Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
befremdlich wirken dürfte vor allem der hemmungslose Verkauf von Kriegsspielzeug aus Bambus, das oft schon am frühen Morgen lärmende Hupen oder die traditionelle Medizin aus Bestandteilen und Extrakten wilder Tiere (s. S. 514 / 515 , Kasten: Ein Wilderer erzählt). Es sollte nicht versäumt werden, eine Vielzahl kleiner Geldscheine mitzunehmen, um unterwegs etwas in die blechernen Spendenboxen der Familien stecken zu können, die den Pfad begehbar halten und ein karges Dasein fristen. Keinesfalls unterschätzt werden sollte der mehrstündige Abstieg, weil es immer „nur bergab“ geht: Gerade dieser garantiert mehrtägigen, lästigen Muskelkater!
14 HIGHLIGHT
Kyaikhtiyo-Pagode (Goldener Felsen)
Mit Yangons Shwedagon-Pagode und der Mahamuni-Statue in Mandalay gehört der Goldene Felsen von Kyaikhtiyo zu den heiligsten buddhistischen Stätten Birmas. Der Legende nach ist die Wallfahrtsstätte schon zu Lebzeiten Buddhas entstanden und später lediglich „wiederentdeckt“ worden. Bedeckt von einem rund 6 m hohen Stupa scheint der vergoldete Findlingsblock geradezu über dem 1100 m tiefen Abgrund zu schweben. Sein Name leitet sich aus der Sprache der Mon ab und bedeutet „die Pagode, die vom Kopf eines Einsiedlers getragen wird“. Ringsherum bietet sich bei klarem Wetter ein herrlicher Fernblick – auf die umliegenden Bergketten bis nach Thailand, die Pagode von Bago oder sogar den Golf von Martaban.
Als verliebte Paare, harmonische Großfamilien, Riegen schwatzender Freundinnen, farbenfroh gekleidete Schulklassen oder Fabrikgemeinschaften formieren sich die Pilger heiter zu Gruppenfotos – und winken Ausländer nicht selten mit auf das Bild. Andernorts werden Kerzen und Räucherstäbchen entzündet, haben sich in dunkelrote Roben gewandete Mönche oder skurril wirkende Einsiedler im Schneidersitz niedergelassen, um weltentrückt zu meditieren. Ohne Unterlass kleben Gläubige ihre Blattgoldplättchen an den Fels, was allerdings nur Männern vorbehalten ist. Wie auch an den anderen Andachtsstätten des heiligen Berges scheint sogar hier Bargeld eine immer größere Rolle zu spielen, wie die neuerdings übliche, üppige Dekoration mit – gerollten, gefalteten oder an kleinen Ständern hängenden – Banknoten zeigt.
Obwohl sich das Heiligtum auch als Tagesausflug von Bago besuchen lässt, sollte möglichst eine Übernachtung auf dem Berg eingeplant werden, denn nur so lässt sich die Wallfahrtsstätte mit ihrer intensiven Pilger-Stimmung in aller Besinnlichkeit erfassen und die faszinierenden Lichtverhältnisse zum Sonnenauf- und Sonnenuntergang erleben! Wer schon einmal in früheren Jahren hier gewesen ist, dürfte das Areal allerdings kaum noch wiedererkennen. Denn die traditionelle Wallfahrtsstätte gleicht seit geraumer Zeit einer Großbaustelle – und entwickelt sich immer mehr zu einer Art Stadt. Ermöglicht wurde das durch die Befestigung der Zufahrtsstraße und die Elektrifizierung des Berges. Inzwischen ermöglicht sogar eine Terrasse die Betrachtung des Felsens von unten.
Komplett neu bebaut wurde die belebte, fast schon städtisch wirkende Pilgerpromenade Moat Soe Paya, die vom Heiligtum des Goldenen Felsens durch ein Hochtal zum benachbarten, von Höhlen durchzogenen Moat Soe Taung („Berg des Jägers“) führt. Ein in der Nacht auf den 27. Januar 2004 an einer Kochstelle ausgebrochenes Großfeuer hatte die alte Bausubstanz vernichtet und 21 Menschenleben (darunter 19 Pilger) gekostet. Die aus insgesamt 76 Bauten bestehenden zweistöckigen Häuserreihen beherbergen vor allem Restaurants mit Schlafgelegenheiten. Die Kellnerinnen wetteifern darin, leer gewordene Tische durch Lockrufe in die vorbeiziehenden Menschenmassen alsbald wieder zu besetzen. Denn die Jahresmiete eines Gebäudes, die traditionell ausgeschrieben wird, kann bis zu 10 Mio. Kyat betragen.
Wie der Fels auf den Gipfel kam
Angeblich soll ihn sogar schon eine Kinderhand ins Wanken bringen können ... Nach der Legende verdankt der Goldfelsen von Kyaikhtiyo sein Gleichgewicht nur einem einzigen Haar von Buddha, das präzise im Inneren des Stupa platziert sein soll. König Tissa – der Sohn eines Alchemisten (Zawgyi) und einer Naga-Prinzessin – soll es im 11. Jh. von einem alten Einsiedler erhalten haben, der es in seinem Haarknoten versteckte. Er war auf der Suche nach einem Felsen in Form seines Kopfes, um darauf eine kleine Pagode zur Unterbringung der Reliquie zu errichten. Aufgrund seiner übernatürlichen Kräfte gelang
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