My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei
sage.«
»Du willst, dass ich tu, was du sagst? Aha. Was ist mit deinem Dickkopf? Tust du etwa, was ich sage?«
»Alles, wenn du nur runterkommst«, versicherte ich rasch, ohne groß darüber nachzudenken, was ich sagte.
»Einverstanden.« Mit zusammengekniffenen Lippen, geschlossenen Augen und inzwischen grünem Gesicht schaffte er es bis ins Gras unterm Hochsitz. Dort setzte er sich. Sein Herz klopfte so stark, dass ich’s durch das T-Shirt sehen konnte.
»Jetzt weiß ich wenigstens, was ›kalter Angstschweiß auf der Stirn‹ bedeutet«, war das Erste, was er sagte.
Ich wartete geduldig, bis er wieder wie der gewohnte Emir aussah.
»So«, sagte er schließlich, »jetzt bist du an der Reihe. Warum hast du geweint?«
Kneifen ging jetzt natürlich nicht mehr. »Weil Nele behauptet, meine Mutter hätte von meinem Pa und mir die Nase voll gehabt. Das hat mich umgehauen. Verstehst du? Ich musste einfach weg, ich konnte sie nicht mehr ertragen. Mir ging’s wie dir eben. Du konntest die Höhe nicht aushalten, ich konnte Nele nicht aushalten. Punkt.«
»Kapiert. Und jetzt?«
»Was meinst du?«
»Du kannst schließlich nicht wie ich vom Hochsitz klettern und dich im Gras erholen. Was wirst du tun?«
Das gab mir zu denken. Klar, Nele war auf der Alpe, Nele war tagsüber mit uns zusammen, Nele würde mich weiter ausquetschen. Ich konnte ihr nicht entkommen.
»Ich will ja nichts gegen deine Freundin sagen, schließlich liebst du sie«, meinte ich. »Aber Nele nervt.«
»Dann sag ihr das. Sag ihr, sie soll dein Mutter-Thema nie mehr anschneiden.«
»Kannst du das nicht für mich übernehmen?«, flehte ich. »Emir, du warst mal mein Freund. Mein allerbester Freund sogar. Ich bitte dich um diesen Freundschaftsdienst.«
»Klar. Mach ich«, sagte er sofort, stand auf, zog mich hoch und fügte hinzu: »Ich mach das jetzt und sofort. Komm mit.«
Wie wir da auf der Wiese standen, schmolzen mir die grünen Funken, die aus seinen Augen sprühten, die Knochen in den Beinen. Ich musste mich an ihn lehnen, sonst wäre ich ins Gras gesunken. Klar, dass er mich halten musste, damit ich nicht ins
Gras sank. Er hielt mich fest, ich hielt mich an ihm fest, und das Ende vom Festhalten war, dass wir uns küssten.
Der Kuss war eindeutig kein Freundschaftskuss. Das war natürlich sehr schlecht; andererseits hatte er aber auch etwas Gutes. Er beruhigte den getroffenen Nerv in meinem Inneren, sodass er nicht mehr so furchtbar wehtat.
Trotzdem ging’s natürlich nicht, dass wir beide uns küssten. Ich legte Emir den Finger an die Lippen. »Ignaz darf das nicht erfahren«, flüsterte ich.
»Nele auch nicht.«
»Nein.«
»Abgemacht. Dann geh ich mal.«
Emir packte seine Tüte und machte sich auf den Weg zur Jägeralpe.
Ich stieg wieder auf den Hochsitz, um in Ruhe nachdenken zu können. Jetzt hatte ich nämlich noch ein Thema mehr, über das ich mir Gedanken machen musste; es lautete: Emir und ich.
Klar, ich freute mich wahnsinnig, dass Emir und ich Freunde waren. Ich war so glücklich, und mir war so leicht ums Herz, dass ich den Nele-Ärger schon fast vergessen hatte.
Einerseits.
Andererseits hatte ich ein miserables Gewissen: Ignaz! Nele!
Als ich noch versuchte, mein Gewissen zum Schweigen zu bringen, rannte meine Freundin über die Wiese.
»Zippi! Mann, was tust du uns an? Wie konntest du nur abhauen und uns einen solchen Schrecken einjagen!«
Wie bitte? Ich hab Marta und den anderen was angetan? Das gab’s doch nicht! Die Giftspritze Nele hatte doch den Schlamassel angerichtet! Hätte sie eine normale Geschichte erzählt, hätte ich Kartoffeln geschält, und Emirs grüne Augenblitze hätten mir nicht die Knie weggeschmolzen, was nicht ohne Folgen
geblieben war, Mist noch mal - oder besser: Super! Obersuper! Genial ober-ober-obersuper!
»Nele hat mir blöde Fragen gestellt«, schrie ich von oben herunter.
»Es tut ihr ja so leid! Sie sitzt in der Küche und weint. Wenn sie nicht an der Krücke gehen würde, wäre sie mitgekommen; aber du weißt ja, dass sie sich noch schonen muss.« Marta ließ sich neben mir auf dem Brettbänkchen nieder. »Sie konnte ja nicht ahnen, wie du unter der Sache leidest.«
»Schon gut, schon gut«, wehrte ich ab. »Es macht mir nichts aus, dass ihr nur Mitleid mit der armen Nele habt. Ich komm allein zurecht, keine Bange.«
»He, Zippi! Was ist denn los? Emir sagte, er hat dich zufällig auf dem Hochsitz gesehen, als er aus dem Dorf zurückgekommen ist. Er hat Nele gesagt, wie du
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