nur eine Angeklagte, wie ihr Sohn. „Wir suchen dir ein Apartment fern von Maitland, um die Presse abzuhalten, aber du darfst dich nur in dem Fünfzig-Meilen-Radius aufhalten, den das Gericht festgelegt hat“, erklärt er. „Offen gesagt, erstaunt es mich, dass du überhaupt auf Kaution rausgekommen bist angesichts der Natur des Verbrechens und der Tatsache, dass man dich am Tatort erwischt hat, wie du mit dem Mörder in den Armen fliehen wolltest.“
Danielle spürt seinen Blick auf sich. Sie schaut auf ihren Knöchel herab und auf die elektronische Fußfessel aus Carbonfaser, die ihn umschließt. Das blaue LED-Display blinkt unheilvoll. Der vom Gericht bestellte Anwalt hatte die Apparatur dem Richter als Alternative vorgeschlagen, als deutlich wurde, dass der kurz davor stand, ihre vorläufige Freilassung auf Kaution abzulehnen. Eine Innovation auf Versuchsbasis. Die Fußfessel geht einher mit einer computergesteuerten Instrumententafel, die der Sheriff von Plano in ihrem neuen Apartment anbringen wird. Sobald sie sich aus dem Fünfzig-Meilen-Radius herausbewegt oder versucht, den Standort der Instrumententafel zu verschieben, werden Polizeistation und Gericht gleichzeitig alarmiert. In diesem Moment darf sie sich nur in Des Moines aufhalten, weil ihr erlaubt wurde, ihren Anwalt zu besuchen. Die Treffen müssen von Tony im Vorfeld telefonisch angemeldet werden.
Die Anordnung ist klar. Es handelt sich um einen einmaligen Deal: Sobald sie gegen die Auflagen verstößt, wandert sie zurück ins Gefängnis, und ihre fünfhunderttausend Dollar Kaution, für die die Kanzlei bürgt, werden eingezogen. Sie schlägt das freie Bein über das mit der Fußfessel und versucht, sich seinem geschäftsmäßigen Tonfall anzupassen. Jetzt ist er ihr Anwalt, nicht ihr Liebhaber. „Können wir über ihre Anklage gegen Max sprechen? Ich will hören, wie deine Strategie aussieht und dir ein paar meiner Ideen erzählen.“
Sevillas hebt eine Augenbraue.
„Keine Sorge“, fügt sie rasch hinzu. „Ich weiß, dass ich nichts von Strafrecht verstehe, aber ich lerne schnell, und ich bin eine gute Anwältin. Vielleicht kannst du mich als Zweiten Verfahrensführenden Rechtsanwalt einsetzen.“
Er runzelt die Stirn. „Es tut mir leid, Danielle, aber das ist nicht die Art, wie ich arbeite. Ich denke, du würdest das genauso sehen, wenn ich dein Mandant wäre und versuchen würde, dir
Weitere Kostenlose Bücher