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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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wiegend?“ Und mit dröhnender Stimme, die er in der Höhle erklingen ließ, fragte er: „Meinst du, ich hätte die Menschenalter durchwacht, um mir in einer bitteren Winternacht deine Unhöflichkeiten gefallen zu lassen?“
    Akita war furchtsam aufgewacht und sprang, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt, erschrocken vor Merlin in die Ecke. Winselnd duckten sich die anderen Wölfe und selbst Hörn fürchtete diesen Ärger Merlins, den er schon lange nicht mehr erlebt hatte.
    Melchor war sprachlos, denn war es nicht seine Liebe zu Merlin, dem großen Patron der Wölfe, die ihn hatte kommen lassen?
    Merlin jedoch hatte sich in fürchterlichen Zorn gesponnen, aufgerichtet und fragte: „Weshalb bringst du Kummer in die Tage und brichst den Stab über unsere Freundschaft?“
    Melchor wußte nicht, wie ihm geschah. Er merkte, daß es von ihm abhing, den Irrtum aufzuklären, und rang verzweifelt nach den richtigen Worten.
    „Sar Merodak, o großer Meister und Beschützer aller Wölfe …“
    „Lasse die süßen Reden und antworte!“
    „O Merlin … wie kannst du mich nur so verkennen? Wir hörten deinen furchterregenden, jämmerlichen Hilferuf über die Gebirge irren, blind durch die Eiswüsten streifen. Wir hörten den markerschütternden Schrei des Kaninchens in den Fängen eines Bussards. Wir hören deine tiefe Qual und deine laute Marter in dem Wind. Wir meinten, dich nach deinen Freunden in der Welt flehen zu hören, und wußten nicht, was geschehen war, o Merlin. Augenblicklich verließen wir unser Winterlager und scheuten für dich nicht die harte Überquerung des schluchtigen Gebirges. Und du wirst wissen, daß selbst im Sommer die Reise bereits beschwerlich ist … Und um wieviel riskanter ist sie in einem solchem erbarmungslosen Winter wie diesem, der seine Klauen fest in den Felsen geschlagen hat und ihn nicht loszulassen gedenkt. Nicht Wind noch Kälte, nicht Schnee noch Eis, weder Hunger noch die Gedanken an unsere Familie ließen uns rasten, nur um dir zu Hilfe zu eilen. Ungeachtet aller Gefahren liefen wir bis heute Morgen, so schnell uns unsere Tatzen tragen konnten. Erschöpft erreichten wir dann die Westküste und teilten uns auf. Drei von uns sollten im Gebirge warten, während wir nach dir sehen wollten, da wir die Gefahr nicht kannten, in der wir dich glaubten, unseren alten, geliebten Stammhalter. Deshalb wachen in dem Gebirge noch drei meiner Familie, o Merlin. Als wir herkamen, sahen wir kein Lebenszeichen von dir. Wir entdeckten keine Spuren im Schnee und hatten keine Witterung von dir. Gleichzeitig aber nahmen wir auch keine Gefahr wahr, so daß wir entschlossen, die Nacht über hier zu bleiben, um auf dich zu warten. So verharrten wir hier, bis du kamst. Verzeihe mir also meine falschen Worte: wir sind aus Angst und Sorge um dich gekommen. Niemals hätte ich mir Versagen verzeihen können, o Merlin, du großer Freund.“
    Melchor beendete seine Rede, legte seinen Kopf zwischen die Pfoten und blinzelte Merlin von unten herauf an.
    Der Zauberer fühlte sich unwohl und hoffte, daß ihn seine Einsamkeit nicht ungerecht gemacht hatte. Er fühlte sich schlecht, weil er Melchors einziges Bestreben nicht erkannt hatte, obwohl der Wolf sogar seine Familie in Gefahr geführt hatte, nur um ihm zu helfen. Gleichzeitig blickte Merlin zu Hörn, der verstört, doch sichtlich erleichtert über die Erklärung Melchors vor dem Eingang lag.
    „Ich danke dir für deine Worte … und zu verzeihen hast du mir, Melchor … mir und meiner blinden Selbstgefälligkeit, in der ich die wirklichen Nöte von meinen eigenen Befindlichkeiten nicht zu unterscheiden vermag“, sagte Merlin betroffen.
    Akita kam aus der Ecke gekrochen, legte sich immer noch verschreckt hinter Samael, der dem Gesagten nun wieder ruhiger zuhören konnte, und Merlin sprach weiter. „Was ich weiß, daß ich von den Gwyllons aufgesucht worden bin und daß ich mich an kaum etwas erinnern kann“, entschuldigte er sich. „Hörn versteht oft die Sprache nicht, die über mich kommt … und ich war mir keiner Hilferufe bewußt.“
    „O doch, o Merlin. Wir alle haben es gehört und sind zusammengefahren, so schrecklich klang es“, warf Akita vorlaut ein. Ein strafender Blick von Melchor wies sie in ihre jugendlichen Grenzen.
    „Ich kann es nicht ausschließen, Akita“, erklärte Merlin nun verlegen weiter. „Nur weiß ich es eben nicht. Es gibt für mich keine Erinnerung daran. Hätte ich euch wissentlich gerufen, wäre ich auf euch

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