Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
Unabhängigkeitstag aufgetreten, die sich spontan zu einer Versammlung von rund 2000 Oppositionellen entwickelt hatte. Es ist vor allem der Intervention von Amnesty International zu verdanken, dass die Moustache Brothers (schon) nach fünf Jahren Gefängnis entlassen wurden – und auch weiterhin auftreten dürfen. Doch ihre spontanen Kommentare zu aktuellen politischen oder wirtschaftlichen Ereignissen sind verständlicherweise bedeutend spärlicher geworden. Für Kleingruppen treten die Moustache Brothers nach Absprache auch gern mal tagsüber auf. überhaupt kann es sich lohnen, einfach schon mal tagsüber vorbeizuschauen.
Folklore und klassische Pwe
Als kulturelles Herz des Landes ist Mandalay nicht nur die wichtigste Stadt des religiösen Kunsthandwerks, sondern auch der traditionellen, birmanischen Unterhaltungskunst. Es gibt mehrere Dutzend Pwe-Gruppen, die bei Tempelfesten, Ordinationen oder Hochzeiten mit ihrer Musik, Dramen, Marionetten-Vorführungen und Improvisationstheater auftreten. Sie sind im gleichen Stadtviertel wie die Moustache Brothers beheimatet, vor allem im Bereich 39th und 40th St. (80/81). Im Juni und Juli, wenn sie wegen der Regenzeit nicht auf Tournee von Dorf zu Dorf ziehen, lassen sie sich gern bei ihren Proben oder der Prüfung von neuen Künstlern zusehen. Die beste Tageszeit dafür ist zwischen 10 und 16 Uhr. Während der Hochsaison gibt es jeden Abend ab 19.30 Uhr touristische Musik-, Tanz- und Marionettenvorführungen im Mya Nantlar-Restaurant , Strand Rd. (26/35), das seine traditionellen Shows auch in der Nebensaison meist von 19.30–20.30 Uhr anbietet (s. S. 348 , Restaurants). Besonders stimmungsvoll und empfehlenswert sind die „Tanz der Dynastien“-Aufführungen (Okt-März) im Gartentheater des Mandalay Hill Resorts .
Mintha-Theater
Gegründet wurde es erst im Oktober 2006 von U Ohn Maung, der früher zu dem um die Ecke liegenden Mandalay Marionettes Theater gehörte. Das 26-köpfige Ensemble bietet traditionelle Tanzvorführungen, die um 20.30 Uhr beginnen, 1 Std. dauern und 8000 Kyat Eintritt kosten. Das Theater, 27th St. (65/66),02-72029, www.minthatheater.com , umfasst 50 Plätze – gespielt wird jedoch auch, wenn nur ein einziger Gast kommt.
Das Spiel mit den Fäden
Ein Besuch im Marionettentheater zählt für viele Besucher zu den Höhepunkten ihres Aufenthalts in Mandalay. Aber auch wer in Yangon oder vor allem in Bagan ein gutes Restaurant besucht, kann sich beim Dinner zuweilen von einer mehr oder weniger sehenswerten Aufführung unterhalten lassen. Denn es sind fast ausschließlich Touristen, die den Puppenspielern ihr Auskommen sichern. Einheimische haben im modernen Medienzeitalter jedoch kaum noch Interesse an Birmas bekanntester Theaterform: dem Spiel mit Marionetten.
Ein Spiegel der Kultur
Dabei handelt es sich um eine hochstehende Kunst, denn das Spielen der Puppen ist eine komplizierte Angelegenheit. Bis zu 60 Fäden konnte eine Marionette früher haben, heute sind es meist noch 20, die den bis zu 30 cm großen, farbenprächtigen Figuren Leben einhauchen. Vermutlich hat sich das aus Indien übernommene Marionettentheater im 15. Jh. in Birma etabliert. In der heutigen Gestalt geht es auf das Jahr 1776 zurück, als der unter König Singu (reg. 1776–82) wirkende Minister für Unterhaltung, U Thaw Win, das
yokthe pwe
als offizielle Kunstform anerkannte. Das Spielen mit Puppen hatte in der prüden und konservativen Gesellschaft der Konbaung-Zeit den Vorteil, romantische und religiöse Szenen zu zeigen, ohne Anstoß zu erregen. Aufgeführt wurden Episoden und Legenden aus dem Leben Buddhas oder Dramen und Ruhmestaten aus der nationalen Geschichte.
König, Clown und Zauberer
Seit über 200 Jahren ist die Abfolge der Szenen festgelegt. Den Auftakt bildet der Tanz einer weiblichen Figur zur Verehrung der Nats. Es folgen Fabelwesen: zuerst ein Pferd, das an die Entstehung des Universums erinnert, denn laut indischer Astrologie erschien zuerst das Sternbild des Pferdes und beendete das kosmische Chaos. Danach treten Vögel, ein Elefant, ein Tiger und Affen auf, die von einem Naga und Dämonen
(bilu)
abgelöst werden. Schließlich fliegt Zawgyi, der rotgekleidete Zauberer, durch die Lüfte. Dann geht es höfisch zu: Ein wohlgenährter Page mit zwei Zöpfen erscheint, gefolgt vom Minister
(wun)
und dem Königspaar. Weder darf der romantische Tanz
(hna par thwar)
von Prinz
(mintha)
und Prinzessin
(minthami)
fehlen noch der Auftritt des Clowns
(U Shwe
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