Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)
gut, vielleicht nicht ganz, auf dem Tisch stand eine kleine Schüssel, gefüllt mit Schokolinsen. Ich liebe Schokolinsen. Frauchen gibt mir manchmal tatsächlich eine davon ab. Nur bereut sie das meistens schon Sekunden später, weil ihr einfällt, dass ich die Linsen immer erst ein wenig ablutsche und zwischenzeitlich auf dem Teppich ablege. Wenn ich dann eine angesabberte rote Linse auf den weißen Teppich lege, findet Frauchen das komischerweise gar nicht schön und schimpft. Ich glaube, die roten Flecken stören sie. Dabei lecke ich die doch immer gründlich weg!
Gestern also saß ich etwa einen halben Meter von den Schokolinsen entfernt.
»Schaut euch doch mal Krümel an!«, rief Muddi plötzlich. »Er guckt die ganze Zeit auf die Schokolinsen! Was ist das für ein schlauer Hund!« Dann beugte sie sich vor, hob meine Vorderbeine hoch und zog mich an sich. »Ach, nun komm doch mal her, du Süüüßer!«
In den ersten Sekunden konnte ich mich noch nicht wehren, weil ich zuvor schon fast eingeschlafen war. Dann versuchte ich, mich mit den Hinterbeinen von Muddi wegzustemmen. Aber das gelang mir nicht.
»Nun hab dich doch nicht so! Lass dich mal abküssen!«
Ich duckte mich und legte die Ohren an.
»Hehe«, rief Muddi da nur begeistert, »guckt mal, er will partout nicht gestreichelt werden, der Bengel, sondern lieber die Schokolinsen haben!«
Ja, genau.
Muddi drehte sich ein wenig zu Laura. Diesen Moment nutzte ich und wand mich wie eine Boa Constrictor aus Muddis Armen. Diese Technik muss ich mir fürs nächste Mal unbedingt merken! Denn Muddi wird das garantiert wieder versuchen.
Flugs machte ich einen Satz zurück, setzte mich hin und wedelte mit dem Schwanz. Dabei legte ich meinen Kopf schräg und wartete ab.
Und … es funktionierte!
»Ach, ist er nicht bezaubernd?«, schwärmte Muddi. »Nun seht ihn euch doch mal an! Dieser Blick! Na, dann bekommst du auch eine Schokolinse!«
Bingo! Dann hatte sich das Warten ja gelohnt!
Aber Muddi ist nicht immer so großzügig, nein, das beste Futter behält sie immer schön für sich.
Wenn Muddi mit ihrer Freundin oder mit der Familie essen geht, lässt sie sich seit Neuestem ihre Reste einpacken und nimmt sie mit nach Hause. Seitdem ich ein Teil der Familie bin, traut sie sich, bei der Bedienung nach einer sogenannten »Doggybag« zu fragen: »Könnten Sie mir den Rest bitte einpacken? Wir haben nämlich einen Hund!«
Und natürlich wickelt die nette Kellnerin das Kotelett oder das halbe Schnitzel dann für mich ein und Muddi nimmt es mit.
Wenn Sie jetzt denken, dass das sehr nett ist, muss ich Sie allerdings enttäuschen: Sie gibt mir nichts davon ab, sondern isst es immer selbst!
Wird Zeit, dass ihr mal einer einen Denkzettel verpasst, finde ich!
Bald schon ist es so weit.
»Muddi hat der Bedienung gestern wieder gesagt, sie solle ihr bitte eine Doggybag mitgeben«, höre ich Laura zu meinem Herrchen sagen. »Und dann hat sie erzählt, dass ihr Hund sich immer so freuen würde, wenn er die Reste direkt aus der Box fressen dürfe.«
»Und?«, fragt Herrchen nach.
»Noch im Auto von Margot hat Muddi nachgesehen, was man ihr denn mitgegeben hat.« Mein Frauchen grinst bei diesen Worten schon verdächtig. »Als Muddi das Paket aufgemacht hat, hat Margot laut losgelacht. In der Box lagen auf dem halben Schnitzel noch drei abgenagte Kotelett- und ein ausgelutschter Markknochen! ›Mein Gott, was soll das denn?‹, hat Muddi gefragt. Und Margot sagte lachend: ›Du, die haben’s doch nur gut gemeint, Lisbeth!‹«
Mein Herrchen muss lachen, als Laura die Geschichte erzählt.
Und ich kratze mich zufrieden mit dem Hinterlauf am Ohr. Denn jetzt weiß ich, dass es Gerechtigkeit auf der Welt gibt. Und dass ich in der richtigen Familie gelandet bin. Denn wenn hier jemand eine Doggybag mitbringt, dann bekommt die in diesem Haus auf jeden Fall der Hund!
44
»Junge, komm bald wieder …!«
I n einer der Zeitschriften, die Muddi mir am vergangenen Donnerstag mitgab, habe ich wieder einige Markierungen entdeckt. Meine Mutter scheint in der letzten Woche immens mitteilungsbedürftig gewesen zu sein. Sie weiß ja, dass ich die bunten Blätter durchaus lese und ihre Markierungen ebenso.
Ein Bericht, der einer Redaktion sogar eine Doppelseite wert war, schien ihr besonderes Interesse geweckt zu haben. Und ich muss zugeben: Auch mir verschlägt es erst einmal die Sprache, als ich die Fotos sehe!
Dort sind Prominente abgebildet, die sich – den Bildern nach zu
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