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My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei

Titel: My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dem würde ich ein Hühnchen rupfen, den würde ich mir aber vornehmen! Ich kochte! Ich platzte fast vor Zorn, meine Hände zitterten, und wenn ich nicht so aufgepasst hätte, wäre mir jede einzelne Kartoffel in den Dreck gefallen.

    »Na ja«, sagte Nele langsam, »vermutlich hatte deine Mutter von euch beiden die Nase voll.«
    »Jetzt reicht’s mir! Was bist du nur für eine fiese Giftspritze!« Ich sprang so heftig auf, dass die Bierbank nach hinten fiel. Das Messerchen schleuderte ich in hohem Bogen in die Wiese, am liebsten hätte ich die Kartoffeln, die geschälten und die ungeschälten, hinterhergeworfen, und dann rannte ich davon. Ich rannte und rannte, ohne zu wissen, wohin. Als ich so außer Atem war, dass ich einfach stehen bleiben musste, stellte ich fest, wo ich war: ganz in der Nähe vom Hochsitz. Das passte mir, da würde mich so schnell niemand finden. In Windeseile kletterte ich die Leiter hoch und ließ mich aufs Bänkchenbrett fallen. Nele, die absolute, mega-gigantische, genial-fiese Giftspritze! In der heißesten Hölle soll sie schmoren! Ihr eigenes Gift soll sie vergiften, ihr Mund soll vorzeitige Nähkissenfalten bekommen, Emir soll sie verlassen, die Krücke soll ihr ein Bein stellen und all ihre laschen Haare sollen ihr ausfallen, der neugierigen Person!
    Ich merkte gar nicht, wie mir die Tränen übers Gesicht liefen. Mir, Zippi, die ihr Leben im Griff hat, die jede Situation meistert, die schlagfertig, mutig und einfallsreich ist!
    Keine Ahnung, was mit mir los war. Ich heulte und heulte und haute mit den Fäusten auf dem Hochsitz herum, bis ich mir mindestens drei Holzsplitter ins Fleisch getrieben hatte. Der dritte tat richtig weh und brachte mich zur Besinnung. Ich wischte die Tränen mit dem Handrücken ab, und das, was noch so nachtropfte, trocknete der Wind. Die Splitter zupfte und drückte ich mit viel Mühe aus dem Fleisch, dann ging’s mir endlich besser.
    Mensch Zippi, fragte ich mich, weshalb hast denn der Giftspritze nicht’ne Antwort um die Ohren gelöffelt, die sich gewaschen hat? So in der Art von: »Meine Liebe, hast du dich schon
mal gefragt, weshalb deine eigene Mutter nicht mehr am Leben ist?«
    Aber klar, das wäre echt ober-ober-oberfies gewesen. So was sagt man nicht; nicht mal wenn die andere den allerwundesten Nerv im Inneren trifft.
    Es dauerte noch eine Weile, bis ich mir klargemacht hatte, dass Nele, ob aus Fiesheit oder einfach weil sie eben eine nervige, neugierige Person ist, meinen allerwundesten Nerv getroffen hatte. Peng - mitten ins Zentrum.
    Sie hatte genau die Frage gestellt, die ich mir seit meinem elften Lebensjahr fast täglich stelle, die ich meinem Vater und allen noch lebenden Anverwandten tausendmal gestellt hatte. Und, das war der springende Punkt, und noch nie von niemandem eine Antwort erhalten hatte.
    Das machte mich rasend, das macht mich immer rasend.
    Warum? Weil man ohne Antwort immer im Gedankennebel rumstochert, weil man sich Sachen ausdenkt, die vielleicht viel schlimmer sind als die Wirklichkeit, weil man nicht weiß, ob man einem anderen mit dem Ausgedachten Unrecht tut, weil … weil … weil man nicht behandelt werden will, als wäre man ein Mensch mit Sägemehl im Kopf und demzufolge unfähig, irgendetwas zu kapieren. Ich bin dreizehn! Nein! Ich bin fast vierzehn und durchaus in der Lage, auch komplizierte Zusammenhänge zu verstehen.

Gefährlicher Funkenflug
    W er wohl jetzt die verdammten Kartoffeln schälte? Nele garantiert nicht, Nele war ungeschickt; sie hatte den Bogen raus, das allen zu demonstrieren. Klasse machte sie das, dachte ich anerkennend. Schade, dass ich das nicht konnte, das Dummund Ungeschicktstellen.
    Aber mich bringen Leute, die sich absichtlich dumm und ungeschickt anstellen, auf die Palme. Und solche, die mir indiskrete Fragen stellen, erst recht.
    Ich fragte mich, wie meine Augen aussahen. So wie mein Nerv getroffen worden war, wahrscheinlich verheult und geschwollen. Also würde ich noch’ne Weile auf dem Hochsitz bleiben.
    Ich legte die Beine aufs Geländer, schloss die Augen und ließ mich von der Sonne küssen. Anstelle der Sonne wäre mir Ignaz natürlich lieber gewesen, aber man kann nicht alles haben. Sonne war immerhin besser als Regen.
    Plötzlich schwankte der Hochsitz, ich schlug die Augen auf und beugte mich übers Geländer.
    »Emir! Was willst du hier?«
    »Na was wohl?« Er stand unten an der Leiter und traute sich nicht hoch. Natürlich, er war ja noch nicht schwindelfrei, wo er doch

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